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Foto: Deutscher Bundestag / Arndt Oehmichen
Die Ausstellung "Home Street Home – Wege aus der Obdachlosigkeit erzählt die Geschichten von Menschen, die über viele Jahre davon betroffen waren.

Obdachlosigkeit überwunden : 18 Menschen öffnen Fotografin Debora Ruppert ihre Haustüren

Von der Straße ins eigene Zuhause: Die Ausstellung „Home Street Home“ von Debora Ruppert zeigt anhand persönlicher Geschichten Wege raus aus der Wohnungslosigkeit.

19.10.2023
2024-03-14T15:30:10.3600Z
3 Min

Den Schlüssel immer in der Hosen- oder Handtasche, abends die Haustür aufschließen, die persönlichen Dinge ablegen – für viele Menschen ist das nicht Teil ihres Alltags. Zwar definiert die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen das Recht auf Wohnen als Menschenrecht, doch laut Zahlen der Bundesregierung aus dem vergangenen Jahr haben mehr als 260.000 Menschen in Deutschland keine feste Bleibe; 37.000 Menschen leben danach auf der Straße.

Was es bedeutet, ein Zuhause zu haben und es zu verlieren, in Notunterkünften oder auf der Straße zu leben, dokumentiert die Ausstellung „Home Street Home - Wege aus der Obdachlosigkeit“ im Paul-Löbe-Haus des Bundestages. Sie zeigt 18 Einblicke in Wohnungen, 18 persönliche Geschichten von Frauen und Männern aus ganz Deutschland, die eines eint: Sie haben aus der Obdach- und Wohnungslosigkeit heraus ein Zuhause gefunden – oft, weil sie die Unterstützung von Menschen fanden, die zuhörten statt verurteilten.

Betroffene erzählen: Was bedeutet „Zuhause“?

Die Porträtierten entschieden selbst, wie viel von ihrem Leben die Öffentlichkeit zu sehen bekommt, berichtet Fotografin Debora Ruppert. Da ist zum Beispiel der 23-jährige Tom (Name geändert) aus Frankfurt: Seine Mutter starb, der Vater war plötzlich alleinerziehend. Tom kam zu Pflegeeltern, lebte in Heimen und Jugendhilfeeinrichtung. Als er dort nicht mehr untergebracht werden konnte, suchte er sich Unterstützung und fand ein Zuhause. Er ist von hinten abgelichtet, wie er die Wände seiner Wohnung in einem warmen Gelbton streicht. Die Leiter steht noch im Flur, darunter steht: „Das ist wirklich das Schönste, was es gibt.“

Oder Maria (20) aus Berlin: Auf dem Porträt hält sie mit der rechten Hand ihr Skateboard, in der linken Hand den Selbstauslöser. Maria lebte als Kind in Heimen und bei Pflegefamilien. Mit 14 wurde sie vom Jugendamt wegen Problemen herausgenommen, kam in verschiedene Jugendhilfeeinrichtungen und entschied sich dann für die Straße. Heute hat sie eine Wohnung, macht ihr Abitur und will Videografin werden. Ihr Wunsch an die Politik: Keine weiteren Kürzungen in der Jugendhilfe, mehr Unterstützung für Sozialarbeiterinnen und mehr Schutzräume für junge Menschen.

Ausstellung „Home Street Home“ noch bis Mitte November besuchen

„Home Street Home ist alles andere als Home Sweet Home“, sagte Bundestagspräsidentin Bärbel Bas. Auf der Straße leben heiße für mehr als zwei Drittel der Betroffenen: Gewalt erfahren. Die Arbeiten von Ruppert machten „die Menschen hinter den Zerrbildern sichtbar“, sagte Bas weiter. Und „wer sichtbar wird, den übersehen wir schwerer“, dankte sie der Künstlerin dafür, dass sie den Vorurteilen etwas entgegensetze. Wohnungslosigkeit habe auch eine strukturelle Dimension, verwies die Bundestagspräsidentin mit Blick auf den Wohnungsmangel, der „weit oben auf der Tagesordnung“ stehe. „Auch deshalb ist der Bundestag genau der richtige Ort für die Ausstellung“, betonte die Bundestagspräsidentin.

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Ruppert, die seit mehr als zwölf Jahren fotografisch zu dem Thema arbeitet, sagte, sie sei immer wieder auf den Teufelskreis „kein Ausweis, keine Wohnung – keine Wohnung, keine Arbeit“ gestoßen. Im Hinblick auf Wege raus aus der Wohnungslosigkeit habe sie das Konzept „Housing First“ als „strategisch zielführend“ erlebt, bei dem zunächst bedingungslos eine Wohnung zur Verfügung gestellt werde. Die Künstlerin erinnerte bei der Ausstellungseröffnung auch daran, dass sich die Europäische Union zum Ziel gesetzt habe, bis 2030 die Obdachlosigkeit zu überwinden. Für Deutschland habe die Ampelkoalition bekräftigt, auf diese Mission hinarbeiten zu wollen, sagte sie in Richtung der Politik.

Die Ausstellung wird noch bis zum 17. November in der Halle des Paul-Löbe-Hauses gezeigt und kann nach vorheriger Anmeldung von Montag bis Freitag zwischen 9 und 17 Uhr besucht werden.