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Parlamentarisches Profil : Die Unabhängige: Gitta Connemann

Die Vize-Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Parlamentariergruppe findet, Zahlungen an die Palästinensische Administration hätten früher hinterfragt werden müssen.

14.10.2023
2024-03-06T15:35:55.3600Z
3 Min

Sie kommt langsam aus dem Plenarsaal, irgendwie bedächtig - also wollte Gitta Connemann niemanden stören, hier gegenüber dem Abgeordnetencafé. Gerade ist sie herausgeschlüpft, hatte eine Rede zu Nachhaltigkeit gehalten. Nun aber verrät der Sticker mit der deutschen und der israelischen Fahne an ihrer Jacke, worum es jetzt geht. "Anfangs wollte ich es nicht glauben", sagt sie, als sie sich setzt. "Zur Fassungslosigkeit kamen dann Entsetzen, Trauer und die Sorge um Freunde in Israel dazu. Ihnen geht es nicht gut. Sie haben Verluste erlitten. Fürchten um ihre Sicherheit. Und haben Angst um Angehörige, die jetzt etwa eingezogen werden."

Foto: Abgeordnetenbüro Connemann

Gitta Connemann (CDU) vertritt seit 2002 als direktgewählte Abgeordnete den Wahlkreis Unterems im Deutschen Bundestag.

Die Angriffe der radikalislamischen Hamas aus dem Gaza heraus, mit dem Ziel möglichst vieler Tötungen in Israel, hat Connemann, Bundestagsabgeordnete der CDU aus Leer, erschüttert. Und die Ostfriesin stellt Forderungen auf. "Die Zahlungen an die PA hätten früher hinterfragt werden sollen", sagt sie zu den Hilfsgeldern deutscher Ministerien für die Palästinensische Administration (PA) im Westjordanland. Aber halt, die dort regierende Fatah hat doch nichts mit den Gewalttaten der Hamas zu tun; "nein, die Fatah ist mit der Terrororganisation Hamas oder der Terrormiliz Hizbullah nicht vergleichbar. Aber in der Fatah und der von ihr kontrollierten PA herrscht Korruption. Man hat sich die privaten Taschen auch mit Hilfsgeldern vollgesteckt."

Seit 2002 im Bundestag - mit eigenen Kopf

Die 59-Jährige war Vize-Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, ist in gleicher Funktion bei der deutsch-israelischen Parlamentariergruppe. Im Bundestag sitzt sie seit 2002 - immer direkt gewählt im Wahlkreis Unterems. Das Elternhaus war politisch. "Unser deutscher Großvater war bei den Freien Wählern. Unser niederländischer Großvater kämpfte im Widerstand gegen die Besatzung und Nazi-Deutschland", erinnert sie sich. "Unser Vater war dagegen in der Hitlerjugend und lernte die Verführbarkeit der Massen kennen. Beide waren deshalb besonders kritisch gegenüber Diktaturen und autoritären Strukturen."

Bei Connemann scheint das geglückt. Ihren eigenen Kopf hat sie schon. Stimmte als eine von wenigen Unionsabgeordneten gegen den Atomausstieg, gegen den Mindestlohn und für die gleichgeschlechtliche Ehe. "Vermutlich hätte ich auch das eine oder andere Mal anders als meine Fraktion gestimmt, wenn ich über die Landesliste eingezogen wäre. Wenn ich von etwas überzeugt bin, handele ich danach. Das ist mein Charakter." Seit Ende Dezember 2021 steht sie der Mittelstands- und Wirtschaftsunion vor.

Verkäuferjob, Jurastudium und Lokalpolitik

"Nach dem Abitur stand ich vor der Qual der Wahl und fühlte mich überfordert. Ich hatte schon vorher in einer Schuhboutique gejobbt. Dort bot man mir eine einjährige Ausbildung an." Dieses Jahr sei wahrscheinlich eines der wichtigsten Jahre ihres Lebens gewesen. "Damals habe ich gelernt, auf Menschen zuzugehen. Eine gute Verkäuferin zu sein." Politik sei auch ein Produkt, das Menschen nähergebracht werden muss. Nach der Boutique kam das Jurastudium, vom Vater, einem Landwirt, empfohlen. Er meinte, juristische Grundkenntnisse brauche man immer. "Die Entscheidung für die Juristerei war ein Volltreffer. Die juristische Denkweise ist strukturiert und klar. Ich liebe es."


„Die juristische Denkweise ist strukturiert und klar. Ich liebe es.“
Gitta Connemann, CDU

Ihr Vater war CDU-Mitglied. "Unsere Mutter wurde es, als ich kandidierte." Am Anfang ihres politischen Engagements im Jahr 1996 stand ein Missverständnis. "Unser Vater berichtete nach einer Ratssitzung, dass die Grundschule in eine Leichenhalle umgewandelt werden sollte. Ich war empört, schmollte. Mein Fehler: Ich hatte ihm nicht ganz zugehört. Der Rat hatte beschlossen, eine neue Grundschule zu bauen und das alte Gebäude nicht abzureißen, sondern umzuwidmen. Als wir uns wieder versöhnt hatten, sagte Papa zu mir: 'Wenn du etwas anders machen oder ändern willst, musst du dich engagieren.'"

Es folgte eine gemeinsame Kandidatur mit ihm für den Rat der Samtgemeinde Hesel. "Die gemeinsame Arbeit im Rat hat uns noch enger zusammengeschweißt. Als unser Vater nach seinem Tod 2010 in diese Leichenhalle überführt wurde, schloss sich ein Kreis."