Piwik Webtracking Image

Erbschaftssteuer : Fünf Fragen zum Erbschaftssteuerrecht

Wirtschaftswissenschaftler Jan Schnellenbach über mögliche Änderungen im Erbschaftssteuerrecht.

26.06.2023
2024-01-24T13:23:57.3600Z
2 Min
Foto: Stephan Röhl
Prof. Dr. oec. Jan Schnellenbach
ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der BTU Cottbus. Die Schwerpunkte seiner Arbeit liegen in den Bereichen Wirtschaftspolitik und Finanzwissenschaft.
Foto: Stephan Röhl

#1

Herr Professor Schnellenbach, wie sinnvoll ist der Antrag der Linken für weniger Vergünstigungen bei der Steuer auf große Unternehmenserbschaften und dafür mehr Tilgungs- und Stundungsmöglichkeiten?

Jan Schnellenbach: Das ist einer der seltenen Fälle, bei dem ich den Linken zustimme. Es gibt kaum gute Gründe für die bestehenden Verschonungsbeträge im Betriebsvermögen. Dort, wo es für den Fortbestand von Unternehmen nötig ist, ist es besser, die Zahlung der Steuerlast über einen längeren Zeitraum zu ermöglichen, nicht aber die Steuerlast zu reduzieren.

#2

Inwiefern können höhere Erbschaftssteuern für mehr Gerechtigkeit sorgen?

Jan Schnellenbach: Die Erbschaftssteuer ist das einzige steuerliche Mittel in Deutschland, um Vermögensungleichheit zu begegnen. Wir haben keine Vermögensteuer. Verfassungsrechtlich ist es auch schwierig, Vermögen substanziell zu besteuern, ohne mit der Eigentumsgarantie des Grundgesetzes in Konflikt zu geraten

#3

Sollte die Erbschaftssteuer steigen?

Jan Schnellenbach: Die effektiven Steuersätze weichen oft stark von den nominalen Sätzen im Gesetzestext ab.. Ich empfehle aber die alte Formel: Sätze senken, Bemessungsgrundlage erhöhen, also Ausweich- und Vermeidungsmöglichkeiten reduzieren. Gerade bei komplizierten Steuern wie der Erbschaftssteuer ist das sinnvoll.

#4

Die AfD fordert, Vermögens- und Schenkungssteuern generell zu streichen, weil Substanzsteuern ungerecht seien. Was halten Sie davon?

Jan Schnellenbach: Das Argument, das Erbschaftssteueraufkommen sei mit elf Milliarden Euro zu gering im Vergleich zu den Gesamteinnahmen der Länder von 300 Milliarden Euro, verfängt nicht, weil die meisten Ausgaben der Länder festgelegt sind. Sie haben nur marginale Spielräume. Wenn die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer wegfielen, würde das dem Handlungsspielraum der Länder nachhaltig schaden. Man kann den Ländern nicht leichtfertig elf Milliarden nehmen. Derzeit geht es ihnen zwar im Durchschnitt relativ gut. Aber es können auch wieder andere Zeiten kommen.

#5

Die CSU-geführte bayerische Staatsregierung hat Verfassungsbeschwerde eingereicht. Sie will, dass die Länder die Erbschaftssteuer selbst regeln. Ist das sinnvoll?

Jan Schnellenbach: Juristisch kann ich als Ökonom die Erfolgsaussichten der Klage nicht beurteilen. Ökonomisch ist es einerseits grundsätzlich sinnvoll, den Ländern zusätzliche autonome Instrumente zur Generierung von Einnahmen zu geben. Derzeit haben sie dafür letztlich nur die Grunderwerbsteuer. Das ist zu wenig. Andererseits ist gerade die Erbschaftssteuer dafür nicht geeignet. Eine regionalisierte Erbschaftssteuer würde einen Wettbewerb um die Wohnsitze von sehr reichen Menschen entfachen. Hier empfiehlt sich eher ein Blick Richtung Schweiz: Dort haben die Kantone die Möglichkeit, Zuschläge auf die Einkommen- oder Körperschaftssteuer zu erheben.