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Förderung politischer Stiftungen : AfD sieht sich benachteiligt

Koalition und Union legen ein Gesetz zur Förderung politischer Stiftungen vor. Die AfD protestiert heftig dagegen und legt eigenen Entwurf vor.

14.10.2023
2024-02-06T09:18:36.3600Z
4 Min

Bildungsarbeit, Information und Politikberatung - das sind die zentralen Arbeitsfelder der deutschen politischen Stiftungen. In Bildungsstätten halten sie Seminare ab, Publikationen umfassen alle Politikbereiche. Zudem gibt es Stipendien für Studierende. Auch rund um den Globus sind politische Stiftungen aktiv und haben ein weltweites Netz für Demokratie errichtet. Jetzt soll die Finanzierung der Stiftungen auf eine gesetzliche Grundlage gestellt werden.

Stiftungen sind weltweit aktiv

Selbst in den entferntesten Ländern sind die Stiftungen präsent. Zwei Beispiele: In Singapur etwa wurde auf Initiative der CDU-nahen Konrad-Adenauer Stiftung ein asienweites Journalisten-Netzwerk (Asia News Network, ANN) ins Leben gerufen. In Südafrika versucht die SPD-nahe Friedrich-Ebert-Stiftung einen Beitrag zum demokratischen Transformationsprozess zu leisten, indem sie zu Themen wie gute Regierungsführung, Geschlechtergleichheit und Entwicklung arbeitet.

Das alles kostet Geld - viel Geld sogar. Die Mittel für die politischen Stiftungen kommen überwiegend aus dem Bundeshaushalt, zusammengerechnet rund 700 Millionen Euro im Jahr. Über viele Jahre wurden sich die Fraktionen bei den jährlichen Haushaltsberatungen schnell über die Mittelvergabe einig. Als die AfD 2017 in den Bundestag einzog, war es mit der fraktionsübergreifenden Gemeinsamkeit vorbei. 2018 forderte die AfD erstmals öffentliche Mittel für die ihr nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung, was jedoch von den anderen Fraktionen abgelehnt wurde - wie in den Folgejahren. Schließlich klagte die AfD vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Ausschluss ihrer Stiftung von der Förderung im Jahr 2019.

Karlsruhe erkannte  Verletzung der AfD in ihrem Recht auf Chancengleichheit

Das Verfassungsgericht entschied am 22. Februar 2023 (Aktenzeichen: 2 BvE 3/19), der Bundestag habe durch den Erlass des Haushaltsgesetzes 2019 die AfD "in ihrem Recht auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb" verletzt, "soweit dieses die Ausreichung von Globalzuschüssen zur gesellschaftspolitischen und demokratischen Bildungsarbeit für politische Stiftungen ermöglicht, ohne dass dem ein gesondertes Parteiengesetz zugrunde liegt".

Das Urteil wollen die Koalitionsfraktionen SPD, Grüne und FDP sowie die Union jetzt mit einem gemeinsamen Gesetzentwurf (20/8726) umsetzen, der am Freitag im Bundestag in erster Lesung beraten und an den federführenden Innenausschuss überwiesen wurde. In der Debatte erklärte Johannes Fechner (SPD), in diesen herausfordernden Zeiten sei es wichtiger denn je, dass man eine politische Bildungsarbeit habe, die finanziell gut ausgestattet sei. Es würden jetzt "klare und präzise Regelungen" geschaffen, und die wichtigste Regelung sei, dass es kein Geld für Verfassungsfeinde geben werde.

Ebenso wie Fechner erklärte Ansgar Heveling (CDU), es entspreche den Vorgaben des Urteils, dass das Eintreten für die freiheitlich demokratische Grundordnung zur Voraussetzung für die Förderung gemacht werde. Konstantin von Notz (Grüne) ergänzte, das Gesetz sei ein "starkes Zeichen gegen die Anfeindungen gegen unsere Demokratie".

FDP: Gefördert werden kann nur, wer sich aktiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung einsetzt

Stephan Thomae (FDP) betonte, es könne nur gefördert werden, wer sich aktiv jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung und für die Völkerverständigung einsetze. Clara Bünger (Linke) unterstützte den Entwurf von Koalition und Union: "Es darf kein Geld für Feinde der Demokratie und Menschenwürde geben."

Peter Boehringer (AfD) kritisierte die seiner Ansicht nach überhöhte Förderung der Stiftungen, die zudem intransparent sei. Der Gesetzentwurf sei ein "dreistes Lehrstück von Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft" und verhöhne das Verfassungsgericht.

Foto: picture-alliance/dpa/ZB/Jens Kalaene

Zu den geförderten Stiftungen gehört auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung, deren Zentrale sich am Berliner Ostbahnhof befindet.

Der Gesetzentwurf von Koalition und Union sieht für eine Förderung unter anderem vor, dass die Abgeordneten der einer politischen Stiftung jeweils nahestehenden Partei in der mindestens dritten aufeinanderfolgenden Legislaturperiode in Fraktionsstärke in den Bundestag eingezogen sind. Wenn die Förderung bereits seit zwei Legislaturperioden gewährt wurde, soll es unschädlich sein, wenn die nahestehende Partei für die Dauer einer Legislaturperiode nicht im Bundestag vertreten ist.

Politische Stiftungen in Deutschland

Aus dem Bundeshaushalt gefördert werden derzeit folgende parteinahe Stiftungen: Friedrich-Ebert-Stiftung (FES, SPD-nah), Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS, CDU-nah), Hanns-Seidel-Stiftung (HSS, CSU-nah), Friedrich-Naumann-Stiftung (FNS, FDP-nah), Heinrich-Böll-Stiftung (HBS, Grünen-nah) und die Rosa-Luxemburg-Stiftung (RLS, Linke-nah)

Die Gesamthöhe der Förderung der politischen Stiftung durch den Bund liegt im Jahr 2023 bei rund 697 Millionen Euro. Damit leisten sie gesellschaftliche und demokratische Bildungsarbeit. Ihre Angebote stehen jeder Bürgerin und jedem Bürger offen.

Die der AfD nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung erhält bisher keine Mittel aus dem Bundeshaushalt.



Ausschlussgrund: Eine verfassungsfeindliche Prägung der politischen Grundströmung

Zu den weiteren Voraussetzungen gehört unter anderem, dass die Stiftung für die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie für den Gedanken der Völkerverständigung aktiv eintritt. Zudem wird eine verfassungsfeindliche Prägung der politischen Grundströmung, die der Stiftung zuzuordnen ist, als Ausschlussgrund genannt. Eine Ausrichtung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung wird auch dann angenommen, wenn die politische Stiftung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz als Verdachtsfall oder als gesichert extremistisch eingestuft wird.

Ebenfalls überwiesen wurde ein Gesetzentwurf der AfD-Fraktion. der eine starke Kürzung der Zuweisungen an die Stiftungen vorsieht. Stiftungen sollen sich demnach in ein Register beim Bundestag eingetragen lassen. Ein Anspruch auf Geldleistungen der Stiftungen aus dem Bundeshaushalt soll entstehen, wenn die der Stiftung nahestehende Partei zweimal in Folge in Fraktionsstärke in den Bundestag eingezogen ist.