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Nutzung von Gesundheitsdaten : Das begehrte Gut

Die Gesundheitspolitiker des Bundestages wollen die Nutzung von Gesundheitsdaten verbessern. Sie warnen aber vor Sammelwut.

06.03.2023
2023-11-24T15:35:08.3600Z
3 Min

Gesundheitsdaten sind ein begehrtes Gut, sie können in der medizinischen Forschung den Fortschritt entscheidend beschleunigen, unter Umständen aber auch missbraucht werden. In dieser Spannbreite zwischen Wohl und Wehe bewegt sich die Diskussion über die Datennutzung und die Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Die EU-Kommission hat, auch angesichts der Erfahrungen in der Corona-Pandemie, im Mai 2022 ein ambitioniertes Projekt verkündet, um Gesundheitsdaten über Ländergrenzen hinweg effektiver nutzen zu können. Der europäische Raum für Gesundheitsdaten (European Health Data Space - EHDS) soll dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung der Menschen zu verbessern und die Forschung zu stärken, die EU-Kommission erhofft sich nichts weniger als einen "Quantensprung".

Gesundheitsdaten sind wichtig zur Erforung seltener Krankheiten

In der vergangenen Woche betonten Experten im Gesundheitsausschuss ihre großen Erwartungen an das Projekt. Der Gesundheitsforscher Ferdinand Gerlach von der Universität Frankfurt am Main erläuterte die praktischen Vorteile, wenn Ärzte in ganz Europa Zugriff auf medizinische Daten auch ausländischer Patienten hätten. So müssten Ärzte wissen, ob ein Patient etwa Allergiker sei oder Blutverdünner nehme. Der Datenaustausch begünstige aber auch die Weitergabe aktueller Warnhinweise zu Arzneimittelrisiken oder die Erforschung seltener Erkrankungen.

Bei Gesundheitsdaten geht es in der Abwägung zwischen Nutzen und Sicherheit um Anonymisierung, Pseudonymisierung und Interoperabilität, also die Möglichkeit der Datenweitergabe über verschiedene Systeme. Der Digital-Experte Marcel Weigand von der UPD Patientenberatung warnte im Ausschuss, auf keinen Fall dürfe mit bürokratischem Klein-Klein die europäische Idee der digitalen Gesundheitsversorgung ausgebremst werden.

Die Unionsfraktion fordert in einem Antrag, der vergangene Woche erstmals beraten wurde, günstigere Rahmenbedingungen für die Gesundheitsforschung in Deutschland. So müsse die Verfügbarkeit von Gesundheitsdaten für die Forschung verbessert werden.

Hoffnung für Krebspatienten durch mRNA-Technik

In der Aussprache waren sich die Fachpolitiker einig, dass die sichere Nutzung von Gesundheitsdaten und die Digitalisierung im Gesundheitssystem die Versorgung entscheidend voranbringen könnten. Thomas Jarzombek (CDU) erinnerte an die vielen Krebspatienten, die derzeit auf die neue mRNA-Technik hofften. Die Firma Biontech, die daran arbeite, wolle aber in Großbritannien forschen. In Deutschland sei die Arbeit mit Forschungsdaten kompliziert und uneinheitlich.

Ruppert Stüwe (SPD) versicherte, die Koalition sei dabei, die nötigen Reformen vorzubereiten. Er nannte das geplante Gesundheitsdatennutzungsgesetz, das Forschungsdatengesetz und den EHDS. An der Verfügbarkeit von Daten werde "hart gearbeitet", hier gebe es einen Nachholbedarf auf Ebene der Kliniken und der Forschung.

Abgeordnete betonen Datenschutz

Nicole Höchst (AfD) sagte, der Grundgedanke sei richtig, jedoch blieben Fragen zum Datenschutz offen. Sie mahnte: "Die Datenkraken sammeln allzeit fleißig. Genau das ist das Problem, wenn wir über Datennutzung sprechen." Digitaler Fortschritt dürfe nicht gegen den Willen und zum Schaden der Bürger erreicht werden.

Laura Kraft (Grüne) betonte, die digitale Transformation in der Gesundheitsforschung bringe gewaltige Chancen mit sich. So entstünden neue Perspektiven, auch zur Entstehung von Krankheiten und zur Wirksamkeit von Therapien. Petra Sitte (Linke) sieht gleichfalls große Potenziale, persönliche Gesundheitsdaten seien jedoch hochsensibel. Wichtig seien daher hohe Sicherheitsstandards. Nach Ansicht von Maximilian Funke-Kaiser (FDP) ist für die Gesundheitsbranche auch die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland ganz entscheidend.