Vor 50 Jahren : Verfassungsschutz beginnt "Operation Müll"
Pflegt der Atomphysiker Klaus Traube Kontakt zur RAF? Um dem Verdacht nachzugehen, startet der Verfassungsschutz am 30. Dezember 1975 einen illegalen Lauschangriff.
Ein hochrangiger Atomphysiker mit Zugang zu Kernkraftanlagen und gefährlichem Material wie Plutonium steht in Kontakt mit Terroristen, denen jede Art von Anschlägen zugetraut wird. Was wie der Plot für einen James-Bond-Film klingt, war 1975 ein konkreter Verdacht des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV).
Nachdem die illegale Abhöraktion öffentlich wurde, verlangte Klaus Traube eine Gegenüberstellung mit Bundesinnenminister Werner Maihofer, um die gegen ihn vom Verfassungsschutz geäußerten Verdächtigungen zu widerlegen.
Der ins Visier geratene Atomwissenschaftler war der 47-jährige Klaus Robert Traube, Geschäftsführer der Siemens-Tochter Interatom, der in Verbindung zur RAF gestanden haben soll. Am 30. Dezember 1975 startete daher das BfV mit Wissen von Bundesinnenminister Werner Maihofer (FDP) und mithilfe des BND die "Operation Müll".
Nachrichtenmagazin “Spiegel” machte den illegale Lauschangriff 1977 publik
In der Nacht verschafften sich die Agenten Zutritt zu Traubes Haus bei Köln, brachten an dessen Schreibtisch eine batteriebetriebene Wanze an und fotografierten persönliche Unterlagen. Die Aktion war nicht von einem Richter genehmigt und somit verfassungswidrig.
Ergebnisse lieferte der illegale Lauschangriff keine, nach einigen Monaten wurde die Abhörtechnik - erneut heimlich - wieder abgebaut. Erst rund ein Jahr später kam das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" an Informationen über den Fall und deckte ihn im Februar 1977 auf.
Der Verdacht gegen Traube, inzwischen aus Sicherheitsgründen entlassen, wurde ausgeräumt. Innenminister Maihofer verlor zwar politisch an Rückhalt, blieb aber vorerst im Amt. Im Juni 1978 trat er zurück, allerdings mit Verweis auf Fahndungspannen während der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer durch die RAF.
Hintergründe zur RAF
Die frühere RAF-Terroristin Silke Maier-Witt erinnert sich in ihrem Buch voller Scham an die Gewalt des Jahres 1977. Den Opfern hilft die späte Einsicht nicht mehr.
Am 1. Februar 1984 begann der Gerichtsprozess gegen die RAF-Mitglieder Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt. Bis heute werfen die RAF-Verbrechen Fragen auf.
Am 22. Oktober 1971 wird der Polizeimeister Norbert Schmid von Mitgliedern der RAF erschossen. Trotz Gerichtsverfahren ist der Fall bis heute ungeklärt.