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Nach dem "Flüchtlingsgipfel" : Flüchtlingspolitik im Fokus

Der Bundestag streitet über Abschiebungen, die Unterbringung von Flüchtlingen und die EU-Asylpolitik.

30.05.2023
2024-01-05T13:12:07.3600Z
3 Min

Die Rückführung ausreisepflichtiger Ausländer, die Unterbringung einer steigenden Zahl von Asylbewerbern, die Reform des "Gemeinsamen Europäischen Asylsystems" (GEAS) - drei Aspekte des Megathemas Flüchtlingspolitik, zu denen der Bundestag vergangene Woche über unterschiedliche Vorlagen der Opposition debattierte. Ein CDU/CSU-Gesetzentwurf, mit dem die Höchstdauer des Ausreisegewahrsams zur Durchsetzung von Abschiebungen ausreisepflichtiger Ausländer von zehn auf 28 Tage verlängert werden soll, wurde dabei ebenso an die Ausschüsse überwiesen wie je ein Antrag der AfD und der Linken.

Die AfD dringt in ihrer Vorlage auf ein Vetorecht der Kommunen bei der Zuweisung von Migranten. Zugleich will sie von einer solchen Zuweisung grundsätzlich Städte und Gemeinden ausschließen, "in denen Wohnungsnot herrscht und zum Beispiel eine Mietpreisbremse zur Regulierung des Wohnungsmarktes eingeführt worden ist". In der Koalition traf der AfD-Vorstoß in der Aussprache ebenso auf Ablehnung wie bei den übrigen Oppositionsfraktionen; nicht anders ging es der Linken-Vorlage. Darin wird die Bundesregierung mit Blick auf die am 8. Juni anstehenden Beratungen der EU-Innenminister über die GEAS-Reform aufgefordert, sich dabei für den Erhalt und die Stärkung des individuellen Rechts auf Asyl einzusetzen. Insbesondere soll die Regierung nach dem Willen der Linken bei den Verhandlungen "verpflichtenden Grenzverfahren und der Ausweitung sicherer Dritt- und Herkunftsstaaten-Regelungen klar widersprechen".

Union greift Vorschlag des "Flüchtlingsgipfels" auf

Die CDU/CSU-Fraktion greift mit ihrem Gesetzentwurf zur verlängerten Höchstdauer des Ausreisegewahrsams einen Punkt der Beschlüsse des jüngsten "Flüchtlingsgipfels" der Regierungschefs der 16 Bundesländer mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vom 10. Mai auf. Die aktuelle Höchstdauer des Gewahrsams von zehn Tagen ermögliche Ausreisepflichtigen "weiterhin ein kurzfristiges Untertauchen, um sich der Durchsetzung der Ausreisepflicht zu entziehen", begründet die Fraktion in der Vorlage die Forderung nach einer längeren Gewahrsamsdauer.

Alexander Throm (CDU) sagte in der Debatte, der Gesetzentwurf entspreche "eins zu eins" dem Kanzler-Vorschlag in der Ministerpräsidentenkonferenz (MPK). Damit erhalte die Koalition, die in der Migrationspolitik "vieles, wenn nicht alles", falsch gemacht habe und damit die Gesellschaft spalte, die Gelegenheit, "wenigstens bei einer Kleinigkeit etwas richtig zu machen".

SPD wirft Union »grobe Irreführung« beim Thema Ausreisegewahrsam vor

Helge Lindh (SPD) hielt der Union im Gegenzug vor, mit ihrer Vorlage den Eindruck zu erwecken, dass durch Maßnahmen wie die Verlängerung des Ausreisegewahrsams Hunderttausende abgeschoben werden könnten. Dies sei eine "grobe Irreführung". Wenn man sinnvollerweise über Abschiebungen und Ausreisegewahrsam spreche, liege der "Fokus eindeutig auf Gefährdern und Straffälligen". Dies sei auch die Position des Bundeskanzlers. Gerade bei "bestens integrierten Personen" sei es dagegen sinnvoll, auf das Bleiberecht zu setzen und Aufenthalt zu ermöglichen.

Steffen Janich (AfD) sagte, die Bundespolizei habe in ihrem letzten Jahresbericht beklagt, dass weniger als die Hälfte der geplanten Rückführungen tatsächlich vollzogen worden seien. Um Recht und Gesetz bei der Aufenthaltsbeendigung für Menschen ohne Bleiberecht umzusetzen, sei eine nationale Kraftanstrengung notwendig. Die Verlängerung des Aufenthaltsgewahrsams sei dabei eine "kleine Stellschraube".

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Filiz Polat (Grüne) kritisierte, nach dem CDU/CSU-Entwurf könnten Menschen fast einen Monat lang inhaftiert werden, ohne jemals eine Straftat begangen zu haben. Einem Menschen die Freiheit zu entziehen mit der Begründung, organisatorische Abläufe bei der Abschiebung zu vereinfachen, sei mit dem Grundgesetz nicht vereinbar.

Clara Bünger (Linke) sagte, die Höchstdauer des Gewahrsams sei bereits 2017 von damals vier auf zehn Tage verlängert worden, ohne dass es dadurch zu mehr Abschiebungen gekommen sei. Für die Betroffenen, die aus dem "alleinigen Grund" der Durchsetzung ihrer Abschiebung eingesperrt würden, mache es aber einen "gewaltigen Unterschied, ob sie einige Tage oder einen ganzen Monat in Abschiebegewahrsam hinter Gittern verbringen".

Ann-Veruschka Jurisch (FDP) betonte, die in der MPK-Vereinbarung vorgesehene Verlängerung des Gewahrsams werde kommen, aber nicht als gesetzliche Einzelnorm, sondern von der Koalition zusammen mit den anderen MPK-Punkten abgearbeitet.