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Gastkommentare : Macht der Bund genug für Bildung? Ein Pro und Contra

Bildung ist eigentlich Ländersache. Doch immer wieder werden Rufe laut, ob der Bund nicht mehr tun könnte. Uwe Jahn und Ursula Weidenfeld im Pro und Contra.

11.04.2024
2024-04-11T16:58:26.7200Z
3 Min

Pro

Im Rahmen seiner Zuständigkeit tut der Bund genug

Foto: Tanja Schnitzler
Uwe Jahn
arbeitet im ARD-Hauptstadtstudio.
Foto: Tanja Schnitzler

Der Bund tut genug für Bildung - jedenfalls im Rahmen seiner Zuständigkeit. Er kommt für das BAföG auf, hat sich um den Kita-Ausbau gekümmert, den Digitalpakt mit Milliardenbeträgen angeschoben, legt Schulbauprogramme auf. Jetzt initiiert er das Startchancenprogramm, mit dem er dafür sorgt, dass benachteiligte Schulen zusätzliches Geld bekommen. Und all das, obwohl ihn vieles davon eigentlich nichts angeht. Stichwort Bildungsföderalismus - das heißt: Zuständig für Bildung in Deutschland sind die Länder.

Eifersüchtig passen sie auf, dass der Bund sich ja nicht einmischt. Alle Versuche des Bundes, die föderale Bildungspolitik besser aufeinander abzustimmen als die Kultusministerkonferenz: vergebens. Der Nationale Bildungsrat, den einst Bildungsministerin Anja Karliczek (CDU) ins Leben rufen wollte: ins Leere gelaufen. Der Bildungsgipfel, den die jetzige Bundesbildungsministerin angestrengt hat: versandet. Dabei gibt es angesichts der traurigen Ausgangslage, der Verluste bei allen Bildungsstudien, keine Ausreden mehr, warum die Länder wieder eine Initiative der Bundesregierung boykottieren. Die Klage, der Bund gebe oft nur Geld, wenn die Länder sich zur Hälfte beteiligen, wirkt dabei sehr selbstgerecht, gehen doch viele Pleiten und Pannen bei der schleppenden Umsetzung des Digitalpaktes aufs Konto der Länder.

Im internationalen Vergleich der Bildungsausgaben liegt Deutschland eher im Mittelfeld. Aber bevor man einfach mehr Geld ins System pumpt, sollte man überlegen, wer es tut. Am besten kennen die Kommunen ihre Schulen. Sie benötigen mehr Mittel. Hier müsste der Bund dafür sorgen, dass die Kommunen den Schulen geben können, was diese brauchen.

Contra

Mehr Geld heilt nicht das Ungerechte im Schulsystem

Foto: guj
Ursula Weidenfeld
ist als freie Journalistin tätig.
Foto: guj

Nein, tut er nicht. Er gibt zwar jetzt mehr Geld für Bildung in Schulen mit besonders benachteiligten Kindern - aber das heilt nicht das eklatant Ungerechte im Schulsystem. Denn Bildung ist nicht nur eine Frage von Geld. Es geht auch darum, wie das Geld eingesetzt wird. Und von wem.

Geld kauft keine Noten und keinen Bildungserfolg. Den Unterschied machen die Lehrer. Nicht die Länder mit den höchsten Pro-Kopf-Ausgaben in der Bildung schneiden bei Schulvergleichen am besten ab, sondern die Länder und Schulen mit den besten Schuldirektoren und den besten Lehrern. Die Lehrkräfte in Deutschland werden im internationalen Vergleich exzellent bezahlt, sie haben lange Zeiten zur Regeneration. Am Geld liegt es nicht, dass sie überlastet, überfordert und oft genug ratlos sind. Es wäre langfristig und nachhaltig gut investiertes Geld, die gescheitesten und sozialsten Schulabgänger für den Lehrerberuf zu werben und auszubilden. Es wäre richtig, sie für die Aufgabe zu begeistern, statt ihnen die Vorzüge von Beamtenstatus und endloser Ferien auszumalen.

Auch das neue Programm selbst hat Schwächen. Es investiert in Schulsozialarbeiter und moderne Klassenzimmer, verpflichtet Schulen und Lehrer aber nicht, mehr und bessere Deutsch- und Mathematikstunden zu geben. Es gibt den Grundschulen mit besonders benachteiligten Schüler eine bessere Ausstattung, den Kindergärten aber nicht. Verpflichtende Sprachförderung in der Kita, kostenlose Nachhilfe für gefährdete Schüler, Ganztagsbetreuung und Kurse in den Ferien haben für den Überraschungserfolg der Hamburger Schulen in den jüngsten Schulvergleichen gesorgt - klimaneutrale Klassenzimmer nicht so sehr.

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