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Kurz rezensiert : Tom Sergev: Jerusalem Ecke Berlin

Der israelische Historiker Tom Sergev hat mit "Jerusalem Ecke Berlin" seine lebendig und interessant geschriebenen Erinnerungen vorgelegt.

19.12.2022
2024-01-12T13:25:46.3600Z
3 Min

"Meine Mutter sprach nicht viel über den Holocaust, und ich fragte nicht nach. Kein Mensch wusste damals, was auf dem Gebiet des öffentlichen Gedenkens erlaubt oder verboten war." Der Holocaust "war weitgehend ein Tabu". Am meisten interessierte den jungen Tom Segev jedoch, "ob alle Deutschen davon gewusst hatten". Später sollte sich der international bekannte Historiker als Autor bahnbrechender Studien zur Entstehung des Staates Israel und seine Kriege hervortun. Außerdem brillierte er als Biograf von David Ben Gurion und Simon Wiesenthal.

Die Geschichte eines Jungen, der 1945 in Israel geboren wurde 

Mit seinen "Erinnerungen" ist Tom Segev erneut ein wunderbares Buch gelungen; die Geschichte eines Jungen, der 1945 in Israel geboren wurde und der sich früh für Politik interessierte. Er beschreibt biografische Stationen seiner Eltern, die als junge Kommunisten die Bauhaus-Schule verlassen mussten und 1935 aus Nazi-Deutschland nach Palästina geflohen waren. Im Unabhängigkeitskrieg fiel sein jüdischer Vater, während seine nicht-jüdische Mutter, die zudem kein Hebräisch sprach, als Alleinerziehende in Jerusalem zurückblieb. In seiner Militärzeit änderte Segev seinen "verhassten" Vornamen Thomas in Tom; später legte er auch den Familiennamen Schwerin ab und nannte sich fortan Segev. "Viele Israelis nahmen damals hebräische Namen an, um die Vergangenheit abzustreifen und in die neue hebräische Kultur in Israel einzutauchen."

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Während seines Militärdienstes als Bibliothekar im National Defense College begann Segev für die Nachrichtenredaktion eines Radiosenders zu arbeiten. Neben seiner journalistische Tätigkeit reüssierte Segev auch als Historiker. In seinen Erinnerungen beschreibt er jeden Lebensabschnitt so lebendig und interessant, dass man sein Buch literarisch auf eine Stufe mit den autobiografischen Romanen Leo Tolstojs stellen möchte. Allerdings schreibt Segev unter der warmen Sonne Jerusalems.

Tom Sergev:
Jeruslem Ecke Berlin.
Erinnerungen.
Siedler Verlag,
München 2022;
416 Seiten, 32,00 €