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Energiepreise : Preisdeckel für Strom und Gas

Holzpellets, Öl, Flüssiggas - bei den Preisbremsen sind noch Fragen offen.

05.12.2022
2024-03-05T13:16:21.3600Z
5 Min
Foto: picture-alliance/Laci Perenyi

Energie ist teuer: Die Strom- und Gaspreise sind in den vergangenen Monaten drastisch gestiegen. Mit Preisbremsen will die Politik Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen entlasten.

Fast alle begrüßen Energiepreisbremsen als Instrument, fast alle haben aber auch etwas auszusetzen an den Vorschlägen der Regierung. Das zeigte sich am vergangenen Donnerstag, als der Bundestag in erster Lesung über zwei Gesetzentwürfe der Koalitionsfraktionen zur Senkung von Energiepreisen debattierte: den Gesetzentwurf "zur Einführung einer Preisbremse für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme und zur Änderung sonstiger Vorschriften"  und den Gesetzentwurf "zur Einführung einer Strompreisbremse".


„Diese Gesetze organisieren Solidarität.“
Ingrid Nestle (Grüne)

Ingrid Nestle von den Grünen räumte ein, dass die Entwürfe "nicht perfekt" seien, betonte dann aber deren Bedeutung in der gegenwärtigen Situation und nannte ein paar Pluspunkte: So sorge die Ampelkoalition mit den Preisbremsen für Strom und Gas dafür, dass die Gesellschaft nicht zerbreche: Diese Gesetze organisierten Solidarität, sagte Nestle.

Russlands Energiekrieg gegen Deutschland und Europa, die Einstellung der Gaslieferungen und Putins absichtliches Hochtreiben der Preise fossiler Energien habe Deutschland in eine schwierige Lage gebracht. Die Bundesregierung könne die Folgen zwar nicht ausradieren, aber sehr wohl mildern, führte sie aus und hob hervor, dass die Entlastung automatisch erfolge. Niemand müsse Anträge stellen und Formulare ausfüllen. Alle würden entlastet, Menschen, Unternehmen, Kommunen. Wichtig sei dabei, dass Vermögendere die Subventionen versteuern müssten.

Union: Bürokratisch bis zur Unverständlichkeit

Die Union hält der Preisbremsen im Prinzip für ein taugliches Instrument, die Entwürfe aber seien mangelhaft, bürokratisch bis zur Unverständlichkeit und zudem ungerecht. Besonders ärgerlich sei, dass die erneuerbaren Energien schlechter behandelt würden als die fossilen, sagte Andreas Jung (CDU). Sonne, Wind, Bioenergie sollten stattdessen von der Abschöpfung fiktiver Gewinne ausgenommen werden: "Da müssen Sie nochmal ran", rief Jung den Koalitionsfraktionen zu. Sonst drohe die Preisbremse zur Investitionsbremse für erneuerbare Energien zu werden.

 Auch Matthias Miersch (SPD) sieht noch offene Fragen, die im weiteren parlamentarischen Verfahren der nächsten Wochen zu klären seien: Dass die Preisbremse nicht für Holz-pellet-, Öl- und Flüssiggas-Heizungen gelte, sei etwas, über das noch einmal gesprochen werden müsse, genauso wie Investitionen in Erneuerbare nicht abgewürgt werden dürften - im Gegenteil. Die Ampelkoalition habe sich zunächst um die Versorgungssicherheit gekümmert, aktuell gehe es jetzt in einem zweiten Schritt um Bezahlbarkeit - und perspektivisch in einem dritten um den massiven Ausbau der Erneuerbaren.

Steffen Kotré (AFD) kündigte an, "Wasser in den propagandistischen Wein" schütten zu wollen: Er nannte die Gesetzentwürfe zu Preisbremsen eine "Volksverdummung" wie er sie seit Honeckers Zeiten nicht mehr erlebt habe. Erst verknappe die Bundesregierung durch den Ausstieg aus der Kohle und der Atomkraft das Energieangebot, treibe so die Preise in die Höhe - und jetzt würden Milliarden für Entlastungen ausgegeben. Die hätten, so Kotré, besser in Soziales und Schulen investiert werden sollen.

FDP: Putins Energiekrieg zwingt zum Handeln

Lukas Köhler (FDP) widersprach der AfD-These von der selbstgemachten Energiepreiskrise. Putins Energiekrieg sei es, der Deutschland zwinge, mehr als gewollt auf fossile Energien zurückzugreifen . Und Putins Energiekrieg sei es auch, der die Preise treibe und die Ampel zu Maßnahmen zwinge. Die Regierung helfe Menschen und Unternehmen. Dazu habe man das Angebot erhöht, die Gasspeicher gefüllt, in Rekordtempo LNG-Terminals gebaut und neue Lieferanten gefunden. Und mit Entlastungspaketen und Preisbremsen trage man zur Abmilderung von Härten bei.

Noch im Sommer, als andere Länder die Preise längst gedeckelt hatten, habe die Regierung über eine Gasumlage, also eine Preiserhöhung geredet, sagte Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Jetzt zahlten Bürger und Unternehmen den Preis für diese "Zu-spät-Politik". Die in Rede stehenden Preisbremsen seien zudem schlecht gemacht: Kein TÜV würde sie abnehmen, sagte Bartsch. 40 Cent pro Kilowatt Strom seien im übrigen keine Bremse, sondern ein Gaspedal. Kein Versorger werde da drunter bleiben - "eine Einladung zum Abkassieren", sei das Gesetz. Das Hauptproblem aber sieht Bartsch in der sozialen Ungerechtigkeit: Weil die Preisbremse sich nach dem Verbrauch in der Vergangenheit richte, bekäme der am meisten, der zuletzt am meisten Strom verbraucht habe - und derjenige werde bestraft, der schon in der Vergangenheit sparsam war.

Preisbremsen sollen rückwirkend am Januar gelten

Für Bürgerinnen und Bürger sowie kleine und mittlere Unternehmen soll die Gaspreisbremse ab März 2023 gelten und rückwirkend die Monate Januar und Februar umfassen. Ein Kontingent von 80 Prozent des Erdgasverbrauchs soll zu zwölf Cent je Kilowattstunde gedeckelt werden. Für Fernwärme beträgt der gedeckelte Preis 9,5 Cent. Für den restlichen Verbrauch muss der normale Marktpreis gezahlt werden - Energiesparen könnte sich also auch weiterhin lohnen. Der Bund finanziert die Gas- und Wärmepreisbremse im Rahmen des 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirms.

Die geplante Strompreisbremse deckelt den Strompreis für Haushalte und Kleingewerbe auf 40 Cent pro Kilowattstunde. Das gilt für ein Kontingent in Höhe von 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs..Für mittlere und große Unternehmen soll der Preisdeckel bei 13 Cent für ein Kontingent in Höhe von 70 Prozent ihres historischen Verbrauchs liegen. Zur Mitfinanzierung der Strompreisbremse sollen befristet "Zufallsgewinne" von Unternehmen auf dem Strommarkt rückwirkend abgeschöpft werden. Das betrifft auch Produzenten von Ökostrom aus Wind und Sonne, die zuletzt von hohen Preisen profitiert haben.

In der Debatte ging es zudem um das Studierenden-Energiepreispauschalengesetz, das nach zweiter und dritter Lesen einstimmig bei Enthaltung der AfD angenommen wurde. Studierende sollen dadurch 200 Euro erhalten. Ein Änderungsantrag der Union, der die Durchführung und Auszahlung der einmaligen Energiepreispauschale durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung auf Grundlage einer Verordnung fordert, fand keine Mehrheit..