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Europa : Streit um Kurs in der Schuldenpolitik

Der Bundestag hat einen Unionsantrag zu Fiskalregeln abgelehnt. EU-Kommission will Vorschläge für eine Reform vorlegen.

04.10.2022
2024-04-17T10:45:56.7200Z
2 Min

Die Unionsfraktion ist vergangenen Freitag mit einem Antrag zur Einhaltung der Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts (SWP) sowie des Fiskalvertrags gescheitert. Ihre Forderung, die in den Europäischen Verträgen festgelegte Schuldenstandsquote von 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und das öffentliche Defizit von drei Prozent des BIP wieder verbindlich einzuhalten, nachdem die Regeln wegen der Corona-Pandemie gelockert worden seien, lehnten in namentlicher Abstimmung 378 Abgeordnete ab. Für die Vorlage stimmten 169 Abgeordnete, es gab 66 Enthaltungen.

Die EU-Kommission will diese Woche nach dreijährigen Beratungen Vorschläge für eine Reform der Haushalts- und Schuldenregeln vorlegen.

Union will coronabedingte Ausnahme beenden 

"Alle Schulden engen den Gestaltungsspielraum künftiger Generationen ein", warnte Patricia Lips (CDU) in der rund 70-minütigen, von vielen Zwischenrufen begleiteten Debatte. Die im Zuge der Corona-Pandemie vollzogene Aktivierung der Ausweichklausel sei einmalig richtig gewesen. Aber es könne nicht sein, "dass die Ausnahme dauerhaft die Regel bestimmt. Erst Stabilität schaffe Vertrauen.


„Es kann nicht sein, dass die Ausnahme dauerhaft die Regel bestimmt.“
Patricia Lips (CDU)

Albrecht Glaser (AfD) bezeichnete die Zielsetzung des Antrags als richtig, aber in der EU nicht durchsetzbar. "Und wenn, dann würde sich die Mehrheit der Mitgliedstaaten nicht daran halten." Der Widerspruch von Vertragsverpflichtungen einerseits und dem Handeln von Regierungen und Staaten andererseits sei "der rote Faden der Schuldenpolitik".

Eine Reform der EU-Haushalts- und Schuldenregeln sei notwendig, befand Thorsten Lieb (FDP) im Einklang mit der Union. Ihr warf er jedoch vor, kaum konkrete Reformvorschläge zu machen und in den aktuell laufenden Haushaltsberatungen selbst immer höhere Mehrausgaben zu fordern.

Linke wirbt für Konjunkturprogramm

Die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke warfen der Union unisono vor, mit ihrem Antrag aus der Zeit gefallen zu sein. "Die aktuelle Krise ist bestimmt nicht kleiner als die im März 2020, als die Ausnahmeregel das erste Mal gemacht wurde", urteilte Bettina Hagedorn (SPD). Jamila Schäfer (Grüne) befand, "ein Staatshaushalt, der sich in dieser Krise selbst die Luft abschneidet, wird sich selbst ersticken." Gesine Lötzsch (Die Linke) forderte statt starrer Fiskalregeln Solidarität in Europa und ein "echtes Konjunkturprogramm".