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Nach der Reichsbürger-Razzia : Vom Verdacht zur Anklage

Nach den Razzien gegen die mutmaßlichen Reichsbürger-Putschisten stehet Ermittlern und Staatsanwaltschaft noch viel Arbeit bevor.

19.12.2022
2024-02-06T12:03:45.3600Z
2 Min

Für die Ermittler und Generalbundesanwaltschaft beginnt nach der großangelegten Razzia jetzt erst recht die Arbeit. Beweismittel müssen ausgewertet, die Beschuldigten verhört, mögliche weitere Verdächtige ermittelt, Verdachtsmomente erhärtet und gegebenenfalls eine Anklageschrift geschrieben werden. Das wird voraussichtlich Monate dauern, handelt es sich doch um ein komplexes Verfahren mit vielen Beschuldigten.

Foto: picture alliance/dpa/Uli Deck

Generalbundesanwalt Peter Frank gibt in der Bundesanwaltschaft eine Erklärung zu Razzien und Verhaftungen in der "Reichsbürgerszene" ab.

Über 50 Personen stehen im Verdacht, Mitglieder beziehungsweise Unterstützer einer terroristischen Vereinigung im Sinne von Paragraf 129a Absatz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch zu sein. Das heißt, man wirft ihnen vor, zur Erreichung ihres Ziels der "Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung" Mord oder Totschlag "mindestens billigend in Kauf genommen zu haben" und dazu eine entsprechende Struktur aufgebaut zu haben, wie Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) am Mittwoch unter Berufung auf den Generalbundesanwalt im Bundestag ausführte. Sollte es zu einem Prozess gegen die Beschuldigten kommen, drohen Mitgliedern der Gruppe Freiheitsstrafen zwischen einem und zehn Jahren, Rädelsführern eine Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren und Unterstützern eine Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.

Dringender Tatverdacht

Gegen 25 mutmaßliche Mitglieder und Unterstützer besteht laut Generalbundesanwalt nicht nur ein Anfangsverdacht, sondern dringender Tatverdacht. Damit wird auch die Anordnung der Untersuchungshaft für die 23 in Deutschland festgenommenen Beschuldigten begründet. Besteht nach Abschluss der Ermittlungen "hinreichender Tatverdacht", das heißt, die Staatsanwaltschaft geht von einer wahrscheinlichen Verurteilung aus, kann Anklage erhoben werden. Entscheidet dann das zuständige Gericht, die Anklage zuzulassen, beginnt der eigentliche Prozess, der sich ebenfalls über viele Monate hinziehen könnte.

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Einige mutmaßliche Mitglieder der Gruppe stehen zudem unter Verdacht, "konkrete Vorbereitungen" getroffen zu haben, "mit einer kleinen bewaffneten Gruppe gewaltsam in den Deutschen Bundestag einzudringen", wie der Generalbundesanwalt mitteilte. Diesbezüglich bestehe noch Ermittlungsbedarf, auch hinsichtlich der Frage, ob sich die Verdächtigen der "Vorbereitung einer hochverräterischen Unternehmens" (Paragraf 83 Absatz 1 Strafgesetzbuch) schuldig gemacht haben könnten. Bei einem Schuldspruch droht eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren, in minder schweren Fällen zwischen einem und fünf Jahren.