Glosse : Pfandsammler, Ochs und Esel
Aus der Politik zieht sich Jürgen Trittin zurück, aber sein Erbe bleibt: Vor 20 Jahren ließ Mr. Dosenpfand ein wahres Multiversum von Pfandsystemen entstehen.
Nach 25 Jahren macht er also Schluss, wendet sich ab vom Bundestag, geht lieber auf Reisen und hört Rock von The Clash und Talking Heads. In gewissem Sinne bleibt Jürgen Trittin der Politik also doch verbunden, denn für Clash hat der 69-jährige Grüne reichlich gesorgt. In- und außerhalb des Parlaments. Und die Talking Heads sind eben nicht nur eine Rockgruppe, sondern bezeichnen in den USA eine bestimmte Form von politischen TV-Sendungen.
Zu einem wahren Clash of Civilisations führte dann auch eine seiner bekanntesten Entscheidungen als Bundesumweltminister: Die Einführung des Dosenpfands, die ein wahres Multiversum von Pfandsystemen entstehen ließ. 20 Jahre nach dem Vermächtnis von "Mister Dosenpfand" teilt sich die Hemisphäre in drei soziale Gruppen. Da sind einerseits jene braven deutschen Michels und Michaelas, die ihre Dosen und Flaschen beim Handel zurückgeben.
Weihnachten vorm Pfandautomaten
Und dann gibt es jene Öko-Ignoranten, die all das Aluminium, Glas und Plastik lieber im nächsten Mülleimer entsorgen. Das heißt, seit geraumer Zeit lässt man es lieber gut sichtbar am Straßenrand und auf Parkbänken stehen, um all den Flaschen- und Dosensammlern das Leben ein wenig einfacher zu machen. So lässt sich die eigene Bequemlichkeit ganz wunderbar als soziale Großtat für jene dritte Gruppe von Menschen verkaufen, die sich die spärliche oder nicht existente Haushaltskasse aufbessern müssen. Eine Art moderner Ablass- beziehungsweise Pfandhandel für begangene Umweltsünden.
Eine aktuelle Inszenierung der Weihnachtsgeschichte sollte nicht in einer Krippe umringt von Hirten spielen, sondern vor einem Rückgabeautomaten inmitten ärmlicher Flaschen- und Dosensammler. Nur Ochs und Esel schauen wie gehabt zu.