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Studienfinanzierung : Bafög-Reform: Mehr Geld für Studierende

Mehr Förderung und höhere Freibeträge: Der Bundestag hat die 27. Bafög-Reform verabschiedet. Für das Deutsche Studentenwerk gehen die Änderungen nicht weit genug.

27.06.2022
2024-03-14T09:14:30.3600Z
4 Min
Foto: picture-alliance/dpa/Julian Stratenschulte

Corona und Inflation: Studierende sind von den aktuellen Krisen besonders betroffen. Die Bafög-Erhöhung soll Abhilfe schaffen.

Fast erleichtert wirkte der Applaus aus den Reihen der Ampel-Koalition: Am vergangenen Donnerstag hat der Bundestag die 27. Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) beschlossen. Damit kann die Regierung unter eines ihrer Hauptanliegen aus dem Koalitionsvertrag zufrieden ein Häkchen machen. Bei vielen anderen Projekten wird dies angesichts der aktuellen Krisensituation nicht so einfach werden.

Mit den Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Die Linke nahm der Bundestag die 27. BAföG-Novelle (20/1631) in geänderter Fassung an. AfD sowie CDU/CSU lehnten den Gesetzentwurf ab.

Noch am Mittwoch nahm der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung letzte Änderungen an dem Gesetzentwurf vor. Die zuletzt 2019 mit der 26. Novelle angepassten Bedarfssätze steigen durch das neue Gesetz um 5,75 Prozent - ursprünglich waren fünf Prozent vorgesehen. Der Freibetrag steigt um 20,75 Prozent, der Kinderbetreuungszuschlag um fünf Prozent. Von 325 auf 360 Euro wird der Wohnzuschlag für Studierende erhöht, die nicht mehr bei ihren Eltern wohnen. Somit erhalten Studierende statt bisher 861 Euro zu Beginn des neuen Wintersemesters einen Höchstsatz von 934 Euro an Förderung. Zusätzlich sollen sie einen einmaligen Heizkostenzuschuss in Höhe von 230 Euro bekommen.

2020 erhielten nur elf Prozent der Studierenden Bafög

Mit diesen Reformen werde das BAföG an die Anforderungen des 21. Jahrhunderts angepasst, sagte Bildungs- und Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) während der Plenardebatte. Die Förderung sei wichtig, um jedem die "freie Wahl für den eigenen Bildungsweg" zu ermöglichen. Leider erreiche das BAföG nicht mehr die, für die es entwickelt wurde und sei veraltet, so die Ministerin. 2020 erhielten laut Statistischem Bundesamt lediglich elf Prozent der Studierenden die Förderung.

In die Modernisierung des BAföGs wurde auch die Auslandsförderung mit einbezogen, die es Studierenden in Zukunft ermöglichen soll, einjährige Masterstudiengänge in Ländern außerhalb der EU zu absolvieren. "BAföG ist ein Sprungbrett für alle, für die die Hürde sonst zu hoch wäre", betonte die Bildungsministerin.

Genau zur richtigen Zeit werde die Reform auf den Weg gebracht, sagte Ria Schröder (FDP). Die Pandemie hätte bei vielen die finanziellen Rücklagen schmelzen lassen. Krieg und Inflation würden die Menschen zusätzlich belasten. Deshalb sei die Reform ein "Lichtblick für Studierende".


„Die aktuelle Erhöhung um 5,75 Prozent wird von der Inflation schon wieder aufgefressen“
Matthias Anbuhl (Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks)

Weniger optimistisch blickt das Deutsche Studentenwerk auf die Reformen und forderte die Bundesregierung auf, bei den Bedarfssätzen rasch nachzulegen. "Die aktuelle Erhöhung um 5,75 Prozent wird von der Inflation schon wieder aufgefressen.", sagte Matthias Anbuhl, Generalsekretär des Deutschen Studentenwerks, als Reaktion auf das beschlossene Gesetz und forderte eine Erhöhung um mindestens 10 Prozent. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) nannte einen Höchstsatz in Höhe des steuerlichen Existenzminimums von 1.200 Euro als Ziel. Nur so könnten die Versäumnisse der Vergangenheit nachgeholt werden, betonte Verbandsvize Andreas Keller vergangene Woche.

Ähnlich bewerteten die Oppositionsfraktion AfD und Die Linke die Novelle. Mit weniger als 1.000 Euro im Monat reiche selbst der Höchstsatz in vielen Städten nicht aus, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten, kritisierte Nicole Gohlke (Die Linke). Somit hole auch die BAföG-Novelle die Studierenden nicht aus ihrer Armut.

Götz Frömming von der AfD-Fraktion sprach sich gegen eine Ausweitung des Empfängerkreises und höhere Vermögensfreibeträge aus: "Studieren ist kein staatlich garantiertes Recht". Die Förderung sei als Sozialleistung konzipiert worden, um Menschen, die sich ein Studium nicht leisten können, zu unterstützen. Das Gesetz sieht vor, dass Auszubildende bis zum 30. Lebensjahr ein Schonvermögen von 15.000 Euro, ab dem 30. Lebensjahr von 45.000 Euro haben dürfen.

Lebenslanges Lernen durch Bafög ermöglichen

Neben den Bedarfssätzen hebt die Reform auch die Altersgrenze an - auf 45 Jahre. Dadurch solle lebenslanges Lernen ermöglicht werden, betonte Sönke Rix (SPD). Menschen müssten dazu ermutigt werden, auch eine "zweite oder dritte Chance" zu nutzen, um sich weiterzubilden.

Die Union begrüßte die Vereinfachung des Verfahrens durch die Möglichkeit, BAföG-Anträge künftig auch online stellen zu können. Denn der hohe bürokratische Aufwand ist laut Katrin Staffler (CSU) einer der Hauptgründe für den gesunkenen BAföG-Empfängerkreis. Sie kritisierte aber, dass der Gesetzgeber das Potential beim Thema Digitalisierung nicht ausschöpfe.

Damit gleiche Bildungschancen nicht nur formal, sondern auch tatsächlich existieren, müsse sich beim BAföG einiges tun, betonte Nina Stahr (Grüne). Die Änderungen seien nur der erste Schritt einer Reihe von Reformen. So hat der Bundestag neben der 27. Novelle auch gleich in erster Lesung über den Entwurf zum 28. Änderungsgesetz beraten. Dieses sieht eine Art Notmechanismus vor, der es der Bundesregierung in Krisenlagen erlauben soll, den Kreis der BAföG-Empfänger zu erweitern. Hintergrund ist die Erfahrung der Corona-Pandemie, in der viele Studierende durch den Lockdown und das Wegfallen von Nebentätigkeiten in finanzielle Engpässe gerieten. Durch eine Erweiterung des BAföGs soll ihnen unter die Arme gegriffen werden.