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Fünf Fragen an Nils Schmid (SPD) : "Viele Ortskräfte stecken nach wie vor in Afghanistan fest"

Der SPD-Außenpolitiker spricht über die zögerliche Aufnahme afghanischer Helfer und die Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes durch den Bundestag.

21.02.2022
2024-04-22T15:52:32.7200Z
2 Min

#1

Herr Schmid, laut einem Beschluss der Vorgänger-Bundesregierung können Afghanen, die ab 2013 für staatliche deutsche Einrichtungen gearbeitet haben, in Deutschland Schutz vor den Taliban finden. Warum sind trotzdem noch so viele Ortskräfte in Afghanistan?

Das hat unter anderem mit den Verkehrsbedingungen im Land zu tun. Der Flughafen von Kabul ist nach wie vor nur sehr eingeschränkt nutzbar und auch die Ausreise auf dem Landweg ist sehr schwierig. Wir evakuieren nach wie vor Menschen, aber bei weitem nicht so viele, wie wir es uns wünschen.

#2

Offenbar fallen gerade Helfer der deutschen Entwicklungszusammenarbeit, insbesondere der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) sowie freie Mitarbeiter, durchs Raster. Sind die Kriterien für die Aufnahme zu strikt?

Foto: SPD/Susie Knoll
Nils Schmid
ist außenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion.
Foto: SPD/Susie Knoll

Deren Situation ist definitiv ein Problem. Grund dafür sind die Ansagen des Bundesentwicklungsministeriums (BMZ) und der GIZ im Sommer 2021. Sie wollten ausdrücklich, dass ihre Ortskräfte - im Gegensatz zu den Ortskräften der Bundeswehr - in Afghanistan bleiben, um die Hilfsprogramme fortführen zu können. Diese Entscheidung war angesichts der Not in Afghanistan durchaus nachvollziehbar. Aber sie hat eben auch zu dieser großen Verzögerung bei der Evakuierung dieser Personen geführt. Sie stecken nach wie vor fest.

#3

Was tut die neue Bundesregierung, um ihnen zu helfen?

In den beteiligten Ressorts - BMZ, Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium - laufen gerade Abstimmungen dazu. Es muss geklärt werden, wie die Personen, die bereits eine Aufnahmezusage und ein Visum bekommen haben, außer Landes gebracht werden können. Im Gespräch ist aber auch ein humanitäres Aufnahmeprogramm, das andere Personengruppen, wie etwa die freien Mitarbeiter der GIZ, umfassen könnte.

#4

Der Bundeswehreinsatz in Afghanistan und die Evakuierungsmission im August 2021 sollen in dieser Legislaturperiode umfassend parlamentarisch aufgearbeitet werden. Wann geht es damit los?

Die Vorbereitungen laufen. Ziel ist es, noch vor der Osterpause sowohl einen Untersuchungsausschuss als auch eine Enquetekommission einzusetzen, damit wir zügig mit der Arbeit beginnen können.

#5

Was sind aus Sicht des Bundestages die wichtigsten Fragen, die zu klären sind?

Der Untersuchungsausschuss soll insbesondere den Abzug und die Evakuierung beleuchten - wie waren die Abläufe, welche Festlegungen gab es für die Aufnahme der Ortskräfte in den Ministerien, unter welchen Rahmenbedingungen fand die Evakuierung statt? Die Enquete-Kommission wird einen breiteren Ansatz haben und den Erfolg des Einsatzes insgesamt untersuchen. Wie haben sich die Ziele in den 20 Jahren der Mission verändert, was hat die Einbettung in eine Bündniskoalition bedeutet? Warum konnte die afghanische Zentralregierung nicht ausreichend gestärkt werden? Was ist ausschlaggebend für den Erfolg einer Ausbildungsmission? Gerade mit Blick auf weitere und künftige Auslandseinsätze der Bundeswehr ist es zentral, darauf Antworten zu finden.

Das Interview führte Johanna Metz.