
Fünf Jahre Grundrente : Rentner sollen nicht zum Sozialfall werden
Die Grundrente stockt Mini-Renten auf - wenn die Beitragsjahre stimmen. Was sich seit der Einführung bei den Renten getan hat: ein Überblick.
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Am Ende mussten CDU und CSU ihre jahrelangen Bedenken hinter sich lassen und sich, wie üblich in Koalitionen, in Kompromissfähigkeit üben. Denn es war vor allem ihr Koalitionspartner, die SPD, die auf die Einführung einer Grundrente bestanden hatte. Der Bundestag beschießt diese am 2. Juli 2020, der Bundesrat stimmt einen Tag später zu.
Nach dem Start des gesetzlichen Mindestlohns 2015 sollte nun also auch für Rentner, die trotz jahrelanger Beitragszahlungen an die Rentenkasse nur eine sehr kleine Rente bekamen, ein Mindestsicherungsniveau gelten. Die Grundrente sollte eine Antwort geben auf das größer werdende Problem der Altersarmut. Wie haben sich die Zahlen seitdem entwickelt und welche rentenpolitischen Projekte folgten?
Was sind die Voraussetzungen für den Anspruch auf Grundrente?
Von dem Rentenaufschlag profitieren Geringverdiener, die mindestens 33 Jahre Rentenbeiträge aus Beschäftigung, Kindererziehung oder Pflegetätigkeit aufweisen können. Ihnen soll der Gang zum Sozialamt erspart werden. Der Zuschlag soll zunächst gestaffelt gezahlt werden und bei 35 Beitragsjahren die volle Höhe erreichen. Die volle Grundrente wird an Rentner gezahlt, deren Einkommen unter einem bestimmten Freibetrag liegt, der regelmäßig angepasst wird und aktuell 1.317 Euro für Alleinstehende und 1.255 Euro für Paare beträgt.
Worin lagen die Knackpunkte innerhalb der Großen Koalition?
Die Union wollte eine umfassende Bedürftigkeitsprüfung durchsetzen, was aber von der SPD strikt abgelehnt wurde. Als Kompromiss gibt es jetzt eine Einkommensprüfung, die als automatischer Datenabgleich zwischen Finanzämtern und Rentenversicherung erfolgen soll. Allerdings ist das Verfahren kompliziert und führte dazu, dass die Grundrente deutlich verspätet ausgezahlt wurde als eigentlich geplant.
Wie viele Menschen beziehen einen Grundrentenzuschlag?
Angaben der Deutschen Rentenversicherung zufolge wurde Ende 2023 bundesweit zu rund 1,27 Millionen Renten ein Grundrentenzuschlag in Höhe von durchschnittlich 92 Euro gezahlt. Das entspricht einer Quote an allen Renten von rund 4,9 Prozent. Daten für 2024 liegen der Rentenversicherung noch nicht vor.
Wie haben sich die Zahlen bei der Grundsicherung im Alter entwickelt?
Ende März 2025 teilte das Statistische Bundesamt mit, dass die Zahl der Leistungsempfänger oberhalb der Renten-Regelaltersgrenze deutlich zugenommen hat: Rund 739.000 Menschen haben im Dezember 2024 Grundsicherung im Alter bezogen. Dies entspricht einem Anstieg von 7,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat (Dezember 2024: rund 689.000).
Wie hoch ist die Armutsgefährdungsquote?
Mit 19,4 Prozent lag die Armutsgefährdungsquote in Deutschland (Einkommen von weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevölkerung nach der EU-Definition EU-SILC) für Personen ab 65 Jahren über dem EU-Durchschnittswert von 15,5 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich auch für Personen ab 75 Jahren, deren Armutsgefährdungsquote bei 19,1 Prozent lag (Quelle: Statistisches Bundesamt).
Frauen sind aufgrund von durchschnittlich geringeren Verdiensten und kürzeren Arbeitszeiten deutlich stärker betroffen als Männer.
Was bedeuten die sogenannten Haltelinien für Rentenniveau und Beitragssatz?
Die Haltelinien für das Rentenniveau und den Beitragssatz wurden 2018 im Rahmen des RV-Leistungsverbesserungs- und Stabilisierungsgesetzes eingeführt, um bis 2025 eine gewisse Stabilität in der gesetzlichen Rentenversicherung zu gewährleisten.
Das Rentenniveau sollte bis 2025 nicht unter 48 Prozent fallen und der Beitragssatz nicht über 20 Prozent steigen.
Doch dann verhinderte das Ampel-Aus das Rentenpaket II
Es war das sozialpolitische Prestigeprojekt der SPD und für sie unverhandelbar: das Rentenpaket II. Nach monatelangem Streit hatte sich die Ampel-Regierung im Frühjahr 2024 darauf geeinigt.
Demnach sollte die 2018 eingeführte Haltelinie für das Rentenniveau (Verhältnis von "Standard-Rente" und aktuellem Durchschnittslohn) von 48 Prozent verlängert werden. Die Rentenbeiträge sollten dafür, nachdem sie sehr lange stabil bei 18,6 Prozent lagen und liegen, mittelfristig auf 22,3 Prozent steigen. Um den Beitragsanstieg abzumildern, war der Einstieg in eine teilweise aktienbasierte Finanzierung (Generationenkapital) geplant. Wegen des Bruchs der Ampel-Koalition wurde das Paket nicht mehr verabschiedet.
Und was plant nun die schwarz-rote Koalition bei den Renten?
Im Mai sorgte Bundesarbeits- und Sozialministerin Bärbel Bas (SPD) mit der Forderung nach einer Einbeziehung von Beamten in die gesetzliche Rente für Widerspruch beim Koalitionspartner CDU/CSU. In ihrem Koalitionsvertrag haben sich beide Parteien zwar nicht auf Eckpunkte einer Rentenreform verständigt, aber als Ziel formuliert, das Rentenniveau bis 2031 bei 48 Prozent abzusichern und die anfallenden Mehrausgaben mit Steuergeld auszugleichen.
Bas hatte dafür in der vergangenen Woche einen Gesetzentwurf vorgelegt, der sich nun in der Ressortabstimmung befindet. Vorschläge für größere Reformen soll nun eine Kommission ausarbeiten. Nach derzeitigem Stand wird an der abschlagsfreien Rente für besonders langjährig Versicherte („Rente mit 63“) nicht gerüttelt. Wer freiwillig länger arbeiten möchte, soll, so eine Idee der Union, in den Genuss einer sogenannten Aktivrente kommen. Bis zu 2.000 Euro des monatlichen Gehalts sollen demnach steuerfrei bleiben.