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Foto: picture alliance/dpa/Oliver Mehlis
Veteranen der Bundeswehr salutieren im Mai 2014 beim ersten deutschen Veteranentreffen am Ehrenmal der Bundeswehr am Bundesministerium der Verteidigung in Berlin.

Respekt und Fürsorge für Soldaten : Bundestag beschließt Veteranentag

Nach dem Willen des Bundestages sollen die Leistungen und Opfer der Soldaten der Bundeswehr mit einem jährlichen Veteranentag am 15. Juni gewürdigt werden.

26.04.2024
2024-04-26T14:35:37.7200Z
4 Min

Mit einem nationalen Veteranentag am 15. Juni sollen zukünftig alljährlich der Dienst und die Opfer der Soldaten der Bundeswehr gewürdigt werden. Der Bundestag verabschiedete am Donnerstag ohne Gegenstimmen einen entsprechenden Antrag, den die Koalitionsfraktionen gemeinsam mit der Unionsfraktion vorgelegt hatten. Lediglich die Gruppe Die Linke enthielt sich der Stimme.

Begangen werden soll der Tag "öffentlich und sichtbar" in Berlin und jeweils an einem Wochenende - vor oder nach dem 15. Juni, wenn er auf einen Werktag fällt. Zudem wird die Bundesregierung aufgefordert, die Versorgung von einsatzgeschädigten Soldaten zu verbessern.

Soldaten sind bereit, Leib und Leben einzusetzen

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) begrüßte die Einführung des Veteranentags ausdrücklich und lobte den Antrag als ein Zeichen der "Fürsorge, des Respekts und der Wertschätzung".

Es gehe um die Anerkennung derjenigen, "die in letzter Konsequenz bereit sind, das Äußerste für andere zu geben und die Leib und Leben für unser Land einsetzen", sagte Pistorius. Der Antrag spiegele "viele Wünsche aus der Veteranen-Community", die in anderen Ländern längst erfüllt seien.

Mit dem Bundestagsbeschluss endet eine jahrelange Debatte außerhalb und innerhalb des Parlaments. Immer wieder hatte es Vorstöße für einen Veteranentag gegeben. Zuletzt hatte die Unionsfraktion im September vergangenen Jahres einen entsprechenden Antrag eingebracht. Im Verlauf der parlamentarischen Beratungen einigte sich die Union mit der Koalition schließlich auf einen gemeinsamen Antrag.


„Wir haben uns im Umgang mit den Veteranen nicht immer mit Ruhm bekleckert.“
Kerstin Vieregge (CDU)

Das gemeinsame Vorgehen von Opposition und Koalition in dieser Frage zeige, wie wichtig das Thema sei, betonte denn auch die CDU-Verteidigungspolitikerin Kerstin Vieregge. Zugleich räumte die Abgeordnete ein, dass der Bundestag sich im Umgang mit den Veteranen der Bundeswehr "nicht immer mit Ruhm bekleckert" habe.

Manche Einsatzkräfte leiden an den Folgen traumatischer Erlebnisse

Wie in der Gesellschaft insgesamt, habe allzu oft ein "freundliches Desinteresse" vorgeherrscht. Trotz aller Verbesserungen bei der Versorgung höre man von den Soldaten noch immer von langen Verfahren und bürokratischen Hürden.

Es werde ein neues Kapitel in der Veteranenpolitik eingeleitet und eine "Leerstelle in der Erinnerungspolitik" geschlossen, befand Johannes Arlt (SPD). Der Parlamentarier, der selbst als Offizier in der Bundeswehr diente und an sieben Auslandseinsätzen in Mali und Afghanistan teilgenommen hat, erinnerte daran, welchen Gefahren für Leib und Seele die Soldaten neben vielen positiven Erfahrungen in ihren Einsätzen ausgesetzt seien. Manche von ihnen litten ihr gesamtes Leben an den Folgen traumatischer Erlebnisse. Immer wieder komme es in Folge von Traumatisierungen zu Suiziden unter aktiven und ehemaligen Soldaten.

