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Die Parteien sollen laut Grundgesetz-Artikel 21 zur politischen Willensbildung des Volkes beitragen. Um ihre Aufgaben erfüllen zu können, brauchen sie Geld. Ihre Finanzierung muss aber für die Bürger durchschaubar sein.

Parteienfinanzierung : Mehr Geld, mehr Klarsicht

Die Obergrenze der staatlichen Parteienfinanzierung soll angehoben werden. Zugleich sind die Ampel-Fraktionen und die CDU/CSU für schärfere Transparenzregeln.

15.12.2023
2024-02-05T10:33:16.3600Z
4 Min

Die große Koalition von CDU/CSU und SPD aus der vergangenen 19. Legislaturperiode war schon längst nicht mehr an der Regierung, als sie im Januar 2023 noch eine Klatsche aus Karlsruhe bekam: Die von ihr im Juni 2018 innerhalb von zehn Tagen gegen die Stimmen der Opposition durch den Bundestag gebrachte Änderung des Parteiengesetzes mit der Anhebung der absoluten Obergrenze der staatlichen Parteienfinanzierung von 165 auf 190 Millionen Euro war verfassungswidrig, urteilte das von FDP-, Linken- und Grünen-Abgeordneten gemeinsam angerufene Bundesverfassungsgericht. Zwar erkannten die Richter grundsätzlich einen Mehrbedarf der Parteien an, fanden aber die Höhe der Anhebung um rund 25 Millionen Euro vom Gesetzgeber nicht ausreichend begründet.

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Doris König ist die Vorsitzende des Zweiten Senats am Bundesverfassungsgericht.

Am Freitag stand die Anhebung der staatlichen Parteienfinanzierung erneut zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestages. Diesmal hatten die Ampel-Fraktionen von SPD, Grünen und FDP gemeinsam mit der CDU/CSU einen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt, dessen Annahme in modifizierter Fassung der Innenausschuss am Mittwoch gegen die Stimmen der AfD empfahl. Die Vier-Fraktionen-Vorlage zielt zugleich auf mehr Transparenz etwa bei Parteisponsoring und -spenden.

Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen

Mit der Neuregelung soll die absolute Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung von 141,9 Millionen Euro für das Jahr 2011 auf knapp 184,8 Millionen Euro für die für das Jahr 2018 vorzunehmende Festsetzung angehoben werden. "Zuzüglich des jährlichen Inflationsausgleiches entsprechend des vom Statistischen Bundesamt dargelegten Berichts beträgt die absolute Obergrenze für die staatliche Parteienfinanzierung für das Jahr 2023 derzeit rund 187,6 Millionen Euro", heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs weiter.

Anhebung der staatlichen Parteienfinanzierung

Erster Anlauf: Im Juni 2018 beschloss das Parlament mit den Stimmen der Großen Koalition, die absolute Obergrenze der staatlichen Teilfinanzierung der Parteien um 25 Millionen Euro auf 190 Millionen Euro zu erhöhen.

Klage vor dem Verfassungsgericht: FDP, Grüne und Linke klagten dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht. Dessen Zweiter Senat erklärte die Erhöhung im Januar 2023 für verfassungswidrig.

Vier Fraktionen: Nach dem Willen von SPD, Union, Grünen und FDP steigt die Obergrenze für das Jahr 2023 nunmehr auf knapp 188 Millionen Euro.



Damit soll die staatliche Parteienfinanzierung laut den drei Koalitionsfraktionen und der CDU/CSU "an die veränderten Rahmenbedingungen angepasst werden, unter denen Parteien heute bei der Erfüllung ihres verfassungsmäßigen Auftrags agieren". Die Anhebung sei mit Blick auf die erweiterten Anforderungen an die politische Arbeit und die gestiegenen Partizipationsansprüche innerhalb der Parteien geboten. Konkret ergebe sich ein finanzieller Mehrbedarf gegenüber der bisherigen Obergrenze "insbesondere aus den Kosten für Internetauftritte, Maßnahmen zum Datenschutz und zur IT-Sicherheit, aus Kosten für Social Media und andere neue Kommunikationskanäle sowie aus den Aufwendungen für Mitgliederbefragungen, die als Instrument innerparteilicher Willensbildung eine zunehmende Rolle spielen". In diesem Zusammenhang seien in erheblichem Umfang Investitionen nachzuholen.

Sponsoring muss in gesondertem Bericht aufgeführt werden

Zugleich sieht der Gesetzentwurf eine Verpflichtung der Parteien vor, Einnahmen aus Sponsoring künftig ab einer Bagatellgrenze in einem gesonderten Sponsoring-Bericht im Rechenschaftsbericht aufzuführen. Um mehr Transparenz bei der Parteienfinanzierung herzustellen, soll zudem der Schwellenwert von Spenden, die der Bundestagspräsidentin unverzüglich mitzuteilen und von dieser zeitnah zu veröffentlichen sind, von 50.000 Euro auf 35.000 Euro gesenkt werden.


„Die Finanzierung wird an veränderte Rahmen-bedingungen angepasst.“
Aus der Vier-Fraktionen-Vorlage

Für sogenannte "Parallelaktionen" enthält die Vorlage eine "sanktionsbewehrte Verpflichtung des eigenmächtig werbenden Dritten, der unmittelbar für eine Partei wirbt, diese Werbung der Partei anzuzeigen". Will eine Partei eine solche Werbemaßnahme nicht als Spende annehmen, habe sie grundsätzlich von dem Werbenden Unterlassung zu verlangen. "Wehrt die Partei sich nicht im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren gegen die Werbemaßnahme, ist diese als Spende angenommen und nach den Regeln des Parteiengesetzes zu behandeln", heißt es dazu in der Begründung.

Darüber hinaus sollen mit der Neuregelung nach "positiven Erfahrungen mit digitalen Beteiligungsformaten während der Covid-19-Pandemie" digitale Parteitage und Hauptversammlungen sowie die digitale Ausübung von Mitgliederrechten nun auch dauerhaft möglich werden.

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In der Debatte wertete Dietmar Nietan (SPD) die Neuregelung als "umfassende Reform des Parteiengesetzes", mit der die Parteiendemokratie gestärkt werde. Julia Klöckner (CDU) betonte, dass Parteien angesichts der rasanten Veränderungen in der Gesellschaft hinreichend ausgestattet sein müssten. Mit der Reform werde zugleich für Transparenz bei der Parteienfinanzierung gesorgt. Irene Mihalic (Grüne) sagte, mit der Gesetzesänderung werde eine neue Grundlage für die wichtige Arbeit der Parteien in der Demokratie geschaffen. Sie müssten so aufgestellt werden, dass sie ihren verfassungsgemäßen Auftrag erfüllen können. Stephan Thomae (FDP) verwies darauf, dass Parteien entscheidend zu demokratischen Willensbildung beitrügen. Fabian Jacobi (AfD) lehnte eine Ausweitung der staatlichen Parteienfinanzierung ab, begrüßte dagegen die Reform der Spendenregelungen.