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Kurz notiert

04.03.2013
2023-08-30T12:23:55.7200Z
4 Min

Die Bezeichnung "Söldner" hört George Cypriano Bühler nicht so gerne. Er nennt sich lieber "Contractor" oder "Operator" und er fahre "unter fremder Flagge". Einfacher ausgedrückt: Der Mann verdient sein Geld mit dem bewaffneten Schutz von Frachtschiffen gegen Piratenüberfälle auf den Weltmeeren - vor allem in den Gewässern am Horn von Afrika. Seine Erfahrungen in dieser bis vor einigen Jahren noch weitgehend unbekannten Branche hat der Norddeutsche aus Cuxhaven jetzt in einem Buch verarbeitet.

Eine politische oder rechtliche Analyse der Piraterie und ihrer Bekämpfung hat der Autor nicht vorgelegt, auch wenn er diese Aspekte durchaus anspricht. Hier berichtet ein Mann aus der Praxis - über Feuergefechte mit Piraten oder Auseinandersetzungen mit eigenwilligen Kapitänen. Seine Geschichten sind durchaus spannend, aber in weiten Passagen auch langatmig und mit Anekdoten und autobiografischen Details gespickt, die von der eigentlichen Problematik des Buches ablenken.

Erlernt hat Bühler das Waffenhandwerk als Zeitsoldat bei den Marineschutzkräften, einer kleinen Eliteeinheit der Bundeswehr. Und Bühler verbreitet auf den 280 Seiten seines Buches hier und da den Flair von testosterongeschwängertem Abenteurertum. Doch dies verschafft dem Leser immerhin einen authentischen Einblick in einen Konflikt, "von dem sich die klugen Kritiker und Journalisten in ihren gemütlichen Büros oft gar keine konkrete Vorstellung mehr machen", wie er schreibt. Ein unreflektierter Haudrauf ist er deswegen aber nicht. So erteilt Bühler der Vorstellung, das Piratenproblem ließe sich allein mit militärischen Mitteln in den Griff bekommen, eine klare Absage. Umgekehrt lässt er keinen Zweifel daran, dass er den Einsatz bewaffneter Sicherheitskräfte auf den Schiffen trotz der damit verbundenen Probleme als erfolgreich einschätzt. Piraten würden ihre Angriffe gegen ein Schiff meistens abbrechen, wenn es über Sicherheitskräfte an Bord verfügt. Als ergänzende Lektüre zur Problematik Piraterie ist das Buch durchaus zu empfehlen.

George Cypriano Bühler:

Kampf den Piraten. Mein Einsatz unter fremder Flagge.

Econ Verlag, Berlin 2013; 281 S., 18 €

Eine bunte Mischung unterschiedlichster Persönlichkeiten versammeln die Herausgeber zwischen zwei Buchdeckeln: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und die Kommunistin Sahra Wagenknecht, den früheren WikiLeaks-Sprecher Daniel Domscheit-Berg und den gescheiterten schleswig-holsteinischen CDU-Hoffnungsträger Christian von Boetticher, "den versöhnten Sohn" Walter Kohl und Carsten Maschmeyer, außerdem Wissenschaftler und Journalisten. Sie wurden allesamt von Studierenden der Medienwissenschaften interviewt.

Bereits in ihrem Vorwort stimmen die Herausgeber das Klagelied an: der Parlamentarismus in Europa habe ausgedient, stattdessen würden die internationalen Finanzmärkte den gewählten Regierungen ihre politischen Entscheidungen diktieren. "Lobbys und Seilschaften infiltrieren die Büros von Abgeordneten und Beamten. Affären und Rücktritte bringen den Beruf des Politikers in Misskredit". Aber reichen die vorhandenen Krisensymptome aus, um das "Ende der Republik" herbei zu schreiben und von einer "Maschinerie der Repräsentation" zu sprechen? Die Herausgeber stellen fest, dass wir im Zuge der digitalen Revolution und der internationalen Finanzkrise eine bislang nicht gekannte neue Macht der Medien und Märkte erleben, die die politischen Entscheidungsträger zunehmend in die Defensive drängen: Anstatt programmatisch zu gestalten, würden sie von den Medien zu einer Vermeidungshaltung getrieben.

Trifft diese Beobachtung auf alle Politiker gleichermaßen zu? Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann würdigt die Programmparteien in Deutschland und hält wenig vom Konstrukt "Wutbürger". Auch der jüngst verstorbene Stephane Hessel, Autor des Appells "Empört Euch", vertrat in seinem Beitrag des Bandes die Meinung, dass die protestierenden Bürger die Bedeutung der Parteien für den politischen Willensbildungsprozess nicht ignorieren sollten. Bei aller Kritik war Hessel Optimist: er glaubte an die "Zukunft der Menschheit".

Bernhard Pörksen, Wolfgang Krischke (Hrsg.):

Die gehetzte Politik. Die neue Macht der Medien und Märkte.

Herbert von Halem, Köln 2013; 355 S., 19,80 €