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Wissing will Nachbesserungen : Entscheidung zum Verbrenner-Aus vertagt

Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will dem EU-Verbot nicht zustimmen, solange es keine Ausnahmeregelung für E-Fuels gibt.

06.03.2023
2024-03-05T11:20:43.3600Z
4 Min

Die EU-Kommission hat die Entscheidung über das Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 auf unbestimmte Zeit verschoben. An diesem Dienstag hätte eigentlich über das Gesetz abgestimmt werden sollen. Doch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hatte in der vergangenen Woche wiederholt deutlich gemacht, dass die FDP den Plänen zum Verbrenner-Aus nicht zustimmen könne, wenn es weiterhin keine Ausnahmeregelung für E-Fuels gibt. Das wiederum hätte zur Folge gehabt, dass innerhalb der Regierungskoalition aus SPD, Bündnis 90/die Grünen und FDP keine Einigung gefunden werden kann; Deutschland hätte sich bei der EU-Abstimmung also enthalten müssen. Am vergangenen Freitag teilte der schwedische Ratsvorsitz dann mit, dass das Votum von der Tagesordnung des Ministerrates genommen worden sei. Der Streit zwischen den Koalitionspartnern und die Debatte über die geplanten EU-Verordnungen zum Verbrenner-Aus und zur Abgasnorm Euro 7 waren am Freitagvormittag auch Thema im Bundestag.

Foto: picture-alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich - indirekt - durchgesetzt: Die Entscheidung zum EU-weiten Verbot für Autos mit Verbrennungsmotor ist verschoben.

Union: Bezahlbare Mobilität für alle

Im Plenum wurden zwei Anträge der CDU/CSU-Fraktion und einer der AfD-Fraktion debattiert. Die Unionsfraktion fordert die Bundesregierung in den Anträgen unter anderem dazu auf, sich auf EU-Ebene für eine "technologisch umsetzbare Absenkung der Grenzwerte und für realistische Testbedingungen" bei der Umsetzung der Euro-7-Norm einzusetzen und klimafreundliche Alternativen zur Elektromobilität wie Wasserstoffverbrenner und E-Fuels gleichermaßen zuzulassen. Es müssten alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten für alternative Antriebe und Kraftstoffe genutzt werden, "damit die Mobilität für alle Menschen in Deutschland bezahlbar bleibt", heißt es in der Begründung des Antrags.

Die AfD fordert von der Bundesregierung eine Rüge für den Vorschlag der Euro-7-Verordnung und eine Überprüfung nach den Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit der Verordnung. Hierfür soll eine Stellungnahme gemäß des Lissabonner Vertrags erstellt werden.

Synthetische Kraftstoffe

 🚗 E-Fuels (engl. electrofuels): Synthetische Krafstoffe, die mittels Strom aus Wasser und Kohlenstoffdioxid hergestellt werden. 

🚦 Schlechte Energiebilanz: Da für die Herstellung und Nutzung der E-Fuels relativ komplizierte Umwandlungsstufen durchlaufen werden müssen, gilt ihre Energiebilanz als schlechter als bei anderen Antriebsarten wie beispielsweise Elektromotoren. 

🌳 Theoretisch klimaneutral: Wird für die Herstellung jedoch Ökostrom genutzt und wird das nötige CO2 aus der Atmosphäre gewonnen, sind E-Fuels theoretisch klimaneutral einsetzbar.



In der Debatte konstatierte Steffen Bilger (CDU): "Die Ampel streitet, die Bundesregierung ist sich nicht einig und keiner weiß, wofür Deutschland eigentlich steht." Seine Fraktion erwarte, dass die Bundesregierung in den Verhandlungen mit der EU-Kommission deutlich Stellung bezieht.

Man müsse sich die Frage stellen, ob man dem Kampf gegen den Klimawandel mit Verboten oder aber mit Technologie und Innovation helfe, sagte Bilger und bezog sich dabei auf die von seiner Fraktion geforderte Einbeziehung von E-Fuels in die Verordnung.

SPD: Mehr als 300.000 Menschen sterben wegen Luftverschmutzung

Der EU-Vorschlag zu Euro 7 sei richtig und wichtig, entgegnete Dunja Kreiser (SPD). Jedes Jahr würden in Europa mehr als 300.000 Menschen an Luftverschmutzung sterben. "Einen großen Anteil daran hat der Feinstaub, der zu großen Teilen vom Autoverkehr herrührt", sagte Kreiser. Zu beachten sei zudem, dass Euro 7 nicht nur die Auspuffemission, sondern auch die Emission von Bremsen und Reifen, sowie die Lebensdauer von Batterien in Elektroautos regulieren solle, fügte sie hinzu.


„Ein klassisches Elektroauto fährt mit der gleichen Energiemenge etwa fünfmal so weit wie eines, das mit E-Fuels betrieben wird.“
Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen)

Deutschland müsse weg von den fossilen Energien, da liege auf der Hand, die Antriebsart zu wechseln, sagte Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen). Es müsse nun alles getan werden, um den Wandel voranzubringen, "damit wir in Deutschland nicht in die Rücklichter der E-Autos schauen", die andere bauen. Die Forderung der Unionsfraktion, Verbrennermotoren mit E-Fuels zu betanken, sei "völlig aus der Zeit gefallen", befand der Linke Bernd Riexinger. "Ein klassisches Elektroauto fährt mit der gleichen Energiemenge etwa fünfmal so weit wie eines, das mit E-Fuels betrieben wird", sagte er.

Wissing weist Kritik zurück

Für die AfD sind die EU-Pläne nur "ein weiterer Schritt sei im Versuch, "uns eine neue Weltordnung aufzuzwingen", sagte der Abgeordnete Thomas Ehrhorn. "Tausende kritische Stimmen" würden dabei aus dem politischen Diskurs über die Mobilitätswende ausgeschlossen.

Und der Verkehrsminister? Er war der Meinung, dass man sich Vorschriften, die den Erfolg beim Kampf gegen den Klimawandel ausbremsen, nicht leisten könne. Die Kritik an der Haltung der Bundesregierung wies Wissing zurück. Man habe der EU-Kommission klargemacht, dass nachgebessert werden müsse. Seine Parteifreundin, die Abgeordnete Judith Skudelny, bezeichnete die Vorgaben zur Umsetzung der Euro-7-Norm als "irgendwo zwischen überambitioniert und absolut irre". Im Anschluss an die Debatte wurden die Anträge zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.