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coronakrise : Generalabrechnung mit dem Gesundheitsminister

Heftiger Streit über angeblich minderwertige Masken für besonders vulnerable Gruppen

14.06.2021
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3 Min

Die Vorwürfe haben es in sich, ob sie zutreffen, ist noch unklar. Die Opposition nahm vergangene Woche die sogenannte Masken-Affäre zum Anlass, um mit Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) politisch abzurechnen. Redner von Linken, Grünen, FDP und AfD zählten in einer von der Linksfraktion beantragten Aktuellen Stunde zahlreiche aus ihrer Sicht fehlerhafte Entscheidungen in der Coronakrise auf, die hätten vermieden werden müssen.

Auch Union und SPD gerieten aneinander. Die SPD forderte vom Koalitionspartner Aufklärung über die angeblich geplante Auslieferung minderwertiger Schutzmasken an Menschen mit Behinderung und Obdachlose. Redner der Union sprachen von haltlosen Vorwürfen, die offenbar dem Wahlkampf geschuldet seien.

Neuer Prüfmaßstab Anlass für die Debatte war ein Bericht im "Spiegel", demzufolge die Bundesregierung zu Beginn der Coronakrise 2020 Schutzmasken in China gekauft hat, die nicht den hohen Teststandards entsprachen. Das Gesundheitsressort habe die Masken auch für vulnerable Gruppen vorsehen wollen. Offenbar gab es zwischen dem SPD-geführten Arbeits- und Sozialministerium (BMAS) und dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) unterschiedliche Auffassungen über Prüfverfahren und Prüfstandards. Die SPD-Spitze hatte Spahn nach dem "Spiegel"-Bericht den Rücktritt nahegelegt. Spahn versicherte, die Sicherheit der Schutzmasken habe absolute Priorität und sei gewährleistet.

Laut einem "Faktenblatt" des BMG waren damals CE-zertifizierte Schutzmasken, die in Europa üblich sind, nicht verfügbar. Es sei daher ein besonderer Prüfmaßstab CPI für Masken aus China entwickelt worden. Der CPI-Prüfmaßstab des BMG sei hinsichtlich der wesentlichen Anforderungen an Masken vom Typ FFP deckungsgleich mit dem Prüfgrundsatz CPA des BMAS für den Arbeitsschutz. Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte hingegen in der ARD, es habe beim BMG den Versuch gegeben, Standards zu senken. Das habe er abgelehnt. In der Debatte äußerten sich Spahn und Heil nicht, sie verfolgten die Aussprache von der Regierungsbank aus.

Jan Korte (Linke) sagte, sollten die Vorwürfe zutreffen, wäre der Vorgang an politischer und menschlicher Verkommenheit nicht zu überbieten. Er erinnerte an die fragwürdige Beschaffung von Masken und offenkundige Betrugsfälle in Testzentren. Spahn habe nie die Verantwortung für Fehlentwicklungen übernommen. Das sei skandalös. Karin Maag (CDU) sagte, der Prüfmaßstab CPI sei wissenschaftlich abgesichert. Beide Verfahren, CPI und CPA, seien hinsichtlich des Infektionsschutzes deckungsgleich. CPI-Masken seien von Bund und Ländern millionenfach eingesetzt worden und könnten weiter eingesetzt werden. Daher würden die Masken auch in die nationale Gesundheitsreserve aufgenommen. Maag warf der SPD "ehrabschneidende" Anwürfe" vor. Es sei schäbig, besonders vulnerable Gruppen zu verunsichern, nur um parteipolitisch Stimmung zu machen.

Standards Katja Mast (SPD) widersprach energisch dem Vorwurf einer parteipolitisch motivierten Debatte. Es gehe nicht um Parteipolitik, sondern um den Schutz in einer Pandemie. Es stehe die Frage im Raum, ob es Versuche gegeben habe, Sicherheits- und Prüfstandards zu unterlaufen. Spahn zeige keinen souveränen Umgang mit kritischen Hinweisen. Demut und Aufklärung seien angebracht.

Der AfD-Abgeordnete Stefan Keuter wies darauf hin, dass seine Fraktion die Masken-Beschaffung schon länger kritisch verfolge und dazu selbst recherchiere. Viele Anfragen der Fraktion seien jedoch unbeantwortet geblieben. Teilweise seien Verträge in "Wild-West-Manier" geschlossen worden. Offenbar hätten auch persönliche Bekanntschaften eine Rolle gespielt, etwa beim sogenannten Open-House-Verfahren. Die AfD strebt dazu einen Untersuchungsausschuss an.

Wieland Schinnenburg (FDP) rügte, die Fehlerliste sei lang. So sei Schutzausrüstung überteuert und oft in mangelnder Qualität beschafft worden. Der CPI-Prüfungsstandard sei unzureichend. Er fügte hinzu, die Verschwendung von Steuergeldern sei ein Markenzeichen Spahns. Er forderte den Minister auf, sich für die vielen Fehler zu entschuldigen.

Maria Klein-Schmeink (Grüne) forderte mit Blick auf die Masken-Affäre, der verstörende Verdacht müsse ausgeräumt werden. Union und SPD zeigten "Szenen einer zerrütteten Ehe", beide hätten keine Klarheit gebracht. "Wir verlangen maximale Transparenz und sachliche Aufklärung." Die Opposition müsse Einsicht in Akten und Prüfberichte bekommen. Zu prüfen sei auch, ob die Gesundheitsreserve womöglich aus "Schrottmasken" bestehe.