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Kurz notiert

24.03.2014
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"Vereinte Nationen!", rief US-Präsident Roosevelt. "Gut!", erwiderte Britanniens Premierminister Churchill und trat splitternackt aus dem Gästebadezimmer im Weißen Haus. Das Treffen fand im Dezember 1940 statt: Der Brite wollte mit den Amerikanern die weitere Zusammenarbeit im Kampf gegen Nazi-Deutschland besprechen. Roosevelt suchte nach Wegen, um das Bündnis seinen Landsleuten "schmackhaft" zu machen, schreibt Mark Mazower, Leiter des "Center for International History" der Columbia Universität in New York, in seinem neuen Buch. Um "Gefahren für die zivilisierte Welt" abzuwenden, dachte man damals in London über die Gründung einer internationalen Organisation nach. Im Unterschied zum gescheiterten Völkerbund sollte sie die USA dazu verpflichten, "nach dem Krieg gemeinsam mit uns als Weltpolizisten" aufzutreten, bis Ordnung und Sicherheit wiederhergestellt seien. Tatsächlich beendete Roosevelt den bisherigen isolationistischen Kurs der USA, entschied sich für eine Politik der Internationalisierung und stimmte der Gründung der Vereinten Nationen zu.

In seinem exzellenten Buch beschreibt Mazower, warum internationale Konferenzen und Organisationen, wie der Wiener Kongress von 1815, der Völkerbund oder die Vereinten Nationen ins Leben gerufen wurden und was zu ihrem Scheitern führte. Kritisch bewertet er die Wirklichkeit des Kalten Krieges, als die Großmächte USA und Sowjetunion das Völkerrecht entsprechend ihren nationalen und ideologischen Interessen instrumentalisierten.

Die Rolle internationaler Experten-Netzwerke und Nichtregierungsorganisationen (Global Governance) als Ersatz für die Vereinten Nationen lehnt der Historiker ab. Nachdrücklich plädiert er für den Erhalt der UNO, denn sie werde auch von der neuen Weltmacht China respektiert. Mazower fordert Regierende und Volksvertreter auf, ihren Auftrag wahrzunehmen und ihre Verantwortung nicht an Experten, Beamte und andere Akteure ohne politisches Mandat abzugeben.

Mark Mazower:

Die Welt regieren. Eine Idee und ihre Geschichte.

C.H. Beck Verlag, München 2013; 464 S., 27,95 €

Für ihr Buch "Der Gulag" erhielt die amerikanische Historikerin und Journalistin Anne Applebaum 2004 bereits den Pulitzer-Preis. Mit "Der Eiserne Vorhang" hat sie erneut ein empfehlenswertes Werk über die osteuropäische Tragödie vorgelegt. Obwohl die Thematik bereits in Hunderten wissenschaftlichen Studien und Artikeln bearbeitet wurde, gelingt es der Autorin auf Grund ihrer journalistischen Erfahrung, die Fakten unter Einbeziehung menschlicher Schicksale neu zu erzählen.

Anne Applebaum berichtete Ende der 1980er Jahre für den "Economist" und später für die "Washington Post" aus Warschau. In den Folgejahren beschäftigte sie sich mit der Entwicklung in den drei osteuropäischen Staaten DDR, Polen und Ungarn zwischen 1944 und 1956. Verheiratet ist die Direktorin des Legatum-Instituts in London mit dem polnischen Historiker und Außenminister Radek Sikorski.

Für ihr neues Buch nutzte Applebaum zahlreiche in Russland veröffentlichte neue Archivdokumente, außerdem recherchierte sie in den Archiven osteuropäischer Geheimdienste. Mit diesem Material kann sie beweisen, dass die Sowjetunion die Zivilgesellschaften in ihren Satellitenstaaten Osteuropas bewusst zerstörte. Nachdem dieses Ziel erreicht war, folgte die kommunistische Umerziehung.

Besonders eindrucksvoll sind die Berichte über die Juden, die den Holocaust überlebt hatten und anschließend in Osteuropa weiter diskriminiert wurden. Damit nicht genug: Als der Anführer der nationalistischen Ukrainischen Aufständischen Armee (UPA) realisierte, dass Nazi-Deutschland den Zweiten Krieg verlieren würde, trieb er die Gründung eines unabhängigen Staates in Südpolen und in der Westukraine voran. Rund 50.000 polnische Zivilisten, die in dem Gebiet lebten, wurden ermordet, Zehntausende flohen. Der ukrainische KP-Chef Nikita Chruschtschow setzte die Vertreibung der Polen aus den annektierten Gebieten fort. Zugleich schickte er 80.000 Westukrainer in den Gulag. Ihre Enkel demonstrieren heute auf dem Maidan in Kiew.

Anne Applebaum:

Der Eiserne Vorhang Die Unterdrückung Osteuropas 1944-1956

Siedler Verlag, München 2013, 639 S., 29,99 €