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Erben in Deutschland : Glückliche Erben

Die Abgeordnete debattieren gegensätzliche Anträge zur Erbschaftssteuer von Linken und AfD.

26.06.2023
2024-01-24T13:33:20.3600Z
3 Min

In Deutschland wächst die "Generation Erben" heran. Da die Vermögen privater Haushalte zwischen 2017 und 2021 stark gestiegen sind, wird auch immer mehr vererbt. So erhöhte sich nach Angaben der Bundesbank das durchschnittliche Nettovermögen der Haushalte zwischen 2017 und 2021 um 83.600 Euro auf 316.500 Euro. Besonders die Reichen werden immer reicher. Den reichsten zehn Prozent der privaten Haushalte (mindestens 725.900 Euro Nettovermögen) gehören etwa 56 Prozent des gesamten Nettovermögens, etwas mehr als 2017 (55 Prozent). "Häuser, Yachten, Aktien, Firmenanteile können viele Glückliche zum Teil leistungslos einstreichen", erklärte Christian Görke, finanzpolitischer Sprecher der Linksfraktion am vergangenen Donnerstag im Bundestag, wo es um zwei völlig gegensätzliche Anträge zur Erbschaftsteuer ging. Während die Linke eine Streichung aller Vergünstigungen für große Unternehmenserbschaften verlangt, damit Milliardäre höher belastet werden, fordert die AfD-Fraktion die vollständige Streichung der Erbschaftsteuer. Beide Anträge wurden zur weiteren Beratung an den Finanzausschuss überwiesen.

Linke kritisiert Schlupflöcher

Laut Görke werden jedes Jahr Vermögen von rund 400 Milliarden Euro vererbt. Viele Erbschaften würden steuerfrei eingestrichen. Gerecht wäre es jedoch, wenn die, die viel erben, auch viel Steuern zahlen würden. Es sei jedoch genau andersherum: "Je fetter das Erbe, desto mickriger der Steuersatz", kritisierte Görke. Wären die Schlupflöcher geschlossen worden, hätte dies staatliche Mehreinnahmen von 70 Milliarden Euro bedeutet. Durch die von Reichen genutzten Schlupflöcher sei die Erbschaftsteuer zu einer "Dummensteuer" geworden. Die Privilegien für Reiche müssten gestrichen werden.


„Wenn man sich nur noch durch Erben eine Wohnung oder eine eigene Immobilie ermöglichen kann und nicht mehr durch seine eigene Leistung, dann haben wir ein gesellschaftliches Problem.“
Katharina Beck (Bündnis 90/Die Grünen)

Tim Klüssendorf (SPD) erkannte positive Aspekte in dem Antrag der Linken, wandte sich aber dagegen, alle Ausnahmen zu streichen. Es gehe auch darum, Arbeitsplätze zu erhalten. Der kleine Handwerksbetrieb müsse anders behandelt werden als ein Großkonzern. Aber ebenso wie Görke kritisierte Klüssendorf, dass Stiftungen zur Steuervermeidung gegründet würden und minderjährige Kinder als Erben von Millionenvermögen eingesetzt würden, weil sie ohne eigenes Vermögen von der Erbschaftsteuer befreit seien.

Christian Freiherr von Stetten (CDU) warf der SPD-Fraktion vor, dem Antrag der Linken eigentlich zustimmen zu wollen, was auf Kosten von Arbeitsplätzen gehen würde. Es sei daher gut, dass es keine rot-rote Mehrheit im Bundestag gebe. Von Stetten warf der Linksfraktion vor, eine Neiddebatte gegen Milliardäre anzetteln zu wollen. Statt Familienunternehmen weiter zu belasten, seien zum Erhalt von Arbeitsplätzen steuerliche Entlastungen erforderlich.

Katharina Beck (Grüne) wies darauf hin, das die vermögendsten ein Prozent der Bevölkerung mehr Vermögen hätten als 90 Prozent der Menschen zusammen. Eine zu hohe ungleiche Vermögensverteilung führe zu einem Auseinanderdriften der Gesellschaft. Wenn man nur noch durch Erben zu einer eigenen Wohnung kommen könne und nicht mehr durch eigene Leistung, "dann haben wir ein gesellschaftliches Problem".

Claudia Raffelhüschen (FDP) nannte den Antrag der Linken "volkswirtschaftlichen Unsinn". Die Bevölkerung werde bewusst in die Irre geführt. Die aktuelle Erbschaftsteuer sei reformbedürftig. Daher fordere die FDP eine Erhöhung der seit 2009 nicht mehr angehobenen Freibeträge. So müssten selbst Erben von Einfamilienhäusern inzwischen Erbschaftsteuer zahlen. Die Freibeträge sollten um 25 Prozent erhöht und in Zukunft automatisch an die Inflation angepasst werden.


„Wir kämpfen für die Menschen, die notwendige Erhöhung der Freibeträge und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer.“
Albert Füracker (CSU)

Neben nicht angehobenen Freibeträgen hat eine zum Jahresbeginn 2023 eingeführte höhere Bewertung von Immobilienbesitz im Erbfall dazu geführt, dass es in Gegenden mit hohen Immobilienpreisen zu erheblichen Erbschaftsteuerbelastungen kommen kann. Dagegen klagt die bayerische Staatsregierung vor dem Bundesverfassungsgericht. "Wir kämpfen für die Menschen, die notwendige Erhöhung der Freibeträge und eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer", so der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU).

Kay Gottschalk (AfD) warf der Linken vor, die Partei der Enteignung zu sein. Die Ausnahmeregelungen bei der Erbschaftsteuer hätten dazu geführt, dass Tausende von Arbeitsplätzen erhalten geblieben seien. Die AfD habe dagegen einen Antrag gestellt, der so "einfach wie genial" sei. Die Erbschaftsteuer sei ein Substanzsteuer, die nicht auf die Leistungsfähigkeit abstelle und gehöre daher abgeschafft.

AfD sorgt sich um höher ausfallende Erbschaftssteuer

In ihrem Antrag weist die Linke darauf hin, dass der durchschnittliche Steuersatz bei Erbschaften und Schenkungen unter 20 Millionen Euro von 2011 bis 2020 neun Prozent betragen habe. Ab 20 Millionen Euro habe der durchschnittlichen Steuersatz auf Erbschaften und Schenkungen hingegen nur noch 2,8 Prozent betragen.

Die AfD prognostiziert in ihrem Antrag, angesichts der stark gestiegenen Immobilienpreise werde es zu signifikanten Erhöhungen der Erbschaftssteuer kommen. In Einzelfällen seien Steigerungen bis zum 21-fachen der heute zu zahlenden Steuer zu erwarten.