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Buchrezension zu "Bloodbath Nation" : Ein Land, das sich selbst der größte Feind ist

In seinem Essay "Bloodbath Nation" geht der US-amerikanische Autor Paul Auster den Ursachen und Folgen des Waffenwahns in seiner Heimat auf den Grund.

14.03.2024
2024-03-15T08:53:40.3600Z
2 Min

Es ist zwar keiner seiner typischen Romane, aber es ist sein typischer Erzählstil: In seinem Essay "Bloodbath Nation" beschäftigt sich der US-amerikanische Autor Paul Auster mit Ursachen und Folgen des Waffenwahns in seinem Heimatland. Der Text ist eine Mischung aus persönlicher Erinnerung, historischer Betrachtung, politischer Einordnung und eindringlichem Appell. Auster beginnt mit seiner Kindheit und Jugend, in der er selbst erste Schießübungen an Tontauben machte und glühender Fan der vielen Fernseh-Western war.

Später, als junger Erwachsener, erfuhr der heute 77-Jährige über Umwege von einem düsteren Familiengeheimnis: Seine Großmutter hatte 1919 seinen Großvater erschossen, diese Tat wurde von Austers Vater und dessen vier Geschwistern jedoch jahrzehntelang verschwiegen. Austers Familie ist damit eine von Hunderttausenden in den USA, die durch Waffengewalt versehrt, zerrüttet, zerstört wurde.

Anderthalb Millionen Amerikaner starben seit 1968 durch Schusswaffen

Später kommt Auster von der Geschichte der Siedlermilizen über die Black-Panther-Bewegung zu den Amokläufen und "mass shootings" der Vereinigten Staaten von heute und erzählt anhand jener unbegreiflicher Taten, wie immer wieder einzelne Menschen mit Waffen innerhalb weniger Minuten die Leben dutzender oder hunderter sinnlos auslöschen.


Paul Auster:
Bloodbath Nation.
Mit Fotos von Spencer Ostrander.
Rowohlt,
Berlin 2024;
192 Seiten, 26,00 €


Was schade ist: Die den Text begleitenden Fotografien von Spencer Ostrander, der einige Orte von Amokläufen eindrücklich abgelichtet hat, versuppen im zu kleinen Buchformat und im körnigen Schwarz-Weiß-Druck auf den matten Buchseiten.

So können sie leider nicht die selbe Wucht entfalten, wie es Austers Worte tun: "Seit 1968 haben anderthalb Millionen Amerikaner ihr Leben durch Schusswaffen verloren - das sind mehr Tote als die Gesamtsumme aller Kriegstoten, die unser Land zu beklagen hatte seit der erste Schuss in der Amerikanischen Revolution gefallen war."

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