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ANHÖRUNG
Alexander Heinrich
»Hasen und Löwen«

Experten zur Systemkonkurrenz mit China

Die Chancen und Risiken des Aufstiegs Chinas und die Auswirkung auf die internationale Ordnung werden von Experten unterschiedlich beurteilt. In einer öffentlichen Anhörung des Auswärtigen Ausschusses zur "systemischen Konkurrenz" von liberalen Demokratien und autoritär geführten Staaten bestand in einem Punkt allerdings eher Einigkeit: Unter den Großmächten sei nur China mit seinem Staatskapitalismus wettbewerbsfähig. "Russland ist ein großer Störenfried, aber nicht wirklich wettbewerbsfähig als System", so fasste es Thorsten Benner (Global Public Policy Institute) zusammen. Er riet dazu, mit "Lust auf Erneuerung und Innovation unserer Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft" in die Systemkonkurrenz treten. Ziel sei, wettbewerbsfähig zu bleiben, "innovativ, widerständig, wehrhaft, attraktiv als Modell".

Ben Schreer (International Institute for Strategic Studies) hielt den Kurs eines Mittelwegs Europas zwischen den USA und China für "zunehmend problematisch". Die deutsche Wirtschaft müsse unter dem Stichwort "partielles Decoupling" diversifiziert, die Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen verringert werden.

Hanna Pfeifer (Goethe-Universität Frankfurt am Main) warb für "konditionale Kooperationen" und eine qualifizierte Auswahl der Partner auch unter autoritären Staaten: "Was kann mit welchen Aussichten und welchen Risiken mit welchem Partner gestaltet werden?"

Janka Oertel (European Council on Foreign Relations) bezeichnete China unter Staatschef Xi Jinping als "full spectrum challenge": Um im Systemwettbewerb zu bestehen, sollte es dem Westen darum gehen, Demokratie und Rechtstaatlichkeit zu Hause zu stärken, die Technologieführerschaft zu behalten, das eigene Wirtschaftsmodell zu diversifizieren.

Der Sachverständige Karl-Friedrich Weiland wandte sich gegen die Vorstellung, dass die regelbasierte internationale Ordnung für alle Staaten gleich sei. Es gäbe "Großmächte und Nichtmächte", "Hasen und Löwen". Europa bleibe nur, sich "auch Zähne und Klauen wachsen zu lassen, die Hasengesinnung abzulegen, um damit von den Großmächten überhaupt ernst genommen zu werden".

Ingar Solty (Rosa-Luxemburg-Stiftung) hingegen nannte jeden Schritt einer Verrechtlichung in einer "anarchischen Staatenwelt" begrüßenswert, weil so Schwache vor Starken geschützt werden könnten. Er stellte sich gegen eine "konfrontative Chinapolitik": Eine kriegerische Auseinandersetzung zwischen den USA und China ("Thukydides-Falle") müsse unbedingt verhindert werden.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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