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Kurz notiert

01.07.2013
2023-08-30T12:24:02.7200Z
5 Min

Digitalisierung verwaister Werke wird vereinfacht

Die Digitalisierung und Veröffentlichung von Werken, deren Rechteinhaber unbekannt sind, wird Bibliotheken, Archiven und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gestattet. Der Bundestag verabschiedete am vergangenen Donnerstag einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/13423) mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen. Abgelehnt hingegen wurden zwei Gesetzentwürfe der SPD (17/5053, 17/3991) zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes sowie zwei Anträge der Grünen (17/4695, 17/7031) für den Zugang zu verwaisten Werken und zu den Ergebnissen öffentlich geförderter Forschung.

Regierung soll deutsche Sprache stärker fördern

Die Bundesregierung soll ihre Anstrengungen zur Förderung der deutschen Sprache verstärken. Der Bundestag verabschiedete am vergangenen Donnerstag einen entsprechenden Antrag von CDU/CSU und FDP (17/14114) gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen. Unter anderem soll die Regierung in Abstimmung mit den Bundesländern bundesweit vergleichbare Sprachstandtests für alle Kinder im Alter von vier Jahren einzuführen. Im Bedarfsfall müssten Sprachprogramme außer- und innerhalb der Schulen angeboten werden. aw

Schutz von Kulturgütern soll verbessert werden

Der Schutz von Kulturgütern im Fall von Naturkatastrophen und anderen Notfällen soll verbessert werden. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag einen entsprechenden Antrag (17/14115) von CDU/CDU und FDP mit den Stimmen der Koalition und der Linksfraktion bei Enthaltung von SPD und Grünen. So soll die Bundesregierung unter anderem mit den Ländern die Einsetzung eines Verantwortlichen auf Bundesebene zu prüfen, der den Schutz bedrohter Kulturgüter im Katastrophenfall koordiniert. aw

Kooperationsverbot wird nicht aufgehoben

Die Oppositionsfraktionen sind mit ihren Initiativen zur Aufhebung des Kooperationsverbotes zwischen Bund und Ländern in der Bildungspolitik und einer entsprechenden Grundgesetzänderung gescheitert. Die Anträge der SPD (17/8455), der Linksfraktion (17/785, 17/6094) und von Bündnis 90/Die Grünen (17/1984,17/8902,17/9565) lehnte der Bundestag am Donnerstag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP ab.

Initiativen zur Absicherung von Künstlern abgelehnt

Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen haben keine Mehrheiten für ihre Forderungen nach einer Ausstellungsvergütung für Künstler erhalten. Der Bundestag lehnte die beiden Anträge der Opposionsfraktionen (17/8379, 17/6346) mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP ab. Ebenso abgelehnt wurden Anträge der SPD (17/11832) und der Grünen (17/7825, 17/12067), die auf eine Verbesserung der sozialen Absicherung von Kreativschaffenden und Lehrbeauftragten an Musik- und Theater-Hoschulen abzielten.

Unterstützung für Kultur- und Kreativwirtschaft

Der Bundestag unterstützt die Initiative der Bundesregierung zur Kultur- und Kreativwirtschaft. Gegen die Stimmen der Oppositonsfraktionen verabschiedete das Parlament den entsprechenden Antrag von CDU/CSU und FDP (17/12383) am vergangenen Donnerstag. Einen Antrag der SPD (17/12382), die einen Kreativpakt forderte, wurde hingegen abgelehnt.

Positives Votum für "Campus der Demokratie"

Der Bundestag spricht sich für die Errichtung eines "Campus der Demokratie" in der ehemaligen Stasi-Zentrale in Berlin aus. Eine entsprechende Beschlussempfehlung des Kulturauschusses (17/13698) nahm der Bundestag am vergangenen Donnerstag mit den Stimmen von CDU/CSU und FDP gegen das Votum der Opposition an. Abgelehnt wurde der Antrag (17/14109) von SPD und Grünen, in dem sie die Einsetzung eines Expertengremiums fordern, dass Vorschläge für die Zukunft der Stasi-Unterlagenbehörde erarbeiten soll.

Der Deutsche Bundestag rehabilitierte im Jahr 2009 die wegen "Kriegsverrats" verurteilten Wehrmachtssoldaten. Einen Sonderfall stellte das Todesurteil gegen Anton Schmid dar, wie der Historiker Wolfram Wette in seinem herausragenden und sehr bewegenden Buch betont. Es gebe keinen vergleichbaren Fall, in dem ein Soldat von einem Kriegsgericht zum Tode verurteilt worden sei, weil er sich über die Judenmorde empört und versucht hatte, Juden zu retten.

