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Anhörung im Gesundheitsausschuss : Lebendspenden könnten viele Patienten retten

Die erweiterte Zulassung von Organlebendspenden als Lösung gegen den Organmangel beschäftigt den Gesundheitsausschuss. Experten warnten vor medizinischen Risiken.

02.05.2023
2024-02-08T09:34:09.3600Z
2 Min

Gesundheits- und Rechtsexperten sehen in der erweiterten Zulassung von Organlebendspenden eine Möglichkeit, die Zahl der verfügbaren Spenderorgane zu erhöhen. Die sogenannte Überkreuz-Lebendspende zwischen geeigneten Spendern und Empfängern sei jedoch mit medizinischen Risiken für Spender und Empfänger verbunden, machten Sachverständige in einer Anhörung des Gesundheitsausschusses über einen Antrag der AfD-Fraktion deutlich. Die Experten äußerten sich vergangene Woche in der Anhörung und in schriftlichen Stellungnahmen.

Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag, sogenannte Cross-over-Lebendspenden zu erlauben und damit die Überlebenschancen von Dialysepatienten zu verbessern. Die Alternative zum Warten auf ein postmortal entnommenes Organ sei die Lebendspende.

Ralf Zietz von der Interessengemeinschaft Nierenlebendspende erläuterte mögliche Nebenwirkungen bei Spendern. Die Hälfte der Spender sei nach der Spende selbst nierenkrank. Manche Spender litten zudem auch längerfristig unter dem sogenannten Fatigue-Syndrom. Risiken und mögliche Folgen der Nierenlebendspende erlaubten im Grunde keine Ausweitung der Spende. Die Verbundenheit zwischen Spender und Empfänger sei Voraussetzung, um mögliche Folgen emotional abzufedern. Die Cross-over-Lebendspende erfülle diese Voraussetzungen zunächst nicht. Zietz hob in der Anhörung den nötigen Spenderschutz hervor und forderte eine gezielte Aufklärung.

Cross-over-Lebendspende: International ein Behandlungsstandard

Aus rechtlicher Sicht spricht nach Ansicht des Juristen Thomas Gutmann von der Universität Münster nichts gegen die Zulassung der Überkreuz-Lebendspende. Gutmann plädierte dafür, die Beschränkung des Spenderkreises nach Paragraf 8 Absatz 1 Satz 2 Transplantationsgesetz (TPG) zu streichen. Die Cross-over-Lebendspende gehöre heute international zum Behandlungsstandard. Es gebe keine Hinweise darauf, dass eine Streichung des Paragrafen das Risiko des Organhandels erhöhen würde. Befürchtungen, wonach durch Cross-over-Lebendspenden, Poolspenden und nicht gerichtete (altruistische) Lebendspenden verdeckte kommerzielle Vermittlungstätigkeiten entstünden, hätten sich in keinem westlichen Staat bestätigt.

Nach Angaben des Nephrologen Klemens Budde von der Berliner Charité werden solche Überkreuz-Lebendspenden haben auch deutsche Bürger in der Vergangenheit von solchen Spendenmöglichkeiten im Ausland profitiert. In Deutschland seien Überkreuz-Lebendspenden oder ein Ringtausch durch das erforderliche Näheverhältnis praktisch fast ausgeschlossen.

Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes würde bei einer Cross-over-Lebendspende aus einer überschaubaren Paarentscheidung eine weniger übersichtliche Gruppenentscheidung. Das hätte datentechnische, organisatorische und leistungsrechtliche Folgewirkungen.

In der Anhörung machten mehrere Sachverständige deutlich, dass die Restriktionen in Deutschland sehr streng sind. Als Argument für die Lebendspende führten Experten an, dass damit jeweils ein postmortales Spenderorgan frei werde. Ein Sprecher der Bundesärztekammer zeigte sich in der Anhörung offen für eine liberalere gesetzliche Regelung. Es sei sinnvoll, Cross-over-Lebendspenden zu ermöglichen.