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Zu wenig Nachfrage : Pflegestudium ist unattraktiv

Experten fordern in einer Anhörung eine bessere Finanzierung der hochschulischen Pflegeausbildung.

13.02.2023
2023-11-03T09:52:12.3600Z
3 Min

Die akademische Pflegeausbildung bleibt nach Einschätzung von Gesundheitsexperten weit hinter ihren Möglichkeiten und Notwendigkeiten zurück. Als Kernproblem wird die fehlende Finanzierung des Studiums angeführt, wie eine Anhörung des Gesundheitsausschusses zu einem Antrag der Unionsfraktion zur Särkung der hochschulischen Pflegeausbildung ergab. Die Experten äußerten sich vergangene Woche in der Anhörung sowie in schriftlichen Stellungnahmen.

Die Unionsfraktion fordert in ihrem Antrag eine Stärkung der hochschulischen Pflegeausbildung. Die Abgeordneten schlagen eine Ausbildungsvergütung analog der beruflichen Pflegeausbildung vor, um die Attraktivität des Studiengangs zu steigern. Außerdem sollte die Übernahme der Refinanzierung der Praxisanleitung in den Einrichtungen analog der berufsfachschulischen Ausbildung gesetzlich geregelt werden, um die praktische Ausbildung der Studenten abzusichern und die Bereitschaft der Einrichtungen zu steigern, akademische Pflegefachkräfte auszubilden.

Unklare Perspektive für junge Leute

Sachverständige machten in der Anhörung deutlich, dass die hochschulische Pflegeausbildung in der Versorgung eine wichtige Rolle einnimmt, die fehlende Finanzierung und die unklare Perspektive junge Leute jedoch davon abhält, diesen Berufsweg einzuschlagen. Der Sozialforscher Thomas Klie sprach von hochkomplexen Pflegesituationen, chronischen Erkrankungen oder Demenzfällen, bei denen eine akademische Pflegekompetenz sehr sinnvoll sei. Akademiker könnten eine Steuerungsfunktion übernehmen.

Der Medizinpädagoge Matthias Drossel fügte hinzu, es gehe nicht nur um Managementaufgaben, sondern um die Patientenversorgung in komplexen Situationen. Kritisiert wurde, dass Deutschland bei der Akademisierung der Pflege im internationalen Vergleich zurückliege und für hochschulisch gebildete Fachkräfte aus dem Ausland teils nicht attraktiv sei.

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) erklärte, die fehlende Vergütung oder Aufwandsentschädigung für die zu leistenden 2.300 Praxisstunden stelle eine Benachteiligung der Studenten dar, die nicht nebenbei jobben könnten, weil sie im Schichtdienst eingesetzt werden. Würden die Studenten in die Finanzierungsverordnung zum Pflegeberufegesetz (PflBG) einbezogen, könnte das Problem entschärft werden.

Die fehlende Refinanzierung der Praxisanleitung in den Gesundheitseinrichtungen sei ein Problem, weil dadurch insbesondere kleinere Einrichtungen von einer Kooperation mit der hochschulischen Ausbildung faktisch ausgeschlossen seien.

Geringe Auslastung im Pflegestudium

Der Deutsche Pflegerat (DPR) wies darauf hin, dass zwar seit 2020 mit dem PflBG die Möglichkeit der hochschulischen Ausbildung bestehe, die Akademisierungsquote mit einer Auslastung von derzeit rund 50 Prozent jedoch weiter hinter dem Bedarf zurückbleibe. Der Rat sprach sich für die verbindliche Einführung und vollständige Refinanzierung einer Vergütung während des Studiums aus, um die Attraktivität des Studiengangs zu steigern. Ferner werde eine vollständige Refinanzierung der Kosten für die Praxisanleitung in den Pflegeeinrichtungen analog der beruflichen Ausbildung befürwortet.

Nach Ansicht der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sind verschiedene Qualifikationsstufen in der Pflege sinnvoll. Ein höherer Anteil hochschulischer Pflegeausbildung sei wünschenswert. Die Konzeption der akademischen Pflegeausbildung im PflBG müsse jedoch grundlegend korrigiert werden, weil sie derzeit weder für Studenten aufgrund der fehlenden Ausbildungsvergütung noch für Arbeitgeber aufgrund des unscharfen Profils attraktiv sei. Die sehr niedrigen Studentenzahlen bestätigten die Fehlkonstruktion. Während der Ausbildung müsse eine angemessene Vergütung sichergestellt sein. Eine Finanzierungsregelung für Pflegestudenten sei überfällig. Insbesondere Leistungen der Krankenhäuser in Form der Praxisanleitung seien zudem derzeit nicht geregelt und würden auch nicht refinanziert.

Zuständigkeiten thematisiert

Der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) lehnt die Finanzierung der Ausbildung ab. Mit dem PflBG sei die Entscheidung getroffen worden, dass die Finanzierung der hochschulischen Pflegeausbildung nicht in den Aufgabenbereich der Beitragszahler der Kranken- und Pflegeversicherung falle. Die Zuständigkeit liege bei den Ländern.

Die Landesausbildungsfonds belasteten die GKV 2023 bereits mit rund 2,8 Milliarden Euro, die Soziale Pflegeversicherung (SPV) mit 0,5 Milliarden Euro. Die Finanzierung der Ausbildungsvergütung analog zur beruflichen Pflegeausbildung werde abgelehnt. Das gelte auch für die Refinanzierung der Praxisanleitung in den Einrichtungen analog der berufsfachschulischen Ausbildung. Abgeordnete und Experten befürworten ein Bund-Länder-Treffen, um das Pflegestudium attraktiver zu gestalten.