Anton Schmid war ein zwangsweise zum Kriegsdienst in der Wehrmacht verpflichteter österreichischer Handwerker und Einzelhandelskaufman. In Wilna, dem "Jerusalem des Ostens", rettete der Wiener bis zu 300 Juden das Leben. Schmid habe es als frommer Katholik als seine Christenpflicht angesehen, den verfolgten Juden zu helfen, berichtete Simon Wiesenthal aus seinen Gespräche, die er nach dem Krieg mit von Schmid Geretteten führen konnte. Auch in seinem letzten Brief, den der Feldwebel vor seiner Hinrichtung am 13. April 1942 seiner Frau schrieb, begründete der zum Tode verurteilte sein Handeln mit seinem Glauben.

Wette, früher am Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Freiburg tätig, wurde bekannt mit seinen kritischen Studien über den deutschen Militarismus und den Vernichtungskrieg der Wehrmacht an der Ostfront. Er entlarvte die These von der "sauberen" Wehrmacht im Unterschied zur Waffen-SS als Legende und lobte die Zivilcourage der sogenannten "Kriegsverräter". Wette nennt die wenigen deutschen Soldaten beim Namen, die versucht hatten, Juden zu retten. Schonungslos deckt er auf, dass der "Rettungswiderstand" nach dem Krieg lange tot geschwiegen wurde.

Schmid wurde als einer der ersten Deutschen respektive Österreicher 1967 vom Staat Israel als "Gerechter unter den Völkern" geehrt. 33 Jahre später folgte eine offizielle Würdigung in Deutschland: in Rendsburg wurde eine Bundeswehr-Kaserne nach Schmid benannt - als sichtbares Zeichen eines neuen Traditionsverständnisses im deutschen Militär.

Wolfram Wette:

Feldwebel Anton Schmid. Ein Held der Humanität.

Verlag S. Fischer, Frankfurt/M. 2013; 312 S., 24,99 €

Seit 1990 sind nach Auffassung der Journalisten Andrea Röpke und Andreas Speit 183 Menschen in Deutschland durch rechtsextreme Gewalttäter getötet worden. Die Bundesregierung hingegen erkennt nur 63 Todesopfer an. Dies zeige, dass der Staat das Ausmaß von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit hierzulande weiterhin unterschätze, meinen die Herausgeber des Buches "Blut und Ehre". In dem empfehlenswerten Sammelband über die Geschichte rechtsextremer Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland von 1945 bis 2013 haben die Autoren alarmierende Zahlen zusammengetragen: Danach hat "jeder fünfte Deutsche ausländerfeindliche Überzeugungen" und "jeder achte antisemitische". Als Beleg verweisen die Autoren auf eine aktuelle Studie der Universität Leipzig. Sind aber tatsächlich 15 Millionen Deutsche ausländerfeindlich und zehn Millionen Antisemiten? Eine Überprüfung dieser Zahlen und der damit einhergehenden Thesen bleiben die Herausgeber schuldig.

Unmissverständlich fordern Röpke, Speit und andere Kenner der Neonazi-Szene ein Verbot der NPD. Sie begründen dies nicht zuletzt mit der staatlichen Parteienfinanzierung: allein im Jahr 2011 habe die NPD mehr als 1,3 Millionen Euro an Steuergeldern kassiert. Das sind fast 42 Prozent der Parteieinnahmen. Auch wenn man das rechtsextreme Gedankengut nicht durch ein Verbot beseitigen könne, müsse man die Finanzierung von Staats wegen nicht hinnehmen.

Dass es eine durch ganz Deutschland mordende rechtsextremistische Terrorzelle wie den NSU geben könnte, verwiesen Verfassungsschutz, Polizei und andere Experten lange ins Reich der Mythen. Umso aufschlussreicher sind die Berichte des Buches über die Arbeit der vier parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in drei Landtagen und im Bundestag. Als "inakzeptabel und unprofessionell" bewertet etwa CDU-Obmann Clemens Binninger die Arbeit des Generalbundesanwaltes. Und SPD-Obfrau Eva Högl bezeichnet die Ermittlungen der Sicherheitsbehörden als "eklatanten Dilettantismus".

Andrea Röpke, Andreas Speit (Hg.):

Blut und Ehre. Geschichte und Gegenwart rechter Gewalt in Deutschland.

Ch. Links Verlag, Berlin 2013; 286 S., 19,90 €