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Kurz notiert

17.06.2013
2023-08-30T12:24:01.7200Z
6 Min

Lammert würdigt Jens als herausragende Persönlichkeit

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat den verstorbenen Philologen Walter Jens als herausragende Persönlichkeit und Intellektuellen gewürdigt. In einem Kondolenzbrief an dessen Witwe schreibt er: "Als Schriftsteller, Übersetzer, Literaturhistoriker und Kritiker war er geschätzt, gelegentlich gefürchtet, als gläubiger Protestant und Pazifist einflussreich in den gesellschaftlichen Debatten." Sein Selbstverständnis als Moralist habe die Streitkultur nachhaltig geprägt.

Oppositionsanträge zur Alphabetisierung abgelehnt

Die Oppositionsfraktionen sind mit ihren Vorstößen zur Alphabetisierung und Grundbildung gescheitert. Der Bundestag lehnte am vergangenen Donnerstag die Anträge der SPD (17/9564, 17/12724), der Linken (17/8766) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/8765) mit der Stimmenmehrheit von CDU/CSU und FDP ab. Die Opposition hatte unterschiedliche Programme von Bund und Ländern zur Reduzierung von Analphabetismus gefordert. In Deutschland leiden rund 7,5 Millionen Menschen an funktionalem Analphabetismus, rund 2,3 Millionen gelten als Analphabeten im engeren Sinn.

Keine Mehrheit für Anträge zum Bafög und Hochschulen

Der Bundestag hat am vergangenen Donnerstag fünf Anträge der SPD (17/11823, 17/9576), der Linken (17/11824, 17/6372) und der Grünen (17/7026) zum Ausbau des Bafögs und zur bundesweiten Abschaffung von Studiengebühren mit der Stimmenmehrheit von CDU/CSU und FDP abgelehnt. Keine Mehrheit fanden auch die Anträge der SPD (17/12690), der Linken (17/10861) und der Grünen (17/9173) zur Aufstockung des Hochschulpaktes und für eine bundesweite gesetzliche Regelung des Hochschulzugangs.

SPD fordert gesetzlich geregelte Netzneutralität

Der Charakter des Internets als freies und offenes Medium soll gestärkt werden. Daher sollen die Netzneutralität und Diskriminierungsfreiheit nach dem Willen der SPD-Fraktion gesetzlich geregelt werden. In einem Antrag (17/13892) fordert sie die Bundesregierung auf, die Gewährleistung der Netzneutralität als eines der Regulierungsziele im Telekommunikationsgesetz (TKG) verbindlich zu regeln. Grundsätzlich müssten alle Datenpakete im Internet gleich behandelt werden. Kein Datenpaket dürfe wegen Inhalt, Dienst, Anwendung, Herkunft oder Ziel diskriminiert werden.

Linken-Antrag zum Bildungspaket abgelehnt

Die Linksfraktion ist mit ihrer Forderung nach einer Reform des Bildungs- und Teilhabepaketes gescheitert. Der Bundestag lehnte den Antrag (17/13194) mit den Stimmen der CDU/CSU und FDP ab. Die Linke hatte einen "bedarfsgerechten Ausbau" des Paktes und die Aufhebung des Kooperationsverbotes im Bildungsbereich gefordert.

Es ist ein eher ernüchterndes Fazit, das der deutsche Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk zieht: Der 17. Juni 1953 habe für die meisten Deutschen "nicht nur überhaupt keine Bedeutung". Nach der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten habe er selbst noch die formale Bedeutung als ehemaliger Feiertag in der Bundesrepublik verloren. Weder in Ost- noch in Westdeutschland habe es gegen diese Entscheidung Proteste gegegeben. Dies zeige ein auf den Staat orientiertes Geschichtsbewusstsein. Der 3. Oktober als Tag der Einheit stehe für staatliches Handeln. "Die Geschichte der Macht wird häufig genug mit Geschichte überhaupt verwechselt", stellt er in seinem schmalen Band über den 17. Juni 1953 fest.

