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Digitale Identitäten : Neuer Personalausweis war seiner Zeit voraus

Experten plädieren im Digitalausschuss des Bundestages, die breite Verfügbarkeit des eID-Systems nutzbar zu machen.

11.07.2022
2023-10-10T09:47:10.7200Z
3 Min

Der "neue" Personalausweis (nPA) besitzt sie bereits seit 2010: eine eID-Funktion, mit der sich die Bürger im Internet digital ausweisen können. Doch nur sechs Prozent der Bürgerinnen und Bürger haben die Funktion laut dem E-Government Monitor 2020 des Vereins Initiative D21 schon einmal genutzt. Dabei vereinfacht der digitale Ausweis es beispielsweise, Konten zu eröffnen und Verträge abzuschließen. Der Ausweis stelle eine eIDAS-notifizierte und sichere Lösung für die digitale Identifizierung dar, wurde vergangene Woche in einer Anhörung im Digitalausschuss deutlich. Grundlage der Anhörung war der von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag zur Novellierung der europäischen digitalen Identität einschließlich elektronischer Identifizierung (eIDAS-Verordnung). Die Bundesregierung verfolge die Weiternutzung und -entwicklung des vorhandenen eID-Systems, hieß es von Seiten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Es werde an einer Erweiterung der Funktion auf dem Smartphone, der Smart-eID und einer Wallet-Funktion für weitere Nachweise gearbeitet - bei Beibehaltung der bestehenden Datenschutz- und IT-Sicherheitsstandards.

Datenschutzbeauftragter: Mehr Anwendungsfälle nötig

Die geringe Verbreitung in der Bevölkerung sei nicht die Folge datenschutzrechtlicher Anforderungen, sondern hänge mit den geringen Anwendungsmöglichkeiten, den Kosten für die teilnehmenden Stellen und fehlender Öffentlichkeitsarbeit zusammen, befand der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Ulrich Kelber (SPD).

Es müsste nicht nur die technische Sicherheit beurteilt werden, sondern diese mit der Benutzerfreundlichkeit in Balance gebracht werden, plädierte auch Peter Parycek vom Institut Fraunhofer FOKUS. Digitale Identitäten würden dann genutzt, wenn sich dadurch für die Bevölkerung Prozesse deutlich vereinfachten, erklärte auch der Sachverständige Marian Margraf vom Institut Fraunhofer AISEC. Dafür müsse eine größere Anzahl von Dienstleistungen und Anwendungsfällen bereitstehen. Ein Treiber dafür könne das Online-Zugangsgesetz sein, das Bund, Länder und Kommunen verpflichtet, Verwaltungsleistungen auch digital anzubieten.

Einheitliche Lösung nicht in Sicht

Dass der vor zwölf Jahren eingeführte nPA seiner Zeit voraus gewesen sei und sein Potenzial "nicht erkannt und verstanden werden konnte", betonte Christian Kahlo als Vertreter der netzpolitischen Zivilgesellschaft. Ein Bruchteil der Gelder, die die Bundesregierung in Forschungsvorhaben wie etwa Blockchain oder SSI aufgewendet habe, hätte seiner Einschätzung nach gereicht, um das technische Potenzial des nPA allen an Digitalisierung interessierten Akteuren zu kommunizieren. Die breite Verfügbarkeit des eID-Systems praktisch nutzbar zu machen, favorisierte auch Carl Fabian Lüpke vom Chaos Computer Club (CCC). Er forderte die Politik auf, Forschungsvorhaben zur SSI-Technologie einzustellen und auf die solide Technologie des nPA zu setzen.

In der Vergangenheit habe sich die Bundesregierung in zu vielen nicht koordinierten Einzelprojekten "verfranzt", ohne dass es je eine kohärente ID-Strategie national oder auf EU-Ebene gegeben habe, monierte auch Rebekka Weiß vom Branchenverband Bitkom. Eine einheitliche EU-Lösung sei aktuell nicht in Sicht, berichtete Kim Nguyen von D-Trust GmbH, einem Tochterunternehmen der Bundesdruckerei. Um die europäische Dimension im Blick zu behalten, solle der Bund eine nationale hoheitliche Rolle mit der Smart-eID als Kernidentität mit offener Schnittstelle als nutzbare Referenzimplementierung zur Verfügung stellen, schlug er vor.