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Debatte zum Gesundheitsetat 2023 : Lauterbachs Haushalt wird deutlich abgespeckt

Der Gesundheitsminister soll 2023 nur noch rund 22 Milliarden Euro ausgeben können nach gut 64 Milliarden Euro in diesem Jahr.

12.09.2022
2024-02-09T14:30:16.3600Z
3 Min
Foto: picture alliance / Winfried Rothermel

Landarzt gesucht: Unorthodoxe Suche an der Bundesstraße nach einem Nachfolger als Hausarzt in St. Georgen im Schwarzwald.

Der Etatentwurf des Bundesgesundheitsministeriums für 2023 kommt deutlich abgespeckt daher. Statt 64,36 Milliarden Euro wie in diesem Jahr sind nun Ausgaben in Höhe von 22,06 Milliarden Euro geplant. Seit 2017 gesetzlich festgeschrieben sind 14,5 Milliarden Euro für den Gesundheitsfonds zur pauschalen Abgeltung der Aufwendungen der Krankenkassen für gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Hinzu kommt diesmal ein ergänzender Bundeszuschuss von zwei Milliarden Euro. Gänzlich coronabefreit ist der Lauterbach-Etat dann aber doch nicht. Gut zwei Milliarden Euro sind für die zentrale Beschaffung von Corona-Impfstoffen eingeplant.

Minister kündigt zahlreiche Reformprojekte an

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) erklärte zu Beginn der Debatte in der vergangenen Woche die Schrumpfung des Gesundheitshaushaltes mit der Erwartung, die Corona-Pandemie werde Deutschland im kommenden Jahr nicht mehr vor "teure und unlösbare Probleme" stellen. Lauterbach kündigte zahlreiche Projekte zur Modernisierung des Gesundheitswesens an, die mit dem vorgelegten Haushalt verfolgt würden. Um die Pflege als Arbeitsplatz wieder interessanter zu machen, werde es beispielsweise ein Krankenpflegeentlastungsgesetz geben.

Reformen seien auch mit Blick auf die Fallpauschalen bei Krankenhäusern angedacht. Bei Kinderkliniken sollen die Fallpauschalen komplett entfallen und das Prinzip der Kostendeckung greifen, sagte der Gesundheitsminister. Vorankommen will er auch bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens, wo Deutschland im europäischen Vergleich derzeit wie ein Entwicklungsland dastehe.

Union mahnt mehr Hausarztpraxen auf dem Land an

"Ideenlos, kraftlos und mutlos ist der Haushaltsentwurf", befand Sepp Müller (CDU). Lauterbach, so seine Forderung, müsse aus dem Modus des Ankündigungsministers herauskommen und zum "Mach-Minister" werden. "Verlassen Sie die Corona-Pandemie und kümmern Sie sich um unser Gesundheitssystem", sagte Müller. Er kritisierte das Regierungsvorhaben, deutschlandweit 1.000 sogenannte Gesundheitskioske als Beratungsangebote für Patienten in sozial benachteiligten Regionen aufbauen zu wollen. Stattdessen brauche es gerade im ländlichen Raum mehr Hausarztpraxen.

Paula Piechotta (Grüne) verteidigte den Gesundheitsminister. Die jetzige Regierung müsse die Fehler der Vorgängerregierung ausbaden, sagte sie. Mit dem Haushaltsentwurf, so Piechotta, steige die Bundesregierung in die sogenannten Pandemie-Bereitschaftsverträge ein. Mit diesem neuen Instrument würden Herstellern hohe dreistellige Millionenbeträge an die Hand gegeben, damit sie Kapazitäten für die Impfstoffproduktion vorhalten, "falls es nochmals zu einer endemischen oder pandemischen Lage kommt". Weitergeführt würden auch die Beratungs-Hotlines für Patienten - "eine Errungenschaft der Pandemie", wie die Grünen-Abgeordnete sagte.


„Der Haushaltsentwurf ist ideenlos, kraftlos und mutlos.“
Sepp Müller (CDU)

Mehr als zwei Milliarden Euro plane der Minister für neue Corona-Impfstoffkäufe, während vorhandene Überbestände vom Verfallsdatum bedroht seien, kritisierte Wolfgang Wiehle (AfD). Und das, wo doch andere Länder längst zur Normalität zurückgekehrt seien. "Deutschland wird immer mehr zum gesundheitspolitischen Geisterfahrer", befand Wiehle. Eine nachdenklich stimmende Konstante aber habe der Haushalt, so der AfD-Abgeordnete. Die Pharmaindustrie profitiere "mit zehnstelligen Beträgen". Nicht nur durch die Impfstoffbeschaffung, sondern auch durch die angesprochenen Pandemie-Bereitschaftsverträge.

Karsten Klein (FDP) forderte die Bundesländer auf, Kosten, die der Bund im Rahmen der Corona-Krise übernommen habe, die aber in der Zuständigkeit der Länder lägen, künftig selbst zu stemmen. Die Länder müssten die entsprechenden Strukturen aufbauen, ihre Gesundheitsämter auf Vordermann bringen und die Digitalisierung dort einführen. "Ich gehe davon aus, dass die Länder 2023, im Falle, dass es nochmal ernst wird, auf eigenen Füßen stehen", sagte der FDP-Abgeordnete.

FDP: Länder investieren zu wenig in Krankenhäuser 

Klein machte auf Defizite der Länder im Bereich der Krankenhausinvestitionen aufmerksam. Der Bundesrechnungshof habe festgestellt, dass die Länder jährlich bis zu fünf Milliarden Euro zu wenig in die Krankenhäuser investierten, sagte er. Daher komme die Digitalisierung nicht voran und würden die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern nicht verbessert.

Gesine Lötzsch (Die Linke) warnte vor einer Erhöhung der Krankenkassenbeiträge. Das sei eine "dreiste Abzocke", sagte sie. Die Alternative sei die Bürgerversicherung, über die die SPD nun schon seit 18 Jahren rede. "Wo bleibt sie?", fragte Lötzsch. Zugleich kritisierte sie SPD und Grüne, vor der FDP in die Knie gegangen zu sein, als es um die Abschöpfung der "Traumgewinne" der Pharmaindustrie während der Pandemie ging. "Das darf so nicht weitergehen."

Positiv bewertete die Linken-Abgeordnete, dass ein erster Schritt zur Abschaffung der Fallpauschalen gemacht werden solle. Schlussendlich müssten diese aber generell abgeschafft werden.

Svenja Stadler (SPD) machte deutlich, dass der Etat über dem von 2019 - dem letzten Jahr vor Corona - liege. "Die Steigerung um 6,8 Milliarden Euro zeigt, dass es uns wichtig ist, etwas zu verändern", sagte Stadler. Gehandelt werden müsse dort, wo es notwendig sei.