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Asyl- und Aufenthaltsrecht : Streit um Kurs in der Migrationspolitik

AfD will "Fehlanreize" im Asyl- und Aufenthaltsrecht beseitigen. Union schlägt "Bundesagentur für Einwanderung" vor.

20.03.2023
2023-11-23T15:35:33.3600Z
3 Min

"Fehlanreize" im Asyl- und Aufenthaltsrecht will die AfD-Fraktion mit einem Gesetzentwurf  beseitigen, den der Bundestag vergangenen Donnerstag erstmals beraten und an den Innenausschuss überwiesen hat. Die Fraktionen nahmen die Aussprache zum Anlass, ihre Haltung in der Migrationspolitik zu verdeutlichen.

Die AfD will unter anderem Duldungstatbestände im Aufenthaltsgesetz ersatzlos streichen, die Bezugsdauer von reduzierten Sachleistungen für Asylbewerber von 18 auf 24 Monate verlängern, das Ausweichen auf Geldleistungen ausschließen und "Lügen" im Asylverfahren unter Strafe stellen. Streichen will sie auch die Möglichkeit, mit Duldungsstatus nach sechs Monaten eine Beschäftigung aufzunehmen.

AfD fordert "innenpolitische Kehrtwende"

Gottfried Curio, innenpolitischer Sprecher der AfD-Fraktion, forderte in der Debatte eine "innenpolitische Kehrtwende" und "realistische Migrationspolitik". Über 100.000 Erstantragsteller seien unerkannt in die EU eingewandert, zwei Drittel aller geplanten Abschiebungen 2022 gescheitert. Mit der AfD werde es das nicht mehr geben. Der Unionsfraktion bot Curio das Aushandeln einer "konservativen Wende" an, was der CDU-Abgeordnete Philipp Amthor mit den Worten quittierte: "Anbiederung führt nie zu Liebe."

Helge Lindh (SPD) warf der AfD Rassismus vor. Ihr Gesetzentwurf sei ein Angriff auf den gesunden Menschenverstand und ein Beschaffungsprogramm für illegale Beschäftigung. Sein Fraktionskollege Lars Castellucci hob hervor, dass es die von der AfD angemahnte Trennung zwischen Asyl- und Erwerbsmigration bereits gebe. Gülistan Yüksel (SPD) erinnerte an fehlende Arbeitskräfte im Handwerk, in der Gastronomie und in der Pflege. Die Koalition wolle daher Arbeitsverbote für in Deutschland lebende Migranten abschaffen.

Union will "Bundesagentur für Einwanderung"

Für eine neue Willkommenskultur trat Detlef Seif (CDU) ein und schlug die Einrichtung eines Bundesagentur für Einwanderung vor. Sein CSU-Kollege Alexander Hoffmann nannte den Migrationsgipfel der Bundesregierung ein "Manifest der Taten- und Ergebnislosigkeit". Deutschland sei ein "Geisterfahrer" in Europa, weil alle anderen Länder die Migration stärker regulierten, um das Sterben im Mittelmeer zu verhindern. Hoffmann plädierte dafür, möglichst wenig Anreize zu setzen, sich auf Fluchtrouten durch die Sahara und über das Mittelmeer zu begeben.

Als Ausdruck "dumpfer Ressentiments" wertete Filiz Polat von den Grünen die AfD-Vorschläge. Die Koalition wolle die Ausbildungs- und Beschäftigungsduldung verbessern, um zur Arbeitskräftesicherung beizutragen. 200.000 abgelehnte Asylbewerber lebten mit einer "prekären Duldung" in Deutschland, etwa weil sie eine Ausbildung begonnen haben oder nicht ins Herkunftsland abgeschoben werden können. Aus Sicht ihres Fraktionskollegen Marcel Emmerich darf es nicht sein, dass Geduldete nicht in den Arbeitsmarkt integriert werden können. Der Grünen-Abgeordnete Julian Pahlke rief die Union dazu auf, eine "wirksame Brandmauer gegen Rechts" zu errichten.

FDP setzt auf "modernes Einwanderungsland" statt "Abschottungsreich"

Ann-Veruschka Jurisch (FDP) hielt der AfD vor, sie schüre Angst und Misstrauen, was "zutiefst verantwortungslos und unpatriotisch" sei. Gebraucht werde eine Trendwende hin zu einem modernen Einwanderungsland und kein Zurück in das "Abschottungsreich", von dem die AfD träume. Ihr liberaler Kollege Stephan Thomae sprach sich für neue Migrationsabkommen aus, die für beide Seiten attraktiv sein müssten.

Für die Linken-Abgeordnete Clara Bünger ist die AfD mitschuldig, dass die Zahl der Angriffe auf Geflüchtete wieder steige. Das Recht auf Asyl habe einen "schweren Stand", so Bünger.