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Gastkommentare : Ein Pro und Contra: Mehr Tempo auch bei Autobahnen?

Sollte der Neubau von Autobahnen gestoppt werden - oder muss der Ausbau vielmehr schneller gehen? Christian Schlesiger und Anja Krüger im Pro und Contra.

13.02.2023
2024-03-05T11:12:51.3600Z
2 Min

Pro

Ganzheitlich denken

Foto: Wirtschaftswoche/Werner Schüring
Christian Schlesiger
arbeitet als Ressortleiter Wirtschaft für "The Pioneer" Berlin.
Foto: Wirtschaftswoche/Werner Schüring

Schiene hui, Autobahn pfui - so einfach ist das nicht. Die Beschleunigung von Infrastrukturmaßnahmen ist richtig und muss sich auf alle Verkehrswege konzentrieren. Wenn wir den deutschen Wirtschaftsstandort weiterentwickeln und attraktiver für Investitionen aus dem Ausland machen wollen, brauchen wir mehr Tempo bei allem: bei der Sanierung von Schulen, der Integration ausländischer Fachkräfte, der Zulassung von Medikamenten. Und auch beim Bau von Autobahnen, wenn die demokratisch legitimierten Volksvertreter beschlossen haben, dass ein neuer Highway volkswirtschaftlich sinnvoll ist.

Es geht dabei nicht um eine Priorisierung der Autobahn gegenüber anderen Verkehrsträgern, sondern um eine Gleichbehandlung. Richtig ist: Die Schiene muss ausgebaut werden, damit der Gütertransport klimafreundlicher über die Schiene laufen kann. Aber der Schienenverkehr gewinnt nicht allein an Attraktivität, indem wir ihn schneller ausbauen als die Straße. Sondern indem er auch durch Innovationen pünktlicher und effizienter wird. Die digitale Kupplung ist nach wie vor nicht flächendeckend im Einsatz. Deutschland muss also ganzheitlich denken. Der Lkw wird gebraucht, um Waren in die Fläche zu bringen. Er fährt in Zukunft vielleicht elektrisch und autonom - und benötigt daher gut ausgebaute Schnellstraßen.

Deutschland ist keine Insel, sondern muss sich im internationalen Standortwettbewerb behaupten. Dazu gehört eine gut ausgebaute Verkehrsinfrastruktur. Und für den Bau von Straßen, Schienen und Wasserwegen sind gleiche und nachvollziehbare Kriterien nötig: eine tiefgründige Umweltprüfung, die Beteiligung der Anwohner, bürokratische Prozesse. Aber bitte geordnet, transparent - und schnell.

Contra

Überholte Logik

Foto: Pascal Beucker
Anja Krüger
arbeitet als Redakteurin und Wirtschaftsjournalistin für "die tageszeitung" in Berlin.
Foto: Pascal Beucker

Keine Frage, es dauert viel zu lange, bis neue Windräder oder große Stromleitungen geplant, genehmigt und gebaut sind. Diese Prozesse müssen dringend gestrafft werden, sonst wird es nichts mit der Energiewende und dem Erreichen der Klimaziele.

Bei Straßen sieht das ganz anders aus. Der Neubau von Autobahnen muss generell gestoppt werden, nicht beschleunigt. Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan sieht vor, dass mehr als 800 neue Autobahnkilometer gebaut werden sollen. Das voranzutreiben wäre fatal - auch weil die verfügbaren Finanzmittel und Fachkräfte für die Sanierung der maroden bestehenden Infrastruktur gebraucht werden. Vor allem: Diese Pläne sind viel zu alt und basieren auf anachronistischen Voraussetzungen. Sie folgen einer von Umweltschutzgedanken unberührten Logik, die immer mehr Verkehr und Warentransporte auf der Straße zum Ziel hat. Angesichts der Klimakrise aber müssen der individuelle und kommerzielle Straßenverkehr so stark wie möglich zurückgehen, etwa durch die Verlagerung auf die Schiene oder Vermeidung unnötiger Wege. Jedes Autobahnprojekt muss daher neu betrachtet und auf seine Klimaverträglichkeit geprüft werden. Nur wenn es nachweislich zur Verkehrsreduzierung dient, darf es realisiert werden.

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Das Autobahnnetz zu erweitern, wird nicht zu weniger Staus führen. Das wird nur gelingen, wenn die Zahl der heute in Deutschland zugelassenen 48,5 Millionen Pkw deutlich sinkt. Der bevorstehende Umstieg auf Elektromobilität ändert daran nichts. Autobahnen werden nicht zu einer umweltfreundlichen Infrastruktur, weil auf ihnen Elektroautos statt Fahrzeuge mit Diesel- oder Benzinmotor fahren. Auch E-Autos schaden dem Klima.