Piwik Webtracking Image

Ablösung für das Transsexuellengesetz : Das steht im Selbstbestimmungsgesetz

Was die Bundesregierung mit dem Selbstbestimmungsgesetz plant. Ein Überblick.

17.11.2023
2024-03-15T09:07:02.3600Z
3 Min

Das Grundgesetz schützt die geschlechtliche Identität, deshalb sollen Menschen die Möglichkeit haben, ihren Geschlechtseintrag und ihren Vornamen diskriminierungsfrei zu ändern. Diesem Kerngedanken folgt der Gesetzentwurf der Bundesregierung "über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag und zur Änderung weiterer Vorschriften", kurz Selbstbestimmungsgesetz (SBGG).

Eine Erklärung beim Standesamt soll ausreichen

Volljährige Menschen sollen ihren Geschlechtseintrag (männlich, weiblich, divers oder keine Angabe) und ihre Vornamen künftig per Selbstauskunft beim Standesamt ändern können. Dies soll nun für trans- und intergeschlechtliche sowie nichtbinäre Personen einheitlich geregelt werden, also nicht mehr in zwei verschiedenen Gesetzen mit unterschiedlichen Voraussetzungen. Die Änderung des Geschlechtseintrags muss drei Monate vorher beim Standesamt angemeldet werden. Nach der Änderung soll für eine erneute Änderung eine Sperrfrist von einem Jahr gelten. Damit soll verhindert werden, dass Entscheidungen übereilt getroffen werden. Für Minderjährige bis 14 Jahre gilt: Nur die Sorgeberechtigten können die Änderungserklärung gegenüber dem Standesamt abgeben. Ab dem Alter von 14 Jahren können es die Minderjährigen selber tun, benötigen aber die Zustimmung der Sorgeberechtigten. Diese dürfen nicht über den Kopf des Minderjährigen hinweg einen Geschlechtseintrag ändern, in einem solchen Streitfall würde ein Familiengericht nach Maßgabe des Kindeswohls entscheiden.

Zwangs-Outing kann teuer werden

Auf Grundlage des Gesetzes kann ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro verhängt werden, wenn jemand die Änderung des Geschlechtseintrages einer Person gegen deren Willen offenbart und dadurch diese Person absichtlich schädigt.

Für dieses sogenannte Offenbarungsverbot soll es aber Ausnahmen geben. So soll sichergestellt werden, dass sich niemand durch Änderung des Geschlechtseintrages der Strafverfolgung entziehen kann. Auch wenn es andere besondere Gründe des öffentlichen Interesses gibt, soll es Behörden möglich sein, die Nachverfolgbarkeit einer Person zu gewährleisten.

Der Entwurf äußert sich in diesem Zusammenhang auch zu den schützenswerten Interessen von Angehörigen. Kinder, Eltern und (frühere) Ehegatten können ein legitimes Interesse daran haben, frühere Vornamen und Geschlechtseinträge von Betroffenen als Teil ihrer eigenen Lebensgeschichte zu verwenden. Deshalb soll zum Beispiel ein Kind, dessen rechtlicher Vater seinen Geschlechtseintrag ändern lässt, im privaten Bereich die früheren Vornamen des Vaters nennen dürfen. Das SBGG enthält ferner kein generelles Verbot des "Misgenderns" oder des "Deadnamings". Ein wiederholtes oder besonders intensives Verhalten ("Mobbing") könne bereits von bestehenden Strafvorschriften erfasst werden, erläutert die Regierung.

Das Abstammungsrecht wird angepasst

Im Personenstandsregister gibt es mittlerweile vier Angaben zum Geschlecht (siehe oben). Das Abstammungsrecht kennt aber nur "Mutter" und "Vater". Die Frage, wie die Elternschaft von trans- und intergeschlechtlichen und nichtbinären Personen anerkannt wird, soll mit einer Abstammungsrechtsreform noch in dieser Legislaturperiode geregelt werden. Bis dahin sieht das SBGG eine Interimslösung vor: Auf Verlangen der als "Mutter" oder "Vater" in die Geburtsurkunde eingetragenen Person kann diese Bezeichnung durch "Elternteil" ersetzt werden.

Das SBGG ändert ausdrücklich nichts an der Vertragsfreiheit, am privaten Hausrecht und am Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Was heute im Rechtsverkehr erlaubt oder verboten ist, soll es auch künftig bleiben. Danach ist eine Zurückweisung von Personen aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität unzulässig. Unterschiedliche Behandlungen wegen des Geschlechts sind aber zulässig, wenn es dafür einen sachlichen Grund gibt, das heißt, wenn sich die unterschiedliche Behandlung durch das Bedürfnis nach Schutz der Intimsphäre oder der persönlichen Sicherheit rechtfertigen lässt.

Lego-Figuren in Regenbogenfarben
Selbstbestimmungsgesetz vorgelegt: Neue Freiheiten
Mit dem neuen Selbstbestimmungsgesetz sollen transgeschlechtliche Menschen ihren Vornamen und Personenstand per Erklärung beim Standesamt ändern können.
Eine Demonstration für mehr Selbstbestimmung
Nachbesserungen am Selbstbestimmungsgesetz: Der Perspektivwechsel
Das Selbstbestimmungsgesetz soll das Transsexuellengesetz ablösen. Verbänden geht die Neuregelung nicht weit genug.

Wie bisher sollen Sportvereine selbst darüber entscheiden, welche Personen zu welchen Wettbewerben zugelassen sind. Ändert eine Person nach ihrer Berufung in ein Gremium ihren Geschlechtseintrag, so soll dies zunächst keine Folgen für die Frage haben, ob die Quotenregelung eingehalten wurde. Maßgeblich soll der Geschlechtseintrag sein, den die Person zum Zeitpunkt ihrer Berufung in das Gremium hatte. Die Änderung des Geschlechtseintrages soll erst nach der nächsten Bestellung des Gremiums berücksichtigt werden.