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Mangel an Menschenrechten : Wettstreit der Systeme

Abgeordnete kritisieren die rigide "Zero Covid"-Politik in China und zeigen sich solidarisch mit Protesten dagegen.

05.12.2022
True 2024-06-10T15:16:19.7200Z
3 Min

Abgeordnete verschiedener Fraktionen haben ihre Solidarität mit dem Protest gegen die rigide "Zero Covid"-Politik in China ausgedrückt. In einer Aktuellen Stunde kamen Vertreter von SPD, Grünen und FDP sowie der Union auf die Grenzen von Diktaturen bei der Bewältigung von Herausforderungen wie der Corona-Pandemie zu sprechen und traten für die Verringerung von Handelsabhängigkeiten von China ein. Die Kritik von AfD und Linken richtete sich gegen den Umgang mit der Pandemie hierzulande.

Union beklagt China-Reise der verpassten Chancen

Jürgen Trittin (Grüne) bezeichnete Chinas "Zero Covid"-Politik als gescheitert: Die Ursachen der Unzufriedenheit reichten aber tiefer: eine geplatzte Immobilienblase, gestörte Lieferketten, Arbeitslosigkeit. China sei kein verlässlicher Markt, einseitige Abhängigkeiten müssten verringert werden.

Johann David Wadephul (CDU) bestritt, dass die Bundesregierung daran arbeite: Die Reise des Bundeskanzlers nach Peking sei "eine Reise der verpassten Chancen, des Weiter-so, eine Reise des Business as usual" gewesen, die Abhängigkeiten von China - siehe Hamburger Hafen - würden vertieft.


„Eine Corona-Politik, die keine Exitstrategie hat, die Menschen einsperrt, überwacht, drangsaliert.“
Dagmar Schmidt (SPD)

Dagmar Schmidt (SPD) sprach von einer Corona-Politik, "die keine Exitstrategie hat, die Menschen einsperrt, überwacht, drangsaliert". Chinas Führung habe auch dann noch an der eigenen "Überlegenheitserzählung" festgehalten, als sich die eigenen Impfstoffe als weniger wirksam erwiesen als westliche.

Jürgen Braun (AfD) warf der Bundesregierung und deren Vorgängerin vor, sich in der Pandemie so verhalten zu haben, wie es die Kommunistische Partei Chinas nach wie vor tue - mit Verboten und der Verbreitung von Angst. "Wogegen sich jetzt mutige Chinesen wenden, wurde hier jahrelang praktiziert."

Diktaturen bieten Bürgern kein Leben in Freiheit

Auch Sevim Dagdelen (Die Linke) sprach von "Doppelmoral": Während Proteste gegen Lockdowns, Schulschließungen, Ausgangssperren und Impfpflichten hierzulande diffamiert worden seien, würden nun diejenigen, "die in China gegen die Zero-Covid-Politik gerechtfertigterweise demonstrieren, zu Freiheitskämpfern" erhoben.

Alexander Graf Lambsdorff (FDP) sagte, dass sich in China ebenso wie in Russland und im Iran zeige, dass Diktaturen am Anspruch scheiterten, "ihren Bürgerinnen und Bürgern eine besseres Leben in Freiheit, Wohlstand und Würde zu garantieren als der von ihnen so oft geschmähte und angeblich verachtete Westen".

Anhörung von Experten zum Thema Menschenrechte

Die Menschenrechte als Bestandteil der Weltordnung im systemischen Wettbewerb vor allem mit China standen vergangene Woche auch im Mittelpunkt einer Anhörung des Menschenrechtsausschusses.

Die Einschätzungen der Expertinnen und Experten reichten von einer "Systemkonkurrenz" als "Machtkonkurrenz" (Erhard Crome, WeltTrends-Instituts für Internationale Politik) und einer Bedrohung der regelbasierten Ordnung durch autoritäre Regime (Silke Voß-Kyeck, Deutsches Institut für Menschenrechte) bis zur Kritik an einer "inflationären Postulierung immer neuer Menschenrechte" (Philipp Bagus, Universität Rey Juan Carlos Madrid) und der Warnung vor einer Einteilung der Welt in "gute und schlechte Staaten" (Basak Cali, Hertie School).

Sabine Fischer (Stiftung Wissenschaft und Politik) sah keine Wiederkehr eines Kalten Krieges, wohl aber eine neue "Multipolarität". Angelika Nußberger (Uni Köln) sprach von einem "Kulturrelativismus" autoritärer Staaten. Katja Drinhausen (Mercator Institute) wies darauf hin, dass China nicht nur Menschenrechtsstandards verletze, sondern auch eigene Rechtsstandards. Heiner Bielefeldt (Uni Erlangen-Nürnberg) unterstrich das Potenzial der rechtsstaatlichen Demokratie, sich "kritisches Vertrauen" zu erarbeiten".