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BAföG-Reform : Neue Regeln für das BAföG

Die Bundesregierung will das BAföG überarbeiten und den Kreis der Anspruchsberechtigten erweitern. Die Union ist skeptisch.

16.05.2022
2024-03-14T09:11:38.3600Z
4 Min

Von Jubelstimmung war im Jubiläumsjahr nicht viel zu spüren: 2021 feierte das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kürz BAföG, 50-jähriges Bestehen: Am 1. September 1971 in Kraft getreten, sollte es jungen Menschen ermöglichen, unabhängig von der sozialen und ökonomischen Situation ihrer Eltern ein Studium aufzunehmen. Ein echtes Novum. Doch während in den ersten Jahren fast die Hälfte der Studierenden Leistungen erhielt, gilt das heute nur noch für eine Minderheit: Nur noch rund zehn Prozent der Studentinnen und Studenten beziehen heute BAföG.

Das ist ein Grund für die immer lauter werdenden Rufe unter anderem von Gewerkschaften und Studierendenverbänden nach einer grundlegenden Reform. Auch die Höhe der Zuschüsse steht trotz mehrfacher Anpassungen - zuletzt 2019 - seit langem in der Kritik, weshalb Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) auch nach ihrem Amtsantritt umgehend eine strukturelle Reform ankündigte. "Das BAföG wird attraktiver, moderner, flexibler", versprach Stark-Watzinger nach dem Beschluss ihres Gesetzentwurfs im Kabinett Anfang April.

Die Elternfreibeträge sollen um 20 Prozent erhöht werden

Eine Zusage, die sie in der vergangenen Woche vor dem Bundestag erneuerte: Nach Jahren sinkender Gefördertenzahlen leite die Ampel mit den geplanten BAföG-Änderungen eine "Trendwende" ein, sagte die Ministerin während der ersten Lesung des Regierungsentwurfs, der gemeinsam mit einem Antrag der Linksfraktion für ein "existenzsicherndes BAföG" beraten wurde. Der Kreis der Anspruchsberechtigten werde durch eine "satte" Erhöhung der Elternfreibeträge um 20 Prozent erweitert, die Altersgrenze auf 45 Jahre angehoben, die Antragstellung zudem digitalisiert und vereinfacht.

Vor allem aber die Bedarfssätze und der Kinderbetreuungszuschlag sollten um fünf Prozent steigen, der Wohngeldzuschlag werde ebenfalls aufgestockt, umriss die Ministerin die wesentlichen Änderungen des Gesetzentwurfs. Weitere Reformschritte, darunter die Einführung eines Nothilfe-BAföGs und einer Studienstarthilfe, seien bereits in Vorbereitung.

Die geplanten Änderungen beim BAföG

Höhere Bedarfssätze: Die Bedarfssätze, der Kinderzuschlag und der Wohnzuschlag sollen steigen. Der Förderhöchstbetrag erhöht sich so von 861 Euro auf 931 Euro.

Größere Freibeträge: Damit wieder mehr Studierende eine Ausbildungsförderung erhalten können, sollen die Freibeträge vom Einkommen der Eltern um 20 Prozent angehoben werden.

Angehobene Altersgrenze: Das Höchstalter beim BAföG-Beginn soll ebenfalls heraufgesetzt werden - von 30 auf einheitlich 45 Jahre.



Bei der Opposition stießen solche Ankündigungen jedoch auf wenig Begeisterung: Kathrin Staffler (CSU) sprach von einer "halbgare Novelle". Gemessen an den Ankündigungen im Koalitionsvertrag sowie früheren Reformen falle der Entwurf sogar zurück: Der Wohnzuschlag für Auswärtswohnende sei von der vorigen Regierung 2019 um 30 Prozent angehoben worden. Jetzt seien nur zehn Prozent vorgesehen. Da verwundere es nicht, dass ein breites Bündnis von Studierendenverbänden den Gesetzentwurf als "zu klein, zu wenig und ein Reförmchen" kritisierten, meinte Staffler.

Union: Bessere Förderung von Talent und Leistungsbereitschaft

Monika Grütters (CDU) mahnte außerdem, weitere Reformen nicht auf die lange Bank zu schieben. Über Sozialleistungen hinaus brauche es eine bessere Förderung von "Talent und Leistungsbereitschaft". Bei der Begabtenförderung lasse die Ampel wichtige Impulse vermissen.

Götz Frömming (AfD) hielt insbesondere der FDP vor, hinter eigenen Ansprüchen zurückzubleiben: In der Opposition habe sie sich noch für ein komplett elternunabhängiges BAföG stark gemacht. Davon lese man jetzt wenig. Vor allem aber die Erhöhung der Bedarfssätze sei angesichts der aktuellen Inflation "nur ein Tropfen auf den heißen Stein", so der Abgeordnete.

Linke: Die Zuschüsse sind auch künftig nicht bedarfsdeckend

Kritik, die Nicole Gohlke (Linke) wiederholte. Auch in Zukunft seien die Zuschüsse nicht bedarfsdeckend: "Das können Sie nicht als großen Wurf und bildungspolitischen Aufbruch verkaufen", warf sie der Ministerin vor. Zudem sei es von Nachteil, dass das BAföG nicht als Vollzuschuss gezahlt werde. Viele anspruchsberechtigte Studierende beantragten BAföG-Leistungen nicht, weil sie sich nicht verschulden wollten.

Rednerinnen der Koalitionsfraktionen verteidigten den Entwurf: Lina Seitzl (SPD) sagte, die Ampel gehe jetzt nicht nur ein "Reformschrittchen", sondern drehe die "Abwärtsspirale" um und öffne das BAföG wieder für mehr junge Menschen. Laura Kraft (Grüne) bekräftigte, bei der aktuellen Änderung handele es sich allenfalls um einen "Etappensieg". Ziel sei, die Erhöhung der Bedarfssätze noch vor Beginn des Wintersemesters zu beschließen. "Der größere Teil der Reform liegt aber noch vor uns."

Ria Schröder (FDP) verwies schließlich darauf, dass die Ampel ab sofort auch Verantwortung für Bildungsbiografien übernehme, die durch den "brutalen Angriffskrieg" Russlands auf die Ukraine abzureißen drohten. Nach dem Sofortzuschlags- und Einmalzahlungsgesetz könnten nun auch ukrainische Studierende BAföG-Leistungen beantragen.