116 Soldaten sind bei Auslandseinstätzen ums Leben gekommen

Nach Angaben der Bundeswehr kamen seit Beginn der bewaffneten Auslandseinsätze im Jahr 1992 116 Soldaten im Einsatz ums Leben; 37 von ihnen fielen in Gefechten oder wurden bei Anschlägen getötet.

Auch Sara Nanni (Grüne) und Christian Sauter (FDP) verwiesen auf die besondere Verantwortung, die der Bundestag für die Soldaten habe; die Bundeswehr sei schließlich eine Parlamentsarmee. Die Soldaten, die in den Einsätzen oft über ihre physischen und psychischen Grenzen hinausgingen, hätten ein Recht darauf, von der Gesellschaft gesehen zu werden, sagte Nanni.

Die AfD warnt vor einer Beteiligung der Nato am Krieg in der Ukraine

Der Veteranentag solle deshalb nicht nur zentral in Berlin, sondern im ganzen Land begangen werden, führte Sauter aus. Dies sei auch ein Beitrag zur Stärkung des bürgerschaftlichen Engagements.

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Trotz seiner Zustimmung zum Veteranentag übte der AfD-Abgeordnete Hannes Gnauck "als Abgeordneter, ehemaliger Soldat und Afghanistan-Veteran" Kritik an der Ukraine-Politik der Bundesregierung. Zwar sei der Überfall Russlands auf die Ukraine zu verurteilen, doch müsse man "in dieser Lage in Verhandlungen auf Moskau zugehen, egal wie einem das missfällt". Gnauck warnte zudem vor einer direkten Beteiligung der Nato am Krieg. Kein einziger deutscher Soldat dürfe wieder "an der Ostfront fallen".

Für seine Rede handelte sich Gnauck direkt eine Replik des CSU-Abgeordneten Florian Hahn ein. Gnauck präsentiere sich zwar gerne als Sprecher der Soldaten, aber er sei allenfalls der Sprecher jener Soldaten, die von der Bundeswehr mit einem Uniformtrageverbot belegt worden seien. Dafür solle Gnauck "sich schämen", befand Hahn.

Linke sieht eine höchstproblematische Entwicklung

Als einziger Redner zeigte sich Dietmar Bartsch für die Gruppe Die Linke ablehnend gegenüber dem Veteranentag. Es sei richtig, dass die Soldaten Respekt und Anerkennung für ihren Dienst verdienten. Deshalb sei ihre Versorgung bei einsatzbedingten Schädigungen zu verbessern.

Der Begriff Veteranentag aber stehe für eine "atmosphärische Veränderung in unserer Gesellschaft". Es sei eine "höchstproblematische Entwicklung", monierte Bartsch, wenn Verteidigungsminister Pistorius davon spreche, die Bundeswehr müsse "kriegstüchtig" werden, oder wenn die Rede davon sei, dass "Schüler für den Kriegsfall vorbereitet werden sollen".

Der Veteranenbegriff wurde in einem Tagesbefehl definiert

Lange Zeit hatte man sich in Deutschland aus den historischen Erfahrungen mit Militarismus und falschem Heldenpathos schwer getan. Unklar war lange Zeit zudem, wer überhaupt als Veteran gelten soll.

2018 hatte die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) den Veteranenbegriff schließlich in einem Tagesbefehl definiert: "Veteranin oder Veteran der Bundeswehr ist, wer als Soldatin oder Soldat der Bundeswehr im aktiven Dienst steht oder aus diesem Dienstverhältnis ehrenhaft ausgeschieden ist, also den Dienstgrad nicht verloren hat."

Dieser Definition folgt nun auch der verabschiedete Antrag. Als Veteranen gelten somit prinzipiell alle der rund zehn Millionen Deutschen, die seit Gründung der Bundeswehr 1955 einen Wehrdienst geleistet haben.