Cum-Cum-Steuerskandal : Die Zeit läuft ab
Für die Aufklärung des Cum-Cum-Steuerskandals wichtige Unterlagen könnten eventuell bald vernichtet werden. Die Grünen wollen dies mit einem Antrag verhindern.
Eigentlich klingt der Begriff "Cum-Cum" fast harmlos. Doch hinter der unscheinbaren Bezeichnung verbirgt sich eine der größten Steueraffären der letzten Jahre. Wie schon bei den ähnlich gelagerten Cum-Ex-Fällen geht es auch bei Cum-Cum um die geschickte Ausnutzung von steuerlichen Schlupflöchern durch Finanzinstitute.

Es besteht die Gefahr, dass bis Ende 2025 Belege vernichtet werden, die helfen könnten, Betrugsdelikte im Rahmen von Cum-Cum aufzuklären.
Beiden Gestaltungen gemeinsam ist das Verschieben von Aktien rund um den Dividendenstichtag, um sich entweder gar nicht gezahlte Steuern erstatten zu lassen oder zu Steuererstattungen durch das Verschieben von Aktien zwischen In- und Ausland zu kommen.
Schaden durch Cum-Cum wird auf 28,5 Milliarden Euro geschätzt
Während die Cum-Ex-Gestaltungen in vielen Fällen aufgeklärt und Täter zum Teil zu hohen Haftstrafen verurteilt wurden, wäre für die Steuer- und Strafverfolgungsbehörden bei "Cum-Cum" noch viel zu tun. Doch die Zeit für eine umfassende Aufklärung läuft ab, wie die "Bürgerbewegung Finanzwende" und die Grünen schildern. "Es besteht die Gefahr, dass zum Ende des Jahres Belege vernichtet werden, die dem Staat helfen könnten, solche großen Betrugsdelikte im Rahmen von Cum-Cum aufzuklären. Und das darf nicht geschehen", forderte die Grünen-Finanzexpertin Katharina Beck am Donnerstag im Bundestag.
Becks Fraktion verlangt daher in einem vom Bundestag an den Finanzausschuss überwiesenen Antrag, organisierte Steuerhinterziehung wie die Cum-Cum-Deals aufzuklären und die Steuermilliarden konsequent zurückzufordern. Dazu sollen die Aufbewahrungsfristen für Belege bei Finanzinstitutionen verlängert werden.
Abgeordnete: Vom Schaden ist erst ein minimaler Anteil zurückgefordert worden
Wie die Abgeordneten schreiben, beläuft sich der geschätzte Schaden an Steuerhinterziehung durch Cum-Cum-Geschäfte in Deutschland auf 28,5 Milliarden Euro. Davon sei bis heute von den Behörden erst ein minimaler Anteil zurückgefordert worden. Die Bundesregierung wird daher aufgefordert, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem die durch das "Vierte Bürokratieentlastungsgesetz" ab dem 1. Januar 2026 verkürzten Aufbewahrungsfristen für Unterlagen für Finanzinstitutionen an den Zeitraum angepasst werden, der benötigt wird, um die noch ausstehenden Cum-Cum-Fälle aufklären zu können.
„Die Finanzskandale müssen systematisch aufgeklärt und die Schlupflöcher geschlossen werden.“
Außerdem wird die Bundesregierung aufgefordert, die Ermittlungsarbeit der Behörden in Cum-Cum-Fällen zu unterstützen. Finanzbehörden in Bund und Ländern sollen angewiesen werden, Finanzinstitute im Hinblick auf Fälle schwerer Steuerhinterziehung wie Cum-Cum mit höchster Priorität zu prüfen.
An einem Beispiel machte Beck klar, was Steuerausfälle in Höhe von 28,5 Milliarden Euro bedeuten: "Davon könnte man neun Jahre lang in Ballungsräumen den sozialen Wohnungsbau verdoppeln." Es gehe hier auch um das Vertrauen in die Demokratie. Daher müsse die Bundesregierung die Fristverlängerung auf den Weg bringen, damit die Ermittlungen länger gehen können, weil die Zeit dafür offenbar nicht gereicht habe.
Finanzministerium sieht in Cum-Cum-Strukturen einen Gestaltungsmissbrauch
Matthias Hiller (CDU) erklärte, das Bundesfinanzministerium sehe in den Cum-Cum-Strukturen einen Gestaltungsmissbrauch. In Hessen gebe es die erste Anklageerhebung vor einem Gericht wegen Cum-Cum. "Die Aufklärung und die gerichtliche Aufarbeitung der Cum-Cum-Geschäfte ist von großem öffentlichen Interesse und muss effizient vorangetrieben werden", forderte Hiller. Den Antrag der Grünen kritisierte der CDU-Abgeordnete wegen inhaltlicher Fehler. Zum Beispiel müssten die Banken die Unterlagen länger aufbewahren als in dem Antrag dargestellt werde.
Das Vertrauen in den Rechtsstaat sei durch die Cum-Ex- und Cum-Cum-Skandale über Jahre hinweg schwer erschüttert worden, beklagte Diana Zimmer (AfD). Denn es gehe nicht um Bagatelldelikte, sondern um organisierte Steuerhinterziehung, die von politischen Netzwerken gedeckt worden sei. Die AfD-Politikerin begrüßte den Antrag der Grünen, weil er in der Sache richtig sei. Gerade während der Amtszeit von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sei vertuscht und nicht aufgeklärt worden.
Ende 2023 wurden noch 240 Cum-Cum-Fälle bearbeitet
Parsa Marvi (SPD) nannte Cum-Ex und Cum-Cum "einen gezielten und organisierten Angriff auf unser Steuersystem". Ende 2023 hätten sich 240 Cum-Cum-Fälle mit einem Volumen von sieben Milliarden Euro in Bearbeitung befunden. In 76 Fällen seien die Verfahren abgeschlossen worden, was zu einer Rückforderung von 200 Millionen Euro an Kapitalertragsteuer geführt habe. Marvi wies aber unter anderem darauf hin, dass Belege nicht vernichtet werden dürften, wenn sie Gegenstand eines laufenden Ermittlungsverfahrens seien. Laufende Ermittlungsverfahren würden somit weder beeinträchtigt noch erschwert, stellte er fest.
Isabelle Vandre (Die Linke) warf Banken vor, mit kriminellen Cum-Ex- und Cum-Cum-Geschäften nach Schätzungen 38 bis 40 Milliarden Euro Steuern hinterzogen zu haben. Das Geld fehle zum Beispiel zum Bau von Schulen und Kitas und für bezahlbare Wohnungen. "Die Finanzskandale müssen systematisch aufgeklärt und die Schlupflöcher geschlossen werden", forderte Vandre.