Piwik Webtracking Image

Umwelt : Mission im Moor

Im Kampf gegen den Klimawandel will die Ampel massiv in den Naturschutz investieren.

02.05.2023
2024-03-11T11:46:01.3600Z
3 Min
Foto: picture-alliance/imageBROKER/Erhard Nerger

Im Schutz und in der Renaturierung von Mooren, wie hier im Emsland, liegt enormes Potenzial - für den Klimaschutz, aber auch für Konflikte.

Die Natur sei die "stärkste Verbündete im Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise" wird Steffi Lemke (Grüne) nicht müde zu betonen. Intakte Ökosysteme speicherten Kohlendioxid, sicherten die Lebensmittel- und Wasserversorgung und schützten vor Katastrophen, erklärte die Umweltministerin etwa im vergangenen November bei der UN-Klimakonferenz in Sharm El Sheikh.

Vielen Ökosystemen geht es schlecht

Nur: Die stärkste Verbündete ist schwach auf der Brust. Vielen Ökosystemen wie Wäldern, Gewässern und Feuchtgebieten, die zugleich wertvolle Kohlenstoffsenken und Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten sind, geht es schlecht.

Lediglich neun Prozent der Flussauen sind in Deutschland noch intakt, fast 95 Prozent der Moore wurden entwässert und mehr als ein Drittel der Waldbäume weist deutliche Schäden auf, wie die jüngste Waldzustandserhebung des Bundeslandwirtschaftsministeriums zeigt.

Die Natur als Verbündete ertüchtigen

Die Bundesregierung will das ändern und die Natur als Verbündete wieder ertüchtigen: Ökosysteme an Land und vor den Küsten im Meer sollen besser geschützt und wiederhergestellt werden.

Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK), über das der Bundestag am vergangenen Freitag erstmalig beriet, nennt sie "eines der zentralen Instrumente", um die Klima- aber auch die Biodiversitätsziele zu erreichen. Das Programm bündelt fast 70 Maßnahmen in zehn an Ökosystemen orientierten Handlungsfeldern. Im Fokus stehen: Moore, Wälder, Gewässer und Auen, Meere und Küsten - aber auch innerstädtische Grünflächen .

Erstmalig würden Klimaschutz, Naturschutz und die Vorsorge vor Klimafolgen wie Hitzewellen und Hochwasser verknüpft, betonte Umweltministerin Lemke bei der Vorstellung des Programms. Das sei ein "Paradigmenwechsel". Nie zuvor sei so viel Geld in den Naturschutz investiert worden: Vier Milliarden Euro stehen bis 2026 zur Verfügung.

Umwelthilfe warnt vor Greenwashing

Umwelt- und Naturschutzverbände loben das ANK als "Meilenstein". Doch es gibt auch Kritik. Es dürfe nicht für "Greenwashing" missbraucht werden, mahnt etwa die Deutsche Umwelthilfe und fordert klare Zielen und Kriterien. Zudem besteht Skepsis, ob mit Anreizen allein genügend Flächen zur Renaturierung gefunden werden können. Der Deutsche Bauernverband warnte bereits, das ANK dürfe nicht zu einem "Stilllegungsprogramm für landwirtschaftliche Flächen" werden.


„Passen Sie auf, dass Sie dem Klimaschutz keinen Bärendienst erweisen. “
Anja Weisgerber (CSU)

Eine Befürchtung, die die Union in der Debatte aufgriff: Die Ampel solle aufpassen, dass sie dem Klimaschutz keinen "Bärendienst" erweise, sagte Anja Weisgerber (CSU). Könne die Landwirtschaft aufgrund von Flächenverlusten weniger Nahrungsmittel produzieren, würden diese vermehrt importiert - mit einem höheren CO2-Abdruck als heimische Erzeugnisse.

Grüne begrüßen Förderprogramme für Landwirte

Jan-Niclas Gesenhues (Grüne) verwies stattdessen auf geplante Förderprogramme für Landwirte: Das ANK eröffne den Betrieben wirtschaftliche Chancen. Ziel sei es, Wertschöpfungsketten im Bereich der Paludikultur (Moornutzung) zu etablieren, erläuterte Judith Skudelny (FDP).

Auf wiedervernässten Moorböden solle der Anbau von Schilf etwa als Bau- und Dämmstoff erprobt werden. Jürgen Braun (AfD) warf der Ampel vor, die Natur in Bedrängnis zu bringen: Mit ihrem "völlig irrationalen Ausbau" der Windkraft habe sie den Weg frei gemacht für "Waldrodung, Flächenversiegelung und Artensterben".

Linke zweifelt, dass das Geld reicht

Lina Seitzl (SPD) widersprach: Das ANK weiche das Spannungsfeld zwischen Klima und Umwelt auf. Beide konkurrierten nicht, sondern bedingten einander. Ralph Lenkert (Linke) lobte Programm und finanzielle Ausstattung, meldete aber Zweifel an, ob selbst vier Milliarden Euro angesichts der bevorstehenden Mammutaufgabe ausreichend seien. Allein der Waldumbau koste pro Jahr 1,2 Milliarden Euro.

Umweltministerin Steffi Lemke schließlich warb um Unterstützung: Gerade das Ziel, Vorsorge vor Klimafolgen zu treffen, müsse doch "allen verantwortlichen Demokraten" wichtig sein.