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Niger als Stabilitätshoffnung : Umzug statt Abzug

Die Bundeswehr soll an der EU-Mission "EUMPM Niger" zur Ausbildung der Streitkräfte teilnehmen. Verteidigungsminister Pistorius spricht von "Hilfe zur Selbsthilfe".

24.04.2023
2024-01-24T10:55:18.3600Z
3 Min

Während bei den beiden Mali-Missionen für die Bundeswehr die Zeichen auf Abzug stehen, plant die Bundesregierung im Nachbarland Niger einen neuen Einsatz. Dort soll sich die Truppe an der EU-geführten "militärischen Partnerschaftsmission zur Unterstützung des Kapazitätsaufbaus der nigrischen Streitkräfte in Niger (EUMPM Niger)" beteiligen. In ihrem Antrag, der vergangene Woche erstmals im Bundestag beraten wurde, betont die Bundesregierung, dass es um einen Beitrag zur Verbesserung der Fähigkeiten und Kapazitäten der Streitkräfte Nigers geht, unter anderem bei der Einrichtung eines Zentrums zur Ausbildung von Technikern und bei der Fachausbildung durch mobile Teams. "Eine Beteiligung an Kampfeinsätzen durch EUMPM Niger ist ausdrücklich ausgeschlossen." Es sollen insgesamt bis zu 60 Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten eingesetzt werden.

Baerbock: Mission ist Baustein zur Stabilisierung der Region

Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) nannte die Mission einen wichtigen Baustein zur Stabilisierung der Region: Es gehe darum, die nigrischen Streitkräfte auszubilden und auszurüsten, "damit sie ein Minimum an Sicherheit für die Frauen und Männer und vor allem für die Kinder und Jugendlichen in diesem Land gewährleisten können" und "dem Terrorismus zumindest ein Stück weit den Nährboden" zu entziehen.


„Wir wollen die Gewalt eindämmen, und zwar mit den Partnern, und nicht als diejenigen, die alles besser wissen.“
Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)

Johann David Wadephul (CDU) bemängelte das Fehlen konkreter Ziele: "Wollen wir langfristig dort bleiben, oder es ist Ihr Plan, nur übergangsweise dort zu bleiben, um den Abzug aus Mali zu überspielen?" Das Ziel eines friedvollen Landes, dass die Außenministerin "romantisch" beschreibe, lasse sich nicht ernsthaft mit 60 Soldaten der Bundeswehr erreichen. Gegen die Terrorgruppen müsse "robust" vorgegangen werden, hier müsse man sich "ehrlich machen".

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hielt dem Vorredner entgegen, dass die nigrische Regierung Terrorismus und Organisierte Kriminalität ausdrücklich aus eigener Kraft bekämpfen und deshalb die eigenen Streitkräfte bis 2025 verdoppeln wolle. Es gehe hier um Hilfe zur Selbsthilfe: "Wir wollen die Gewalt eindämmen, und zwar mit den Partnern, und nicht als diejenigen, die alles besser wissen."

FDP: Niger ist "letzter Stabilitätsanker in der Region"

Markus Frohnmaier (AfD) warf der Bundesregierung vor, nach gescheiterten Missionen in Mali, Burkina Faso und Niger seit 2012 mit der EU nun "ein neues Abenteuer in der Sahelzone" zu beginnen. Während mit der Mission "französische Wirtschaftsinteressen mit deutschen Soldaten flankiert" würden, und während "China Niger wirtschaftlich immer mehr erschließt", wolle Deutschland das Land bei Migration, Energiewende und Gendersensibilität unterstützen. "Das beeindruckt Boko Haram."

Niger als Stabilitätshoffnung

Ziele der Regierung: Präsident Mohamed Bazoum, 2021 demokratisch gewählt, hat den Ausbau der Schul- und Mädchenbildung, Sicherheit, eine Verwaltungsreform und die Korruptionsbekämpfung zu Schwerpunkten seiner Regierung erklärt.

Verdopplung bei den Streitkräften geplant: Zur Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität sollen zudem bis 2025 die Streitkräfte verdoppelt werden - auf insgesamt 50.000 Soldaten.

Instabile Region: 6,6 Millionen Menschen sind in der Sahelregion auf der Flucht, 2022 waren knapp 32 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen.



Ulrich Lechte (FDP) begründete die Verlagerung des deutschen Engagements von Mali nach Niger mit einer Serie von Putschen in Mali, Burkina Faso und im Tschad sowie einer damit verschlechterten Sicherheitslage. In Niger, dem "letzten Stabilitätsanker in der Region", gehe es um die Stärkung des staatlichen Gewaltmonopols und der Sicherheit der Bevölkerung - und zwar im Einklang mit Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit.

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Andrej Hunko (Linke) erinnerte daran, dass der Einsatz in Mali 2013 mit den "gleichen Formulierungen" begründet worden sei wie jetzt der Einsatz in Niger. "Afrika braucht bestimmt keine deutschen Soldaten, schon gar nicht im Verbund mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich."