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Petition gegen Tierversuche : An Affen soll nicht mehr experimentiert werden

Für die medizinische Forschung sind Tierversuche laut der Primatologin Melanie Seiler verzichtbar. Forschungs-Staatssekretär Hauer lehnt ein allgemeines Verbot ab.

04.12.2025
True 2025-12-04T15:24:18.3600Z
3 Min

Schluss mit den Tierversuchen - zuallererst mit denen an Affen. Das forderte die Primatologin Melanie Seiler am Montag vor dem Petitionsausschuss. Vor allem drei Punkte zählt ihre der Sitzung zugrunde liegende Petition auf: Zum einen wird den Affen unermessliches Leid zugefügt, zum anderen sind die erzielten Forschungsergebnisse wissenschaftlich unzuverlässig. Dazu kommt noch das Problem der Zoonosen, die man sich mit den Versuchstieren ins Land holen kann - Stichwort Pandemien.

Foto: picture alliance / dpa / Marijan Murat

Ein Rhesus-Affe in der Tierhaltung im Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen (Aufnahme von 2016): Tierversuche sind seit langem umstritten.

"Tierversuche, auch an Affen, liefern keine verlässlichen Daten für den Menschen. Humanbasierte Verfahren wie Organ-on-a-Chip, 3D-Organoide und KI-Modelle liefern hingegen präzisere Ergebnisse, die Erkrankten wirklich helfen können - schneller, kostengünstiger und ethisch korrekt", erklärte die Geschäftsführerin Öffentlichkeitsarbeit des Vereins Ärzte gegen Tierversuche vor dem Ausschuss. 

Mehr als 90 Prozent aller in Tierversuchen als sicher und wirksam eingeschätzten Medikamente scheiterten bei Menschen, "was vor allem auf die fehlende Übertragbarkeit der Daten zurückzuführen ist".

Petition fordert das Aus von Versuchen an Menschenaffen

Gleichzeitig würden die am häufigsten eingesetzten Affenarten wie der Langschwanzmakake inzwischen als stark gefährdet gelten, was ein alarmierendes Zeichen sei und politisches Handeln auch im Sinne des Artenschutzes zwingend erforderlich mache.

"Wir fordern von der Bundesregierung konkrete Schritte, um Versuche an nicht-menschlichen Primaten zu beenden", sagte Seiler. In ihrer Petition wird ein ausnahmsloses Verbot von Versuchen an Menschenaffen und eine jährliche Erhöhung der Förderung tierversuchsfreier Forschungsmethoden "um mindestens zehn Prozent" verlangt.


„Tierversuchsfreie Forschung ist die Zukunft.“
Primatologin Melanie Seiler

Die Gefahr eines ethischen Dumpings, also der Abwanderung von Spitzenforschung in andere Länder mit niedrigeren Standards, müsse diskutiert werden, räumte die die Petentin begleitende Biotechnologin Sabrina Engel von der Tierschutzorganisation PETA ein. 

Eine solche Gefahr hatte zuvor Matthias Hauer (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesforschungsministerium, skizziert. "Wir müssen aber bedenken, dass wir unsere Spitzenforschung auch verlieren können, wenn wir bei den Innovationen nicht hinterherkommen", hielt Engel dem entgegen. Im Ausland würden viele Gelder in tierversuchsfreie Forschung investiert. "Tierversuchsfreie Forschung ist die Zukunft", sagte sie. Die Frage sei, ob diese Zukunft mit oder ohne Deutschland stattfinde.

Bundesregierung unterstützt die Suche nach Alternativen zu Tierversuchen

Sowohl Hauer als auch Silvia Breher (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat, machten deutlich, dass die Bundesregierung auf verschiedenen Ebenen daran arbeite, die Anzahl der Tierversuche zu reduzieren. 

Beide Ministerien unterstützten finanziell die Strategien zu Alternativmethoden, sagte Breher. Auf die Frage, wie die Bundesregierung mit der noch innerhalb der Ampelregierung entwickelten nationalen Reduktionsstrategie umgeht, sagte Breher, diese sei "eingespielt und eingepreist in die EU-Strategie zur Reduktion, damit die Ergebnisse, die wir erarbeitet haben, eben nicht hier bleiben". Schließlich würden die Regeln auf EU-Ebene gesetzt, sagte die Staatssekretärin.

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Das deutsche Engagement auf europäischer Ebene zur Erforschung von Alternativmethoden sei erfolgreich, befand Forschungs-Staatssekretär Hauer. In den letzten Jahren seien auf europäischer Ebene 273 Millionen Euro in entsprechende Förderprogramme geflossen. Jährlich sieben Millionen Euro flössen zudem aus seinem Ministerium in die Forschung zu Alternativmethoden. "Deutschland geht bei dem Thema voran", lautete sein Befund.

Ein gesetzliches Verbot von Versuchen an Menschenaffen lehnten Breher und Hauer ab. Es habe in Deutschland seit 34 Jahren keine Versuche an Menschenaffen mehr gegeben, sagte Breher. Es brauche aber "Rückfalloptionen".

Tierversuche zur Erforschung komplexer Krankheiten “bislang unverzichtbar”

Hauer führte als Beispiel Hepatitis C an. Hier könnten, "neben den Menschen, nur Schimpansen infiziert werden". Ohne Forschungen an ihnen seien Therapien nicht entwickelbar gewesen. Eine Rückfalloption müsse daher "als letztes Mittel" erhalten bleiben, sagte Hauer.

Mit Blick auf Alternativmethoden ist der Staatssekretär nicht so optimistisch wie die Petentin. Mit Modellen könne gezeigt werden, wie ein Medikament auf einzelne Zellen wirkt, nicht aber, wie es auf andere Zelltypen reagiert und ob Abbauprodukte entstehen, die Organe schädigen. Daher blieben Tierversuche zur Erforschung komplexer lebensbedrohender Krankheiten wie Krebs, HIV, Diabetes, Malaria und Alzheimer "bislang unverzichtbar".

Petentin fordert Förderung für patientenspezifisches Arbeiten

Die Petentin hielt dem entgegen, dass unter anderem mit KI, Miniorganen und "Minibrains" bei Krankheiten wie etwa Alzheimer oder Demenz "patientenspezifisch Veränderungen dargestellt werden konnten". Seiler weiter: "Wenn wir Patienten wirklich helfen wollen, wenn wir zu einer gendergerechten Medizin kommen wollen, müssen wir patientenspezifisch arbeiten können." Das gehe aber nicht mit Tieren.

Patientenspezifisches Arbeiten sei möglich, müsse aber in die Anwendung gebracht werden, sagte sie. Das erfordere entsprechende Fördersummen.

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