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Frauen und der Ukraine-Krieg : Misogynie als Werkzeug der Macht

Die finnische Schriftstellerin Sofi Oksanen prangert in "Putins Krieg gegen die Frauen" sexuelle Gewalt als Teil des Völkermordes an den Ukrainern an.

14.03.2024
2024-03-14T11:34:43.3600Z
2 Min

Die renommierte finnische Schriftstellerin Sofi Oksanen beginnt ihr Buch mit einer Geschichte über ihre Großtante: Nach der Besetzung Estlands durch die Sowjetunion wurde sie zu Verhören abgeholt. Als die Großtante zurückkam, hatte sie aufgehört zu sprechen. Dieses Erlebnis dient der Autorin als Beispiel dafür, wie Russland bis heute "Misogynie als ein zentrales Werkzeug seiner Macht einsetzt". In ihrem informativen Essayband beschreibt Oksanen die von "Russland ausgeübte sexuelle Gewalt" als einen wesentlichen "Teilfaktor des gegen die Ukrainer gerichteten Völkermords". Klammere man die an der Front gefallenen oder verwundeten Soldaten aus, litten vor allem Frauen und Kinder unter den systematisch verübten brutalen Übergriffen der Aggressoren. Putins Kriegsmotive führt die Autorin aber nicht allein auf seine Misogynie zurück.

Oksanen kritisiert fehlendes Hinterfragen des Mythos von der reinen "russischen Seele"

Neben den imperialen Ambitionen Moskaus betont Oksanen die von Russland gepflegte Sonderrolle, die in Westeuropa und Deutschland nicht beachtet werde. Dabei beschwöre Putin die moralische Überlegenheit und Einzigartigkeit der Russen in nahezu jeder seiner Reden. Er sei stolz darauf, Anführer des vermeintlich ehrlichsten, gerechtesten, tapfersten und gutmütigsten Volkes aller Zeiten zu sein. Dass die Westeuropäer genau diesen Mythos von der reinen "russischen Seele" nicht kritisch hinterfragten, moniert die Autorin nachdrücklich.


Sofi Oksanen:
Putins Krieg gegen die Frauen.
Kiepenheuer & Witsch,
Köln 2024;
336 Seiten, 24,00 €


Putin weist den Frauen lediglich die Mutterrolle zu: Sie sollen, so wie es früher "normal war", drei Kinder bekommen und damit die "demographischen Probleme" des Vaterlandes lösen. Demgegenüber setzt Oksanen den ukrainischen Frauen ein Denkmal. Ihre Teilnahme am Maidan 2013 und 2014 habe dazu beigetragen, dass sie heute ein wichtiger Faktor in der Landesverteidigung sind. Im Frühling 2023 dienten in der ukrainischen Armee 60.500 Frauen. Dies sei ein Beweis für die gelebte Gleichberechtigung in der Ukraine.

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