Kennzeichnungspflicht : Tierwohllabel kommt später
Der Bundestag stimmt für eine verlängerte Übergangsfrist für Landwirte und Handel, doch die Kritik an der Tierhaltungskennzeichnung bleibt bestehen.
Die Pflicht zur Kennzeichnung von frischem, unverarbeiteten Schweinefleisch aus Deutschland je nach Art der Tierhaltung wird verschoben. Statt wie von der Ampel-Regierung geplant am 1. August 2025 soll das staatliche Tierhaltungslogo nun erst am 1. März 2026 starten.
Den Bundesländern, die das Gesetz umsetzen und kontrollieren sollen, und der Lebensmittelwirtschaft werde mehr Zeit eingeräumt. Zudem wollen Union und SPD das Gesetz grundsätzlich ändern und das Logo ausweiten, etwa auf weitere Fleischarten sowie auf Restaurants und Kantinen, heißt es in der Begründung des Gesetzes zur Änderung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes, das die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD eingebracht haben.
Fünf Haltungsstufen sollten für mehr Transparenz bei den Verbrauchern sorgen
In einer Debatte im Schnelldurchgang stimmte der Bundestag am späten Donnerstagabend mit der Regierungsmehrheit von CDU/CSU und SPD, bei Ablehnung durch Grüne, Die Linke und AfD, für die im Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat geänderte Fassung.

Artgerechte Schweinehaltung: Mit dem Tierwohllabel soll frisches Schweinefleisch transparent und verbraucherfreundlich gekennzeichnet werden.
Verbesserungen in der Tierhaltung waren ein zentrales Ziel des früheren Bundeslandwirtschaftsministers Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen). Vor fast genau zwei Jahren, am 16. Juni 2023, ist das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz vom Bundestag verabschiedet worden. Es sieht die schrittweise Einführung der Kennzeichnung von Lebensmitteln tierischen Ursprungs vor.
Ab August 2025 sollte zunächst frisches Schweinefleisch verpflichtend mit einem staatlichen Tierwohllabel versehen sein. Die insgesamt fünf Haltungsstufen "Stall", "Stall+Platz", "Frischluftstall", "Auslauf/Weide" und "Bio" sollten für mehr Transparenz bei den Verbrauchern sorgen. Doch bei der Umsetzung des Gesetzes hakte es, und es gab erhebliche Widerstände bei Wirtschaft- und Naturschutzverbänden sowie bei den Bundesländern, die das Gesetz am liebsten komplett gestrichen hätten.
Koalition will Gesetz grundlegend reformieren und so “praxistauglich” machen
Die schwarz-rote Bundesregierung will die Kennzeichnung nun grundsätzlich reformieren, um sie "praxistauglich zu gestalten und auf das Tierwohl auszurichten". Konkret soll es "klarere" Formulierungen und eine bundeseinheitliche Ausgestaltung des Kriterienkatalogs bei den Haltungsformen "Stall+Platz" und "Frischluftsstall" geben. Außerdem soll sichergestellt werden, dass bei Tieren aus dem Ausland, die in Deutschland aufgezogen werden, zumindest die gesetzlichen deutschen Standards eingehalten werden müssen, insbesondere im Hinblick auf die betäubungslose Ferkelkastration, Kastenstand und Abferkelstand.
Die staatlichen Förderungskriterien für Stallumbauten hin zu "Frischluftstall", "Auslauf/Weide" und "Bio" sollen dahingehend formuliert werden, dass sie auch tatsächlich in Anspruch genommen werden können. Schließlich soll sich die Regierung auf europäischer Ebene für die Etablierung eines vergleichbaren Systems einsetzen, um eine Benachteiligung der heimischen Landwirtschaft auf dem europäischen Binnenmarkt zu vermeiden.

„Rechtzeitig zum derzeit stattfindenden Bauerntag, wird die Verschiebung des Gesetzes zur Tierhaltungskennzeichnung durch das Parlament gepeitscht.“
Vor allem die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen kritisierte nicht nur das vorliegende Gesetz, sondern auch die Art und Weise, wie mit dem Thema Umbau der Tierhaltung im Bundestag umgegangen werde. "Um 23 Uhr, im Schnellverfahren und genau rechtzeitig zum derzeit stattfindenden Bauerntag, wird die Verschiebung des Gesetzes zur Tierhaltungskennzeichnung durch das Parlament gepeitscht", sagte Zoe Mayer. Den Gesetzentwurf nannte Mayer einen "Schaufensterantrag", weil immer noch nicht geklärt sei, wie der Umbau finanziert werde.
Aktuell ist vorgesehen, das Geld - 1,5 Milliarden Euro für den Stallumbau - aus dem Kernhaushalt zu nehmen, anstatt eine Umlage einzuführen. Bereits vor Jahren habe die Borchert-Kommission dazu entsprechende Vorschläge gemacht, und auch die Anhebung der Mehrwertsteuer für Fleischprodukte sei eine Möglichkeit.
Fristverlängerung laut SPD notwendig, um Klarheit und Transparenz zu sichern
Franziska Kersten (SPD) hingegen verteidigte den Gesetzentwurf. Die Regierung habe das Gesetz nachgebessert, weil es "zu kurz gegriffen hat", deshalb komme nun "eine staatliche Tierkennzeichnung, unabhängig von der Wirtschaft". Das sei wichtig, weil es bereits mehrere Labels gebe, aber der Verbraucher erhalte nun "Klarheit" und "Transparenz", das werde "von der Verbraucherseite seit Jahren eingefordert". Gute Haltungsformen seien nicht nur für Hersteller und Konsumenten wichtig, sondern "das sind wir auch den Tieren schuldig". Vor allem die Bundesländer hielten die Fristen im alten Gesetz für zu kurz, deshalb werde das Vorhaben um einige Monate verschoben.

Der Agrarausschuss stimmt für die Einführung des verpflichtenden Tierwohllabels, doch die geplante Agrarreform der Bundesregierung steht vor weiteren Änderungen.

Beim Fleischkauf im Supermarkt informiert künftig ein staatliches Label über die Form der Tierhaltung. Minister Özdemir spricht von "Gesamtkunstwerk".
Danny Meiners (AfD) lehnte das Gesetz und die Nachbesserung ab. In drastischen Worten gab er zu verstehen, was er von dem Vorhaben hält: "Aus Mist kann man kein Gold machen", begründete er seine Absage. Das Gesetz sei ein "Bürokratiemonster", das Landwirten und Behörden mit immer neuem Aufwand konfrontiere. Damit gehe das Gesetz "komplett an der Realität vorbei", darauf habe die AfD-Fraktion in der Erarbeitung des Gesetzes immer wieder hingewiesen. Erst nach "massivem Druck aus Betrieben, Verbänden und Bundesländern" sei das Gesetz verändert worden, jedoch könne die AfD auch dem neuen Ergebnis nicht zustimmen.