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Junges Engagement : In Charlottenburg machen Kinder und Jugendliche Politik

Kinder- und Jugendparlamente bieten Heranwachsenden die Möglichkeit, ihrer Stimme Gehör zu verschaffen. Ein Besuch vor Ort in Berlin-Charlottenburg.

24.07.2023
2024-02-27T13:16:44.3600Z
3 Min
Foto: DBT/photothek/Thomas Köhler

Rund 150 Kinder und Jugendliche bestimmen hier mit: Mitglieder des Kinder- und Jugendparlaments bei einer Sitzung im Rathaus Charlottenburg.

Es gibt viele Kinder und Jugendliche, die den Eindruck haben, dass Politik nicht für junge Menschen gemacht wird. Sie finden, dass ihre Belange zu wenig berücksichtigt werden und das Wahlalter mit 18 Jahren zu hoch ist. Das geht aus Studien verschiedener Umfrageinstitute hervor. Doch anstatt sich als junger Mensch darüber einfach nur zu beschweren, kann man sich auch aktiv engagieren - zum Beispiel durch die Mitarbeit in einem Kinder- und Jugendparlament (KJP).

So machen es rund 150 Kinder und Jugendliche im Alter von zehn bis 21 Jahren im KJP Charlottenburg-Wilmersdorf in Berlin. Seit bereits 20 Jahren können sich junge Menschen dort in der Bezirkspolitik einbringen. Die einzige Voraussetzung sei, dass die Kinder im Bezirk wohnen, dort zur Schule gehen oder einen Jugendclub besuchen. Schule oder Jugendclub könnten Interessierte dann in das Parlament entsenden, erläutert Pietro Deligio, der die Geschäftsstelle des KJP leitet.

Engagement in der Bezirkspolitik

Für Kinder und Jugendliche ist somit die Partizipation in der Bezirkspolitik möglich, da vom KJP beschlossene Anträge in die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eingehen; die Bezirksverordneten stimmen anschließend über die eingebrachten Anträge ab. Zwar besitzt das KJP in der Versammlung kein eigenes Stimmrecht, dennoch wurden in den vergangenen 18 Jahren über 90 Prozent aller Anträge positiv durch die BVV entschieden. Ferner hat das KJP einen ständigen Sitz im Jugendhilfeausschuss.

Doch das KJP bietet jungen Menschen nicht nur die Möglichkeit, sich politisch zu beteiligen. Es ist auch eine Begegnungsstätte für Kinder und Jugendliche. Und die wünschen sich für die Zukunft ein eigenes Stimmrecht im Jugendhilfeausschuss und dass die Erwachsenen sie ernst nehmen. So erzählen sie es in einer Sitzung vor den Sommerferien im Rathaus Charlottenburg. Sie möchten als vollwertige Mitglieder der Gesellschaft anerkannt werden. Daher störe einige auch die Bezeichnung "Minderjährige". Das höre sich nach "minderwertig" an und passe absolut nicht zu den engagierten Kindern und Jugendlichen, erklärt Zaliha, einer der Mitglieder des KJP.

Jungen Menschen eine Stimme geben

Bevor die Sitzung so richtig beginnt, reden die elf Kinder und Jugendlichen, die an dem Tag zusammengekommen sind, noch wild durcheinander. Es geht um die Schule, Freizeitaktivitäten und gemeinsame Freundinnen und Freunde. Doch sobald der erste Tagesordnungspunkt angesprochen wird, ändert sich die Stimmung: Ab jetzt wird darauf geachtet, dass alle aussprechen dürfen und nacheinander reden. Das passiert auch in besonderer Rücksichtnahme auf Patrick - für ihn wird die Sitzung in Gebärdensprache übersetzt. In dieser Sitzung des KJP herrscht eine Diskussionskultur, von der sich so manches Plenum voller Erwachsener etwas abschauen könnte.

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Dass junge Menschen mehr mitentscheiden sollten, darin sind sich alle im KJP einig. Und die zahlreich umgesetzten Projekte zeigen, dass sich eine rege Kinder- und Jugendbeteiligung für die Stadt lohnt. So wurden auf Antrag des KJP zum Beispiel Solarpanels auf dem Dach einer Jugendeinrichtung angebracht, Stolpersteine und Gedenktafeln im Bezirk eingesetzt oder Spielplätze saniert und Aufräumaktionen initiiert. Ein zuletzt eingebrachter Antrag zur "barrierefreien Barrierefreiheit" soll Hemmnisse bei der Beauftragung von Gebärdendolmetschern abbauen.

Erarbeitet werden die Projekte in Arbeitsgemeinschaften, sozusagen den Ausschüssen des KJP. Darunter die AG Europa, Mental Health oder Öffentlichkeitsarbeit. Letztere entwickelt gerade eine eigene Zeitung, damit mehr Personen vom KJP erfahren. So könnten "noch mehr Jugendliche die Möglichkeit bekommen, sich zu engagieren und zu beteiligen", erklärt Allegra, die vierzehnjährige Leiterin der Arbeitsgemeinschaft.