Piwik Webtracking Image

Ortstermin : Die Opfer und Täter der Wannsee-Konferenz

Auf der Wannsee-Konferenz plante das NS-Regime die Ermordung von elf Millionen Juden. 80 Jahre später erinnert eine Ausstellung im Bundestag an die Opfer und Täter.

17.01.2022
2024-02-27T09:44:40.3600Z
3 Min
Foto: DBT/photothek/Xander Heinl

Deborah Hartmann, Direktorin der Gedenkstätte Haus der Wannsee-Konferenz, führt Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) durch die Ausstellung.

Am 20. Januar 1942 trafen sich 15 hochrangige Funktionäre aus dem nationalsozialistischen Verwaltungsapparat für eine Konferenz am Wannsee. Auf der Tagesordnung steht nur ein einziger Punkt: Die sogenannte "Endlösung der Judenfrage". Bereits mit dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Sowjetunion 1941 begann das Nazi-Regime mit der Ermordung der jüdischen Bevölkerung. Am Mittag des 20. Januar berieten die Anwesenden über die weitere systematische Vernichtung sämtlicher elf Millionen europäischen Jüdinnen und Juden.

Anlässlich des 80. Jahrestages der Wannsee-Konferenz informiert die Ausstellung "Unfreiwilliges Erinnern. Zur Bedeutung der Wannsee-Konferenz in Geschichte und Gegenwart" im Paul-Löbe-Haus über den Umgang mit diesem Kapitel deutscher Geschichte. Dass eine solche Ausstellung in den Hallen des Bundestages stattfindet, sei etwas ganz Besonderes, sagte Deborah Hartmann, Direktorin der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz bei der virtuellen Eröffnung mit Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD). Lange blieb die Wannsee-Konferenz im kollektiven Gedächtnis der Deutschen nahezu unsichtbar. Zu groß schien der Konflikt, sich mit der Konferenz und ihren Konsequenzen auseinanderzusetzen. Bis in die 1980er Jahre diente die Wannseevilla als Schullandheim. Forderungen des Historikers und Holocaust-Überlebenden Joseph Wulf, aus dem Ort ein Dokumentationszentrum zu machen, fanden keinen Anklang: "Ich habe hier 18 Bücher über das Dritte Reich veröffentlicht und das alles hatte keine Wirkung. Du kannst dich bei den Deutschen totdokumentieren, es kann in Bonn die demokratischste Regierung sein - und die Massenmörder gehen frei herum [...]", können Besucher in der Ausstellung lesen. 1974 stirbt Wulf, 18 Jahre bevor die Gedenkstätte eröffnet wird. Unter anderem von seinen Erfahrungen erzählt die Ausstellung.


„Die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte ist eine bleibende Verpflichtung“
Bärbel Bas (SPD)

Denn "Unfreiwilliges Erinnern" ist keine Aneinanderreihung von historischen Zahlen. Die Ausstellung geht gezielt der Frage nach, wie mit dem Geschehenen seit 1945 umgegangen wird. Ein klarer Fokus liegt dabei auf den Opfern und Tätern der Wannsee-Konferenz. Anhand von Originaldokumenten, Zitaten, Zeitungsausschnitten und Videosequenzen werden die Erfahrungen einzelner Personen nacherzählt. Täter hätten sich "ungestraft und unhinterfragt in die demokratisch gewandelte Gesellschaft integrieren" können, während die Geschichten der Überlebenden und Ermordeten in der früheren Bundesrepublik weitgehend auf "Schweigen und Ignoranz" gestoßen seien, so Hartmann. Manchmal komme es ihr so vor, als ob "die Oper mehr Schuldgefühle hätten als die Täter" wird die Regisseurin Sarah Fruchtmann, deren Vater das KZ überlebte, an anderer Stelle in der Ausstellung zitiert.

Auch heute noch ist laut Bas "die Auseinandersetzung mit der deutschen Geschichte eine bleibende Verpflichtung", der sich jede Generation aufs Neue stellen muss. Gerade in Zeiten, in denen die Vergangenheit für Propaganda missbraucht werde und sich Impfgegner als "Juden von heute" bezeichnen, sei es Teil der "staatsbürgerlichen Verantwortung" solche Vergleiche entschieden zurückzuweisen, sagte Bas bei der Eröffnung.