Kowalczuk zeigt in seiner detaillierten und lebendig geschriebenen Darstellung, dass der Volksaufstand in der DDR zu den "wenigen revolutionären Massenbewegungen in der deutschen Geschichte" zählt. Etwa eine Million Menschen beteiligten sich in über 700 Orten der DDR. Und im Gegensatz zu den Revolutionen von 1848 und 1918/19 habe der 17. Juni 1953 mit dem Mauerfall von 1989 eine "unverhoffte Vollendung" gefunden.

Der Historiker plädiert deshalb für eine Verankerung des 17. Juni in der europäischen Erinnerungskultur. Der Volksaufstand stehe als revolutionäre Bewegung für einen demokratischen Verfassungsstaat, er habe in einer Diktatur Grenzen zu überwinden beabsichtigt und er erlebte in vielen Staaten vergleichbare Pendants. Zudem könne er als Beleg dafür gewertet werden, dass es sich "immer und überall lohnt, die Würde des Einzelnen zu verteidigen". Und er habe vor dem Hintergrund der Wendejahre 1989/90 eine besondere "Suggestionskraft" entwickelt. Insofern stehe der 17. Juni auch für das neue Europa, das solche Erzählungen und Mythen dringend benötige.

Kowalczuk hat anlässlich des 60. Jahrestages nicht nur eine lesenswerte historische Abhandlung vorlegt, sondern eine überfällige Ehrenrettung für einen fast vergessenen Feiertag.

Ilko-Sascha Kowalczuk:

17. Juni 1953

Verlag C.H. Beck, München 2013; 128 S., 8,95 €

Obwohl der Kalte Krieg seit mehr als 20 Jahren vorbei ist, prägt seine Hinterlassenschaft bis heute die Sicherheitslage weltweit. Verantwortlich dafür ist das "Sicherheitsethos" der USA. Zu diesem Ergebnis kommt ein internationaler Historikerkreis in einem Sammelband über das "Erbe des Kalten Krieges". Vor allem der "Krieg gegen den Terror" habe das Paradigma des Kalten Krieges reaktiviert, schreibt der Militärhistoriker Sean N. Kalic. So habe die Bush-Administration bewusst die Ideen und die Begrifflichkeiten aus dem Ost-West-Konflikt übernommen, um alte Ängste lebendig zu halten. Die Suche nach einem neuen Feindbild habe erst am "11. September" geendet, seitdem hätten die USA wieder eine veritable Begründung und Legitimation für ihre globale Militärpräsenz. Im Zuge der "imperialen Präsidentschaft" von George W. Bush sei das System der "checks and balances" zu Gunsten der Exekutive ausgehöhlt worden.

Nicht nur die frühere Außenministerin Madeleine Albright ist davon überzeugt, dass es sich bei den USA um eine "unverzichtbare Nation" handelt. Tatsächlich pflegen amerikanische Politiker spätestens seit den 1890er Jahren ein einzigartiges Ethos: Danach seien die USA in höherem Auftrag unterwegs, um die Welt zu verbessern und zu retten, erinnert William O. Walker. Der "nationale Sicherheitsstaat" und das "Sicherheitsethos" dominierten bis heute das politische Denken und Handeln der politisch Verantwortlichen, für US- Außenpolitiker sei die unipolare Vorherrschaft ein "selbstverständliches Recht" der USA. Nach dem Ende des Kalten Krieges, in dem die Sowjetunion Washington "gebremst" habe, bestünde jetzt die Chance, die Macht der USA auszubauen, zum Beispiel über eine Erweiterung der US-Basen. So unterhielten die Vereinigten Staaten Ende 2001 mehr als 700 Militäreinrichtungen in 38 Ländern, zugleich waren über 500.000 Militärangehörige in 153 Staaten stationiert. Unterdessen beruhigt Bernd Greiner die Gemüter: Es sei unwahrscheinlich, dass sich die alten und neuen Supermächte heutzutage aus ideologischen Gründen zu Feinden erklären.

Bernd Greiner, Tim B. Müller, Klaas Voß (Hg.):

Erbe des Kalten Krieges

Hamburger Edition, Hamburg 2013; 507 S. 36 €