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Gewalt gegen Sicherheitskräfte : Fraktionen verurteilen Angriffe auf Polizisten

Die Zahl der Gewalttaten gegen Polizisten ist in den vergangenen Jahren deutlich angestiegen. Im Bundestag werden Angriffe auf Sicherheitskräfte scharf verurteilt.

23.05.2025
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3 Min

Aktuelle Beispiele, alle aus Berlin: Bei einer propalästinensischen Demonstration wird ein Polizist niedergerissen, getreten und schwer verletzt. Einen Tag danach wird ein Polizist mit einem Messer lebensgefährlich verletzt. Zwei Tage später erleidet ein Polizist bei Tumulten mit Fußballfans schwere Verletzungen. 

Fraktionen verurteilen die zunehmende Gewalt gegen Sicherheitskräfte

Insgesamt waren es mehr als 50 Polizisten, die am vergangenen Wochenende bei Einsätzen in der Hauptstadt verletzt wurden - ein "wirklich schwarzes Wochenende", bilanzierte Polizeipräsidentin Barbara Slowik Meisel am vergangenen Montag.

Foto: picture alliance/dpa/Christophe Gateau

Polizisten nehmen am 15. Mai bei einer propalästinensischen Demonstration in Berlin einen Teilnehmer fest. Ein Polizist wurde nach Polizeiangaben in die Menge gezogen und schwer verletzt.

Am Donnerstag wurde die zunehmende Gewalt gegen Sicherheitskräfte im Bundestag von Koalition und Opposition gleichermaßen verurteilt. In einer von den Koalitionsfraktionen beantragten Aktuellen Stunde konstatierte Günter Krings (CDU), dass inzwischen schon eine Polizeiuniform ausreiche, um Ziel wütender Angriffe zu werden. Die Taten richteten sich gegen die Menschen in der Uniform, aber zugleich gegen den Staat. 

Allein vergangenes Jahr seien nach jüngsten Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) mehr als 4.900 politisch motivierte Straftaten gegen Polizisten verzeichnet worden, viele davon Gewalttaten. Dagegen setze die Koalition nicht nur auf die konsequente Verfolgung dieser Taten, sondern habe sich auf konkrete Gesetzesverbesserungen geeinigt, wie eine "zielgenaue Verschärfung des Strafrechts", bessere digitale Ermittlungsbefugnisse oder die Speicherung von IP-Adressen zur Bekämpfung schwerer Taten.

SPD: Qualität und Quantität der Übergriffe sind erheblich schlimmer geworden

Steffen Janich (AfD) beklagte, täglich würden deutschlandweit im Durchschnitt 300 Polizisten Opfer von Gewalt. Fast jeden dritten Tag werde ein Polizist schwer verletzt oder gar getötet. Was die frühere Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) nicht unter Kontrolle gebracht habe, müsse nun von der neuen Bundesregierung schnellstens aufgearbeitet werden, forderte Janich. 

So sei etwa zu fragen, ob Polizeibeamte "bei sichtbar erkennbaren Messerbedrohungen die Schusswaffe schon niederschwelliger als bisher durch Androhung einsetzen dürfen". Zur Ausrüstung eines Bundespolizisten im Jahr 2025 gehörten Verteidigungsmittel für mittlere Distanzen. Was den Polizisten aber seit Jahren weit mehr fehle, sei die "parteiübergreifende politische Rückendeckung, um ihre Einsatzmittel nach Recht und Gesetz anwenden zu können".


„Wenn diejenigen, die uns schützen, die Feuer löschen oder Leben retten, angegriffen werden, haben wir ein unerträgliches Maß der gesellschaftlichen Verrohung erreicht.“
Marcel Emmerich (Grüne)

Sebastian Fiedler (SPD) blickte zurück auf eigene Erlebnisse als Polizist in den 1990er-Jahren, bei denen er und seine Kollegen etwa mit Leuchtspurgeschossen beschossen worden seien. Seitdem seien Qualität und Quantität der Übergriffe erheblich schlimmer geworden. Zugleich versicherte er, dass in seiner Fraktion und der Koalition die "Sichtweise der Beschäftigten der Sicherheitsbehörden immer präsent" sei. 

Dies ziehe sich durch die jetzt anstehenden Gesetzgebungsvorhaben, fügte Fiedler hinzu und begrüßte die "Botschaft" von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU), hinter den Sicherheitsbehörden zu stehen. Das beziehe sich "auf Ressourcen, auf die Ausstattung, auf die Ausrüstung, auf die entsprechenden Befugnisse, auf strafrechtlichen Schutz bei entsprechenden Übergriffen".

Linke hält Strafverschärfungen für unwirksam und unhilfreich

Marcel Emmerich (Grüne) hob gleichfalls hervor, dass die Gewalttaten gegen Polizisten sowie Feuerwehrleute und Rettungskräfte in den vergangenen Jahren stark zugenommen hätten. Laut BKA seien 2023 mehr als 46.000 Gewalttaten gegen Polizisten registriert worden. Wenn aber "diejenigen, die uns schützen, die Feuer löschen oder Leben retten, angegriffen werden, haben wir ein unerträgliches Maß der gesellschaftlichen Verrohung erreicht". Es reiche jedoch nicht aus, nur das Personal bei der Polizei aufzustocken oder nur die Strafen zu verschärfen, mahnte Emmerich. Vielmehr müsse das Problem "im Kern" angegangen und dafür besser erforscht werden, "woraus der Zündstoff für Gewalt gegen Einsatzkräfte besteht".

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Jan Köstering (Linke) betonte, dass Gewalt gegen Polizeibeamte grundsätzlich abzulehnen sei, ebenso wie Gewalt gegen Beschäftigte der Feuerwehren und Rettungsdienste. Das letzte Lagebild des Bundeskriminalamtes zeige, "dass die Zahlen zum Teil steigen". Dies sei parallel zu Gesetzesverschärfungen im Strafgesetzbuch geschehen, die "genau diese Berufsgruppen besser schützen sollten". Die Verschärfungen seien also weder wirksam noch hilfreich, um echten Schutz zu gewährleisten. In ihrem Koalitionsvertrag falle Union und SPD jedoch nichts anderes ein, als erneute Verschärfungen anzukündigen. Höhere Strafen, Repression und die Ausweitung von Befugnissen seien indes keine Lösung. Zur Gewaltbekämpfung müssten vielmehr die Ursachen in den Blick genommen werden.