Seit dem Vietcong, der erst der französischen Kolonialmacht und schließlich der Weltmacht USA in Vietnam demütigende Niederlagen beibrachte, "beeinflusste wohl kaum eine Guerillabewegung so sehr die Weltpolitik wie jüngst die Taliban". Dieser Einschätzung des Friedens- und Konfliktforschers Conrad Schetter und der Afghanistan-Expertin Katja Mielke wird seit der erneuten Einnahme Kabuls durch die Taliban im Sommer 2021 nach der 20 Jahre andauernden Militärpräsenz der USA, Deutschlands und anderer Nato-Staaten niemand widersprechen.
Doch trotz ihrer Bedeutung bestand und besteht bis heute im Westen eine sehr simplifizierte Vorstellung über die bärtigen Kämpfer und Koran-Schüler am Hindukusch. Den meisten gelten sie schlichtweg als fundamentalistische Vertreter einer Art "Steinzeit-Islamismus", die antike Buddha-Statuen sprengen, Frauen unter die Vollverschleierung der Burka zwingen, aus Schulen und Universitäten wie überhaupt aus dem öffentlichen leben ausschließen.
Die umfassendste und beste Darstellung über die Taliban stammt von dem britisch-pakistanischen Journalisten Ahmed Rashid, dessen Buch nach den Terroranschlägen des 11. Septembers über Nacht zum Weltbestseller avancierte. Auch wenn es der schmale Band von Schetter und Mielke über die Taliban in der C.H.Beck-Wissen-Reihe weder an Umfang und erzählerischer Kraft mit Rashids Darstellung aufnehmen kann, bietet er dennoch eine schnelle,, fundierte und lesenswerte Einstiegslektüre in die Entwicklung der "Gotteskrieger" und Afghanistans seit den 1990er-Jahren.
An ausgewählten Politkfeldern zeichnet das Autoren-Duo Konfliktlinien innerhalb der Taliban zwischen Pragmatikern und Ideologen, lokalen Bewegungen und Zentralisten sowie ihrem Verhältnis zu den Terrororganisationen Al Kaida und "Islamischer Staat", zu Pakistan, Saudi-Arabien und den Golfstaaten nach.
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