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leistungszentren : Im Dienst der Athleten

Der Spitzensport kann sich auf ein breit gefächertes Stützpunktsystem verlassen

25.07.2016
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4 Min

Nach Kienbaum kommen sie (fast) alle. Ob Leichtathleten, Turner, Kanuten oder Gewichtheber - so gut wie alle deutschen Medaillenhoffnungen für die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro bereiten sich in dem unweit von Berlin und doch mit ländlicher Ruhe gesegneten Bundesleistungszentrum (BLZ) vor. Mit den meisten Athleten steht Klaus-Peter Nowack auf Du und Du. Nowack ist der Geschäftsführer des BLZ Kienbaum und recht stolz auf seine Anlage. "Bei uns passt alles zusammen. Wir haben hier super Unterkünfte, super Verpflegung und optimale Trainingsbedingungen", sagt er.

Als Highlights führt Nowack unter anderem "die modernste Kunstturnhalle der Welt" auf, ein 8,4 Millionen teurer Neubau mit einer Länge von 74 Metern und einer Breite von 38 Metern sowie 2400 qm Trainingsfläche. Vom Institut für Angewandte Trainingswissenshaften (IAT) entwickelte Messeinrichtungen bieten in Kienbaum seit 2013 für Kugelstoßer sowie Diskus- und Speerwerfer optimale Analysemöglichkeiten. Dazu kommt die höchste Trainingshalle für Volleyball weltweit, hervorragende Wassersportbedingungen auf dem Liebenberger See, Radsportstrecken und Leichtathletikanlagen mit allem, was das Sprinter-, Geher- oder auch Langstreckenherz begehrt. Inklusive einer Minus-110-Grad-Kältekammer zur Regenerierung.

Die sagenumworbene Unterdruckkammer aus der Zeit, als die DDR-Athleten hier für die Medaillenjagd fitgemacht wurden, ist nur noch museal vorhanden. Wobei es das Wort Kammer nicht ganz trifft. Es gab durchaus großzügige Trainingsanlagen und Aufenthaltsräume, in denen das kostenintensive Höhentrainingslager im kapitalistischen Ausland simuliert wurde. Das braucht es inzwischen nicht mehr. Auch sonst erinnert nicht mehr viel an diese Zeit - alles in Kienbaum entspricht neuesten Standards.

Turnböden für Rio "Wir sind Dienstleister für die Athleten und Trainer und versuchen, deren Wünsche auch umzusetzen", sagt Klaus-Peter Nowack. Wettkampfnahe Bedingungen zu bieten, lautet das Ziel. Der Geschäftsführer macht es am Beispiel der Turner deutlich. "Die Turnböden müssen zu Rio passen", sagt er. "Der Boden, auf dem dort geturnt wird, den müssen wir natürlich auch hier haben." Schließlich gebe es unterschiedliche Härtegrade. "Da kann man auf dem einen 30 Zentimeter höher springen als auf dem anderen." Die Turner um Fabian Hambüchen und Marcel Nguyen, Medaillengewinner bei den Spielen 2012 in London, können sich freuen. Sie bereiten sich mit der kompletten Mannschaft in Kienbaum auf Rio vor. Das gleiche, so Nowack, gelte für die Kanuten, die mit der gesamten Mannschaft nach Kienbaum kommen, angeführt vom 2012-Olympiasieger Sebastian Brendel.

Diskus-Olympiasieger Robert Harting legte schon 2012 den Grundstein für seinen Erfolg im BLZ Kienbaum. Ebenso wie Kugelstoßer David Storl, Mehrkämpfer Rico Freimuth, Radsport-Olympiasiegerin Kristina Vogel und viele andere deutsche Top-Athleten holt er sich auch 2016 für die Spiele von Rio hier den Feinschliff.

Vom Bund gefördert Das Ganze gibt es natürlich nicht zum Nulltarif. 4,4 Millionen Euro an Steuermitteln hat der Bund allein im Jahr 2015 für Kienbaum locker gemacht, wie aus der Antwort der Bundesregierung (18/7795) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion hervorgeht. Das BLZ Kienbaum ist das einzige Bundesleistungszentrum, das komplett vom Bund gefördert wird - "in Abstimmung mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB)", wie Geschäftsführer Nowack betont. Angst davor, als Folge der geplanten Reform im Bereich der Spitzensportförderung die Mittel gekürzt zu bekommen, hat er nicht. "Wir haben die Unterstützung des Bundesinnenministeriums, des Bundestags und des DOSB", ist er sich sicher.

Neben Kienbaum existieren noch zwei weitere Bundesleistungszentren: Duisburg-Sport für den Kanurennsport und die Sportschule Hennef mit den Schwerpunkten Judo, Boxen und Ringen. Mit 700.000 Euro (Hennef) und 43.000 Euro (Duisburg) liegen die Kosten, die der Bund zudem auch nur teilweise trägt, deutlich unter dem, was Kienbaum jährlich verschlingt.

Zum sogenannten Stützpunktsystem des deutschen Sports gehören auch die Olympiastützpunkte (OSP), laut DOSB als "Betreuungs- und Serviceeinrichtungen für Bundeskaderathletinnen und -athleten sowie deren Trainerinnen und Trainer" gedacht. Derzeit existieren 19 Olympiastützpunkte - allein vier in Baden-Württemberg und drei in Nordrhein-Westfalen. 2015 wurden für die 19 Stützpunkte Steuermittel in Höhe von 45,7 Millionen Euro aufgewendet. Der Bund übernahm davon rund 70 Prozent (32,3 Millionen Euro).

Sportschulen Angebunden an die Olympiastützpunkte sind wiederum die Eliteschulen des Sports. An 43 Eliteschulen mit 108 Haupt-, Real- und Gesamtschulen sowie Gymnasien werden derzeit nach Angaben des DOSB mehr als 11.500 Talente gefördert. Das Konzept zeigt Erfolg. Von den 392 Mitgliedern der deutschen Olympiamannschaft 2012 sind 104 an Eliteschulen gefördert worden. Diese 26,6 Prozent stellten 34,9 Prozent (30 von 86) derjenigen Athleten, die in London eine Medaille gewannen.

Vor Rio hat der DOSB seine Zielvorstellungen bekannt gegeben. Mindestens 38 deutsche Medaillen sollen es sein. Zu verdanken wäre dies auch den BLZs, OSPs und Eliteschulen.