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Kurz rezensiert : Der Spion, der das Ende des Kalten Krieges beeinflusste

Der britische Journalist Ben Macintyre erzählt in seinem Spionage-Sachbuch die spannende Geschichte des KGB-Überläufers Oleg Gordiejewski.

04.12.2025
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2 Min

Im Unterschied zu zahlreichen anderen Überläufern während des Ost-West-Konflikts hat Oleg Gordijewski, KGB-Resident in der Londoner Sowjet-Botschaft, den Verlauf des Kalten Krieges entscheidend beeinflusst. Der Bau der Berliner Mauer 1961 und später die Niederschlagung des Prager Frühlings 1968 führten bei dem jungen KGB-Offizier zur Entfremdung vom kommunistischen System. Gordijewski selbst bezeichnet sich als "kulturellen Dissidenten", nicht als "Verräter".

Seine Flucht aus der Sowjetunion führte zur Ausweisung dutzender KGB-Agenten aus Großbritannien und anderen Staaten. Der Spion hatte über die Arbeit der KGB-Zentrale in Moskau und der Vertretungen im Ausland wertvolle Informationen an den britische Geheimdienst geliefert.

KGB-Überläufer informierte den Westen über die Angst des Kremls vor einem Atomschlag

Gordijewski enthüllte 1981, dass der Kreml fälschlicherweise fest davon ausgeht, dass der Westen die Sowjetunion in Kürze mit Nuklearwaffen angreifen werde. Es gelang ihm, die Regierungen in London und Washington davon zu überzeugen, die Ängste des sowjetischen Herrschers Juri Andropow ernst zu nehmen, auch wenn sie auf Unwissenheit und Paranoia beruhten. 

In der Folge änderten die westliche Führungen, allen voran US-Präsident Ronald Reagan und die britische Premierministerin Margaret Thatcher, ihre Sicherheitspolitik gegenüber dem Kreml. Es bestand die reale Gefahr, dass der paranoide Anführer der Atommacht als Erster zuschlägt. Dieser Kurswechsel führte letztlich mit zum Niedergang der Sowjetunion. Besonders wichtig waren Gordijewskis Kenntnisse auch für die Bewertung der Politik Michail Gorbatschows. Reagan und Thatcher empfingen Gordijewski persönlich, um ihm für seinen Beitrag zur Bewahrung von Frieden und Freiheit zu danken.


Ben Macintyre:
Der Spion und der Verräter.
Die spektakulärste Geheimdienstgeschichte des Kalten Krieges
Insel,
Berlin 2025;
476 S., 16,00 €


Der stellvertretende Redakteur der "Times" Ben Macintyre, konnte mit Gordijewski, der unter einem falschen Namen an einem unbekannten Ort in Großbritannien lebt, sprechen. Daraus entwickelte sich eine langjährige Vertrauensbeziehung, die in einem interessanten, informativen und unterhaltsamen Bestseller endete. Zu den vielen Quellen des Buches gehören zudem Hintergrundgespräche mit Politikern sowie britischen und amerikanischen Geheimdienstmitarbeitern .

Ben Macintyres Spionage-Sachbuch liefert eine exzellente Darstellung der Logiken und Denkweisen des Kalten Krieges. Zugleich ist es hochaktuell, denn heute herrscht erneut ein paranoider Politiker im Kreml, der auf nukleare Drohungen setzt.