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Digitale Revolution des Strommarkts : Smarte Energiewende

Intelligente Messgeräte sollen helfen den Stromverbrauch neu zu organisieren - und Kosten zu sparen.

13.02.2023
2024-03-05T14:11:45.3600Z
3 Min
Foto: picture-alliance/dpa/Markus Scholz

Mit einem Smart-Meter können Stromkunden kontrollieren, wie hoch der eigene Verbrauch ist, wo er aktuell entsteht und welche Geräte die größten Stromfresser sind.

Robert Habeck hat es eilig. Dem Minister für Klimaschutz und Energie geht es zu langsam voran. Mit der Digitalisierung. Und mit der Energiewende sowieso. Folgerichtig bat der Grünen-Politiker die Abgeordneten des Deutschen Bundestages nach seiner Vorstellung des Gesetzentwurfes der Koalitionsfraktionen, zum "Neustart der Digitalisierung der Energiewende" (20/5549) am vergangenen Freitag um zügige Beratung und zeitnahe Verabschiedung.

"Ein wichtiges und komplexes Gesetz"

Es handle sich um ein wichtiges und komplexes Gesetz, das allen Beteiligten Nutzen verspreche: Den Verbrauchern günstigere Strompreise, den Netzbetreibern Daten zur besseren Abstimmung von Energie-Angebot und -Nachfrage; der Allgemeinheit sinkende Kosten beim Ausbau der Erneuerbaren - und Unternehmern neue Marktchancen.

Worum geht's? Smart Meter sind Grundvoraussetzung dafür, die naturgemäß schwankende Einspeisung von Ökostrom aus Wind- und Sonnenenergie und zugleich hohe und wechselhafte Verbräuche etwa von Elektrofahrzeugen oder Wärmepumpen im Stromsystem zu integrieren. Und sie machen Verbraucherinnen und Verbraucher zu einem aktiven Teil der Energiewende, denn mit dem Smart-Meter können sie kontrollieren, wie hoch der eigene Verbrauch ist, wo er aktuell entsteht und welche Geräte die größten Stromfresser sind.

Fahrplan mit verbindlichen Zielen

Der Gesetzentwurf sieht einen Rolloutfahrplan mit verbindlichen Zielen bis zum Jahr 2030 vor. Die Messstellenbetreiber werden per Gesetz beauftragt, die angeschlossenen Verbrauchsstellen schrittweise mit Smart-Metern auszustatten. Ab 2025 soll der Einbau von intelligenten Messsystemen verpflichtend für Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch von mehr als 6.000 Kilowattstunden oder einer Photovoltaik-Anlage mit mehr als sieben Kilowatt installierter Leistung sein.

Stromversorger sollen dynamische Tarife anbieten

Bis 2030 sollen diese Abnehmer entsprechend mit Smart-Metern ausgestattet sein. Auch Haushalte, die weniger Strom verbrauchen, sollen das Recht auf Einbau eines intelligenten Stromzählers erhalten. Alle Stromversorger müssen zudem ab 2025 verpflichtend dynamische Tarife anbieten. Dadurch können Verbraucher den Strombezug zum Beispiel in kostengünstigere Zeiten mit hoher Erneuerbare-Energien-Erzeugung verlagern.

Maria-Lena Weiss (CDU) signalisierte grundsätzliche Zustimmung der Union zu dem Vorhaben, mahnte aber Nachbesserungsbedarf und lieber eine "gründliche" als eine "zügige" Beratung an. Der vorliegende Entwurf sei noch immer "überkomplex" und in Details problematisch, so zum Beispiel wenn der Preis für Privathaushalte - wie 2023 schon festgelegt - auf 20 Euro gedeckelt sei: Das lasse alle Teuerungswellen der vergangenen Jahre unbeachtet. Netzbetreiber sollten die entstehenden Kosten nicht vorfinanzieren müssen, sagte Weiss.

Robin Mesarosch (SPD) führte aus, was künftig den Unterschied zum gegenwärtigen System ausmache. Derzeit gelte: Werde mehr Strom aus Wind produziert als durch die Netze gehe, würden die Anlagen abgeschaltet. Das sei dumm. Umgekehrt würden bei einer Windflaute Kohle- und Gaskraftwerke hinzugeschaltet, die teuer und klimaschädlich seien. Auch das sei dumm. Künftig lasse sich das E-Auto oder die Wärmepumpe genau dann aufladen, wenn es Strom aus erneuerbaren Energien gäbe. Das sei intelligent.

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP tue, was sie sich im Koalitionsvertrag vorgenommen habe, sagte Konrad Stockmeier (FDP): Mehr Fortschritt wagen. "In eine Richtung die mehr Freiheit, mehr Selbstbestimmung, mehr Effizienz" bedeute. Die Digitalisierung der Energiewende mache einen schnelleren Ausbau der Erneuerbaren ebenso möglich wie einen effizienteren Netzausbau. Sie erlaube dynamische Tarife, die Freiheit für Verbraucher also, auf Preissignale zu reagieren.

AfD fürchtet Überwachung der Verbraucher

Als "Vorzeigeobjekt der Fortschrittskoalition" feierte auch Grünenpolitiker Maik Außendorf das Smart-Meter-Vorhaben. Außendorf gab allerdings zu Bedenken, dass mit der Digitalisierung immer auch ein erheblicher Energieverbrauch einhergehe. Für seine Partei gelte es daher darauf zu achten, dass die nötige Stromproduktion "möglichst klimaneutral" erfolge.

Größte Bedenken mit Blick auf den Datenschutz und die Datensicherheit machte AfD-Vertreter Marc Bernhard geltend: Künftig wisse der Stromanbieter, wann man aufstehe, wann man ins Bett gehe, wann man allein zuhause sei, wann man esse, wann und was man im Fernsehen gucke - und jederzeit könne einem der Strom abgestellt werden. Statt die Gefahr einer Krise wegen volatiler erneuerbarer Energien auf den Rücken der Bürger abzuwälzen, solle die Regierung, so Bernhards Appell, "doch einfach die AKW laufen" lassen.

Klaus Ernst (Die Linke) kritisierte zweierlei: Zum einen bleibe unterbelichtet, was mit den Daten passiere, die in großer Menge gesammelt würden - er sehe da großes Missbrauchspotenzial. Zum anderen seien intelligente Messgeräte schön und gut - aber er vermisse eine Antwort der Regierung auf das eigentliche Problem: den stockenden Ausbau der Erneuerbaren und die offene Frage, wie man unter diesen Umständen den Wegfall von russischem Öl und Gas in den kommenden Jahren kompensieren wolle.