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Gastkommentare - Pro
Manfred Schäfers (Frankfurter Allgemeine Zeitung); Stephan Hebel (Freier Journalist)
Fast 1,2 Billionen

Laufen die Sozialausgaben aus dem Ruder?

D eutschland ist ein überaus soziales Land. Solche Ausgaben machen die Hälfte des Bundeshaushalts aus - mit steigender Tendenz. Dabei sind Dinge wie Energiepreisbremsen, das verbilligte Deutschlandticket und Hilfen für den klimagerechten Hausumbau nicht eingerechnet, obwohl sie eine starke soziale Komponente besitzen. Auch das Kindergeld sucht man in diesem Ausgabenblock vergebens, weil es als steuerliche Mindereinnahme verbucht wird. Das liegt an seinem Zwittercharakter: Einerseits ist es ein Abschlag auf den Kinderfreibetrag, andererseits handelt es sich um einen reinen Förderbetrag. Und natürlich gibt es nicht nur Leistungen des Bundes; hinzu kommen Sozialversicherungen, Länder, Kommunen.

Alles in allem addieren sich die Sozialausgaben mittlerweile auf knapp 1,2 Billionen Euro. Das muss über Steuern und Beiträge finanziert werden, was Bürger und Betriebe entsprechend belastet. Immer öfter hört man von Leuten, die kündigen, weil sich Arbeit im Vergleich zum leistungslosen Bürgergeld nicht mehr lohnt. Das kann nicht richtig sein. Der Ausbau des Sozialstaats hat weitere Kollateralschäden. Weil der Staat nicht alles finanzieren kann, werden Schulen, Straßen, Bundeswehr vernachlässigt, fehlt Geld für den Klimaschutz und die Digitalisierung. Wer denkt, dass die starke soziale Ausrichtung auf dankbare Zustimmung stößt, sieht sich getäuscht. Das Gegenteil ist der Fall. Die Klagen über vermeintliche Ungerechtigkeiten nehmen nicht ab.

Viel spricht für eine Kurskorrektur. Der Staat muss sich auf seine Kernaufgaben besinnen. Nur ein wirtschaftlich starkes Gemeinwesen bleibt langfristig in der Lage, seine Bürger angemessen zu unterstützen, die auf Hilfen angewiesen sind.

Aus Politik und Zeitgeschichte

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